stimmtes Heraustreten als Handlung blos in den Gesichtszugen auszudritcken, ja man verlangt dadurch eine Abstraction von ihr, dic ihrem Wesen widerspricht. Warum sehen wir so un- gern diese Art Scenen? ‘Weil man lieber eine Dichtung und Liedergesang hért, als dass man zuschen soll, wie Andere zu- héren. Es bleibt also in Bezug auf das ganze Auditorium fir den Kistler keine Aufgabe zu lésen, als zu zeigen, wie Ei- ner so oder auch so, in dieser oder jener Stellung zuhéren kann. Nun miissen wir freilich bekennen, dass Eybel diese Aufgabe sehr gut gelést hat. Nirgend erblicken wir ein lang- weiliges Gesicht; jede Figur interessirt sich lebhaft und ihrer Individualitét gemass fiir den Vortrag des Sangers, was beson- ders diejenigen finden werden, welche die Versammelten aus Walter Scott s Talisman, wonach das Bild gemalt ist, kennen. Auch treffen wir meist auf sehr gelungene, ausdrucksvolle Stei- lungen, wie z. B. die des Kinigs, die eines Kriegers (vielleicht Thomas de Vaux) hinter dem Sanger; auf schéne Gesichter, wie die Editha zur Linken Richards und andere. Aber warum kommen uns die obigen Betrachtungen vor diesem Bilde, warum nicht auch vor Menzel’s Tischgesellschaft Friedrichs If, wo es sich doch in dem dargestellten Momente nur um einen Witz Voltaire’s handelt, dem die Andern gréssten- theils ihre Aufmerksamkeit schenken,— warum? Weil Menzel durch die Idee, eine heitere Tafel im koniglichen Schlosse aus jener Zeit zu schildern, einen wichtigeren Inhalt fiir sein Bild gewann und zur Darstellung brachte; dadurch blieb jenes Zu- horen Aller, wenn Einer spricht, ein bescheidenes Motiv. Ja indem Menzel sich der héchsten historischen Treue, des ипег- miidlichsten Studiums hefleissigte, erhob er sein Bild zu noch erésserer Bedeutung, es wurde ein historisches Charakterbild. — So tritt uns aus dem Eybel’schen Bilde Talent und Kraft genug entgegen, mehr aus demselben zu machen, und es ist wohl deshalb und weil wir seiner friiheren Arbeit eingedenk sind, dass wir wiinschen, er hatte uns das glanzende, romanti- sche Kriegs- und Kreuzfahrer-Leben des Liéwenherz in vol- leren, kraftigeren und bedeutenderen Ziigen geschildert, wozu keineswegs nothwendig war, die Situation zu andern, nur musste sie durch das vollere Gewicht der Erscheinung der hi- storischen Figuren und ihrer Umgebung von selber mehr zum Motiv hinabgedriickt werden. Wir wiinschten also im Grunde die Sache umgekehrt zu sehen. Statt eines Kreises von Zu- hérern, welche gelegentlich so und so benannt werden, hatten wir gern die und die Helden gesehen, welche gelegentlich zuhoren. Diese Grundsatze diirften auch ihre Anwendung finden auf H. Miicke’s Bild, auf welchem Dante dem Herzoge Can Grande della Scala, dessen Gemahlin und dem Hofpersonale die gott- liche Comédie vorlieset. Hier liegt nun ausserdem ither der ganzen Zuhorerschaft, wie verschieden dieselbe an Alter und in ihrer 4usserlichen Placirung zu etander sei, worin sie eine gute, allerdings nach theatralischen Grundsdizen gegen das Publikum offene Gruppirung bilden, es liegt tiber ihnen allen derselbe allgemeine Ausdruck fiir zuhérende zartbesaitete Menschen. Krieger, Geistlicher, First, alles sieht gleich tribe und weh- mitthig darein und eben das Antlitz des Herzogs sieht am un- belebtesten, ja geradezu fade aus. So ein Mann kann die géitliche Komédie nicht héren, denn er kann sie nicht verste- hen, freilich kann jener Dante auch keine dichten. Das Bild ist auf Bestellung eines Grafen gemalt, der wahrscheinlich ein grosser Verehrer von Dante ist und gewiss seine subjectiven, der Kritik heiligen Griinde hatte, das Bild und sich mit darauf malen zu lassen; somit fallt die Wahl des Stoffes