164 fachen Quergurten und dazwischen ausgespannten Kreuzgewol- ben; dann die Marktkirche (etwas spater, als die ebenge- nannte), an der sich bereils eine reichere Gliederung der Quergurtentrager bemerklich macht; endlich die Klosterkirche Neuwerk (1178—86) mit spilzbogigen Kreuzgurten und sehr lebendiger organischer Gliederung, sowohl der Trager, als auch der Gewélbegurten. Indem wir uns nun eine kleine Abweichung von dem Gange der uns vorliegenden Arbeit erlauben, erwahnen wir zu- nichst die Basiliken mit doppelter Séulenordnung. Unter diesen sind die bedeutendsten die beiden Kirchen Hildesheims, §. Mi- chael und S. Godehard. Wenngleich beide Kirchen weithin bekannt sind, so heben wir doch tiber die erstere einige No- tizen heraus, da gerade dieser Theil der Schrift mit besonders liebevollem, griindlichstem Eingehen behandelt ist, 5. Michael ward 1001 von dem kunstsinnigen Bischof Bernward gegriindet; 1015 war der Bau der Krypta vollendet, 1022 die Hauptkirche ; 1033 erhielt das Ganze, also hundert Jahre friher als S, б0- dehard, seine Hauptweihe. Der urspriinglichen Anlage gemiss beruhte die grossartige Bedeutsamkeit des Baues auf der An- ordnung eines dstlichen und eines westlichen Chores nebst Kreuz- schiffen. Beide Chére wurden durch die Verlingerung des Mit- telschiffes und eine Tribiine gebildet. (Hiernach ist der bei Gladbach gegebene Grundriss, der die jetzige Gestalt der Kirche nur beriicksichtigt, zu modifiziren.) In den Querfliigeln neben dem éstlichen Chore befanden sich Nebentribiinen; am westlichen Chor bildet die sehr hoch liegende Krypta cinen Umgang, so dass dort der aussere Anblick viel Verwandies mit S. Godehard hat. Ausserdem war die Kirche durch 6 Thiirme geziert. Unter den Verstiimmelungen, welche der herrliche Bau im 17. Jahr- hundert erfahren musste, war die Wegnahme der beiden Haupt- thiirme und des éstlichen Chores die eingreifendste. Auffallend ist, dass gegen das ibliche Herkommen der westliche Chor hier der Hauptchor war. Nicht minder seltsam ist die unverhaltniss— miassige Breite der Seitenschiffe, die sich eben dieses Umstandes wegen durch zwei von einer Saule getragene Arkadenbdgen gegen die Querschiffe 6ffnen. Wahrend gewohnlich das Seiten- schiff etwa die halbe Breite des Hauptschiffes hat, zeigt es hier zwei Drittel von der Breite desselben. Noch verdient hervor- gehoben zu werden, dass an den Giebelseiten jedes Kreuzfligels sich tiber einander zwei Galerieen oder Emporen befinden, die ins Innere vortreten, und zu denen in den Nebenthiirmen Auf- ginge fihren. Die kostharen Schétze, welche S. Michael an den trefflichen Sculpturen der Balustrade des Querschiffs und an den alten Malereien der Holzdecke besitzt, wiirden allein diese Kirehe zu einer der wichtigsten deutschen Basiliken machen. Den Kirchen Hildesheims schliesst sich die bisher kaum gekannte Stiftskirche des benachbarten Gandersheim an. Dies beriihmte Kloster wurde 853 gegriindet; die vorhandene Kirche ist 1172 geweiht. Hochst bemerkenswerth ist hier die Anordnung, dass die im Westen angelegte Vorhalle, die sich durch 3 Pfeilerbégen nach dem Langhause Offnet, mit ihren Ne- benraumen dusserlich als ein zweites Querschiff erscheint. Die 6 Kreuzgewolbe der Vorhalle ruhen auf Saulen und Pfeilern; iiber der Vorhalle erhebt sich die Loge, die nach dem Mitlel- raume, wie nach den Seiten durch zierliche Rundbogenfenster sich 6ffnet, und an die sich zu beiden Seiten Zitter anschliessen. In der hier befolgten Anlage einer doppelten Sdulenstellung hat man sich eine Unregelmassigkeit erlaubt, indem die dem Quer- schiff zunachstliegende Vicrung nur eine Saule zwischen den Pfeilern hat. Da das Querschiff betrachtlich schmaler ist als das Mittelschiff, so zeigt die Durchschneidungs~Vierung eine oblonge Grundform. Das Mittelschiff ist seines Gewélbes beraubt worden, wahrend Chor, Quer- und Nebenschiffe die ihrigen nes Bildchen malte, welches sich jetzt in der Sammlung des Stadelschen Kunstinstituts zu Frankfurt befindet. Dieser grosse niederlindische Kiinstler befand sich also grade in Florenz, als Maso Finiguerra mit jener Pace beschaftigt war, und einen Ab- druck auf Papier davon nahm. