: rn ALA, Aaunpibiart, Organ der deutschen Kunstvereine, 4eitang fiir bildende Kunst und Baukunst. Unter Mitwirkung von Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien Die diesjahrige Berliner Ausstellang. (Fortsetzung.) Von Ph. Veit haben wir eine Wiederholung seiner fir den Kénig gemalten ,beiden Marien am Grabe des Негги “ ег- halten, diesmal fir die Kénigin ausgefihrt. Die einfache Gruppe dieser Trauernden ist durch die Lithographie unsern Lesern gewiss bekannt. — Die ganze Passivitat, die Lethargie der Trauer ist iber diese beiden Gestalten ausgegossen. Das Bild wirkt durch den strengen Ernst seiner Conception; mehr indess — wegen seincr cinfachen Composition — in der kleineren Di- mension der Lithographie, als in der grésseren des Bildes, fir welche es fast zu wenig an korperlichem Inhalt aufzuweisen hat. A. Chauvin in Littich hat eine ,Flucht nach Aegypten* cingesandt, welches Bild eine stille Anziehungskraft ausibt. Abweichend von der gewohnlichen Darstellungsart dieser Scene, befinden sich die Flichtigen in einem Kahne, der von einem dunkelfarbigen, kriftigen Afrikaner gerudert wird, welcher yor- gebeugt mit dem Ausdruck theiinchmender Gutmithigkeit in dem Antlitz Joseph’s lesen zu wollen scheint. Dieser, mitten im Kahn slehend, blickt ernst und still auf den Knaben, den die silzende Maria im Schoosse liegen hat und auf den auch sie mit wehmithig—liebevollen Blicken herabsicht. Am fernen Ufer im Hintergrunde winken schon die Pyramiden. Es liegt iiber dem Bilde der Moment der bangen Erwartung, welcher uns still und nachdenklich zu machen pflegt, indem wir uns einem fernen Ziele nahen und aus der heimisch gewordenen Reiseumgebung scheiden. — Die Farbung ist harmonisch und von gutem Eindruck, ein Uebelstand nur ist der nicht tief gc- nug angelegte Kahn, in welchem die Gestalten neben dem [hier, © so wie sie da angebracht sind, keinen Platz haben. Unser Kolbe hat scine Cartons zu der zweiten Seite der im Marmor-Palaste bei Potsdam ausgefihrten Fresken mitge- theilt. Diese im vorigen Jahre vollendeten Fresken zieren die Riume zwischen den Thiren und Fenslern der Marmorkolonna- den an einem Fltigelgehaude des Palastes. Sie sind eine Ifu- stration des Nibelungenliedcs und zeigen auf seukrechten Streifen unter einander je einen Helden oder cine Heldin (diesmal Etzel, Chriemhilde, Blédel, Iring, Irnfried, Hawart, Riidiger, Die- trich und Hildebrand); dann eine allegorische Figur: Rache, Krieg, Klage etc., endlich am Fusse einen Moment aus der Geschichte des betreffenden Helden oder der Heldin. Diese redigirt von Dr. F.. Eggers in Berlin. Montag, den 10. Juni. Siule von Darstellungsfeldern ist jedesmal von sinnreichen Ara- besken uberwoben, welche die einzelnen Bilder mit einander verbinden. Das giebt im Ganzen eine nicht unbedeutende An~ zahl von figtrlichen Darstellungen, die mit unermitdlichem Fleisse componirt sind und mit richtiger Wahl die hervorra- genden Momente des Heldengedichts veranschaulichen. Wir reihen hier eine phantastische Darstellung an, die, von Nibelungenluft durchweht, sich dennoch dem alten, schénen Liede nicht eng anschliesst, vielmehr selber cin marchenhaftes Ge- dicht ist. Wir meinen das grosse Bild von Moritz v. Schwind: »Der Rhein, umgeben von Nixen, die den Nibelungen -Hort tragen, begleitet seinen Gesang auf der Fidel des Volker. Die Nebenfltisse, kennilich an den Gebéuden, Wappen u. dergl., die sie tragen, lauschen seinem Gesange. Am Ufer sitzen dic drei Rheinstédte: Speier, Worms und Mainz“. Schwind umhegt .sein anmuthiges Gedicht wie ein Dornréschen mit einer Dor- nenhecke. Wie oft haben wir uns dem Bilde gegentiber als seinen Vertheidiger aufwerfen miissen. Denn es fehlte schr viel daran, dass es allgemein gefiel. Und unter denen, welche von der bei uns unbeliebten Allegorie nicht zuriickgestossen wurden, war doch Dieser, welcher meinte, er méchte das Bild nur gezeichnet sehen, und Jener, der sich Bruchstiicke hatte herausschneiden mégen. Es ist wahr, der Ktinstler verzichtet einmal auf den vollen Klang der Farben, welcher vielmehr nur so von ferne daritber hintént. Dennoch wirde Mancher sich gern naher in die anmuthigen Einzelheiten dieses phantasievollen Ge- dichtes hineinlesen, wenn der alte Vater Rhein, der in der Mitte der Composition thront und den Blick zucrst auf sich zieht, ein wenig einladender erschiene. Wahrend némlich das ibrige Flussvolk sich recht woblig in den griinen Fluthen 2u fiihlen scheint, liegt er in unbequemer, ja dngstlicher Haltung so oben tber dem Wasser, ohne Stiitz- und Ruhepunkt und dazu muss er noch fideln und singen. Er hat ausserdem so elwas sehr Elegisches in scinen Gesichtszligen und sicht, wenn uns die muskelderben Glieder nicht eines andern belehrien, mit seinen blonden Locken und Bart ganz wie cin verkleidctes Madchen aus. So kommt durch den Alten in das ganze Bild eine mehr feierliche als frohliche Stimmung hinein, als eine, frohliche, wie wir sie da erwarten konnten, wo so viel Wein Weibcr und Gesang* ist, wie wir sie von dem heiteren, dem Humor nicht abgencigten Kunstler erwarten konnten, und wie sie auch hier und da aus einem Motiv in den zum grdssten Theil héchst reizenden Gruppen neckisch hervorlauscht. Den ‘ 93