dem Kinstler nicht zur Last. Und wer wiisste nicht aus Miicke’s bekannten Leistungen, aus seinen Fresken in Elberfeld, seinen legenda- werden miissten: ,den Bildern muss cine Beschreibung des Gegenstandes, Name und Wohnort des Kiinstlers und der Preis auf einem besondern Zettel beigefiigt werden, und es wird vorausgesetzt, dass man zur Vermeidung der Riicksendung die dussersten Minimum-Preise in allen Fallen wird ansetzen wol- len. Um mich iibrigens vor den falschen Koster unpassender Zusendungen zu bewahren, kann ich mich lediglich zur An- nahme von Bildern derjenigen Kinstler verstehen, denen eine Aufforderung ) von mir zugeht.* — Indem die gesammte Kiinstlerschaft dem Herrn Consul Bo- ker fiir ein Unternehmen, dessen heilbringende Folgen unbe- rechenbar sind, zum héchsten Danke verpflichtet sein muss, scheint es uns von grésster Wichtigkeit, dass dasselbe nach Kraften unterstiitzt und ihm eine méglichst grosse Aus- dehnung gegeben werde. Da sich nun bis jetzt aber der An~ kauf von Werken fast ausschliesslich auf Disseldorf, den friihern Wohnort des Unternehmers, beschriinkt?), so fragt es sich, ob sich nicht jene eben angedeutete weitere Ausdehnung des Unternehmens dadurch ermdéglichen liesse, dass sich bei demselben mehrere cinflussreiche und kunstversténdige Manner betheiligten, die in grossen und kleinen Stadten lebend, auch dort den Kinstlern die Gelegenheit darbéten, ihre Werke (nach vorhergegangener Priifung) zu diesem Zwecke anzunehmen und zu beférdern; denn, da es mir fiir das Fortschreiten der Kunst besonders wichtig erscheint, dass jiingere Talente (wenngleich weniger bekannt) durch den Verkauf ihrer Werke zur ferneren Arbeit und Thitigkeit ermuthigt werden, wo hingegen die be- reits anerkannten und genannten Kinstler genugsam in ihrem Vaterlande zu thun haben — so ware ein Verband verschiedener Vereine mit dem Unternehmen des Consuls Boker von grésster Bedeutung, und es kame nur darauf an, dass sich Manner fan- den, die sowohl das Verirauen des Herrn Unternehmers wie das der Kimstler besassen, um eine derartige folgereiche Ver- bindung herzustellen. Indem wir es fiir unsere Pflicht hielten, die Kiinstlerschaft auf obiges Unternehmen aufmerksam zu machen, empfehlen wir dasselbe nochmals dringend allen Kunstfreunden und Kunstbe- férderern, um nach Méglichkeit fiir die grossartigste Ausdeh- nung dieses ,,Amerikanisch- Deutschen Kunstvereins* sich zu interessiren. ВИ. Weiss. Die diesjabrige Berliner Ausstellung. (Fortsetzung.) Eybel heferte seit seinem grossen Kurflrsten nichts, was bewiesen hatte, dass er auf der mit so vielem Gliicke betrete- ‘nen Babn fortwandle. Zur diesjahrigen Ausstellung hat er ein Bild in minder bedeutenden Dimensionen gegeben, das unsere Vermuthung von dem Kistler, er werde bei gliicklich gewahl- ten, echt historischen Stoffen, vielleicht ebenfalls aus der va- terlindischen Geschichte, stehen bleiben, nicht bestatigt. Viel- mehr nahm er ein beliebtes, oft benutztes Sujet, eine Anzahl von Leuten, welche zuhért, wie Einer vorsingt oder lieset, dies- mal: ,,Richard Lowenherz mit seinem Hofe, im Lager von As- kalon, dem Gesange Blondels zuhérend.* Es ist eine schwere Aufgabe г die Malerei, innere Empfindungen ohne ihr be- 1) Eimer solchen, an einen hiesigen (Ditsseldorfer) Kinstler ergangenen, gedruckten Aufforderung entlehnen wir obige Mittheilungen. 2) Das Bild von Th. Hildebrandt: Othello, belindet sich in Amerika und wurde dort durch Consul Boker verkauft, auch erhielt ersterer von dort schon mehrere Bestellungen. Lessing’s Huss wurde 2u obigem Zweck vom Consul Boker far 10000 Thir. erstanden, —- desgleichen cine Landschaft vom Maler Leu ftir 800 Thir. u. s. w.