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, dass der Fremde, das Handwerk begriissend, den talentvollen Florentiner Goldschmied kennen lernte. Ob nun bei dieser Gelegenheit Rogier Kenntniss der besprochenen Ver- fahrungsweise des Maso Finiguerra erhielt, oder ob umgekehrt, dieser von Ersterem unterrichtet worden, bleibt dahingestellt, obgleich letzteres mehr Wahrscheinlichkeit fiir sich hat, indem der Niederlinder mit dem Verfahren beim Abdrucken von Holz- und Metallschnitten in seinem Lande bekannt sein musste, was ~ bei dem Florentiner wohl nicht der Fall sein konnte, da in je- ner Zeit in Toskana keine solche Abdriicke gefertigt wurden. Dem sei indessen wie ihm wolle, die in beiden Landern gleich- zeitig hervortretende Kenntniss, Abdriicke von Metallstichen auf Papier zu machen, scheint mir durch diese Bertihrung aufs Einfachste erklart. Noch ist darauf aufmerksam zu machen, dass in Deutsch- land, zum wenigsten so viel uns bekannt, es hauptséchlich die Goldschmiede waren, welche im 15. und auch noch im 16. Jahr- hundert die Kunst des Kupferstiches ausiibten, dieselbe aber als einen Nebenzweig ihres Berufes betrachteten, daher auch nie als Kupferstecher sich genannt oder in Documenten aufge- fihrt werden. Der Umstand, dass in Deutschland grade sie es ausschliesslich waren, welche die Kunst des Abdruckens von gestochenen Metallplatten besassen, scheint noch ein Gewicht mehr auf die Annahme zu legen, dass die Erfindung von Deutsch- land ausgegangen ist. Der altesten Meister unseres Vater- landes mége dann auch hier zuerst gedacht werden, wobei ich nur bemerke, dass die rein germanische Kunstrichtung der Kupferstichkunst in den Niederlanden, am Rhein und Ober- deutschland als cine gemeinschaftliche im 19. Jahrhundert zu betrachten ist, da seit Mitte dieses Jahrhunderts der Einfluss der Eyckischen Schule auf die zeichnenden Ktinste in Deutsch- land ein tiberwiegender wurde. (Fortsetzung folgt.) Beitrag zur Kunstgeschichte des Mittelalters in Niedersachsen. \Уоп Зе Luhbke. (Schluss. ) Unter die Zahl der Pfeilerbasiliken ist wahrscheinlich auch die zerstérte Abteikirche Richenberg, in der Nahe von Goss- lar, zu rechnen, deren Einweihung in das Jahr 1131 fallt. Die- ser Periode entsprechen auch die tbriggebliebenen Reste, nam- lich die Krypta. Sie zerfallt in 3 Schiffe mit Kreuzgewélben, die ihre Stitzpunkte in 6 freistchenden und 12 Wandsdulen haben. In den brillanten Ornamenten der Kapitéle, Gesimsé und Saulenschafte, vorwiegend Darstellungen aus der Thierwelt enthaltend, offenbart sich ein geliuterter Formensinn, lebendige naturgetreue Auffassung neben hoher technischer Vollkommen- heit. Wahrscheinlich war die Kirche, dem Beispiele der Fran- kenberger und der Marktkirche des benachbarten Gosslar ge- mass, gewdlbt. In Gosslar namlich finden wir mehrere Beispiele, an denen sich die Eniwickelung des Gewélbebaues verfolgen lisst. Aus- ser dem ehemaligen 1050 gegrimdeten Dome, der unter eine andere Klasse von Basiliken zu rechnen ist, gehért unter die Gewélbe—Anlagen zunachst die bisher gewohnlich zu den flach- gedeckten gezahlte Frankenberger Kirche (1108), mit ein-