Im Abendlande ist diese Lehre sett dem vierten Jahrhundert beritcksichtigt. Sie kommt deutlich zur Sprache bei Ambro- sius (+397), der sich zuweilen nicht ungiinstig tiber sie aus- lasst. In der Vorrede zur Erklarung des ersten Psalms!) (um 390) erwahnt er unter den himmlischen Vorbildern der Psalmodie, wo er den Lobgesang der Engel voranstellt, weiter die Lieb- lichkeit der ewigen Musik, welche mit dem Umschwung der Himmelsaxe erfolgen solle, so dass der Ton an den Enden der Erde gehért werde. Er selbst bemerkt, dass es dort gewisse Geheimnisse der Natur gebe und jenes nicht fern scheine von ihrer Art, da doch eine Stimme mit anmuthigerem Schall aus Hainen und von Bergen zuriickkehre und diese mit liebliche~ rem Ton zuriickgaben was sic empfangen hatten. -- Anderswo aber widerspricht er ausdriicklich der Ansicht von der Spha- renmusik, nach dem Vorgange eines gleichzeitigen griechischen Kirchenlehrers. Das ist Basilius der Grosse, Bischof von Casarea in Ca- padocien (+ 379), welcher schroffen Widerspruch erhebt in sei- nem Commentar des Sechstagewerks?). Indem er die Schépfung der Himmelsveste erldutert, gedenkt er auch der Behauptung, dass die sieben Planetensphéren, den Acther durchschneidend, einen wohllautenden und harmonischen Klang hervorbringen, der nur deshalb nicht gehért werde, weil wir von Anfang an daran gewéhnt die Empfindung dafiir verloren haben, gleich denen, deren Gehér in Schmicdewerkstatten beldéubt sei. ‘Er begniigt sich aber dies fiir augenscheinlich sophistisch und un- haltbar zu erkliren, mit dessen Widerlegung ein Mann sich nicht befassen kénne, der mit der Zeit zu sparen wisse und die Einsicht seiner Zuhérer beachte. — Bei derselben Gelegenheit, der Erklarung des Sechstagewerks, und in Abhangigkeit von Basilius, aber anstandiger bespricht Ambrosius?) jene Behaup- tung; er fihrt dabei von Seiten ihrer Vertheidiger zwei Griinde an zur Erklarung, dass der Ton nicht gehdrt werde, néamlich ausser der Ursache der Betéubung, gleichwie bei den Anwoh- nern der Katarrhakten des Nils, auch den Zweck, dass nicht die Menschen, gefesselt durch die Stssigkeit der himmlischen ‘Musik und von Verziickung hingerissen ihre eigenen Geschatte verliessen und alles hier miissig bleibe. Und entgegnet in er- sterer Beziehung: da wir den Donner hérten, so wiirde auch der Umschwung jener Himmelsspharen, die bei starkerer Be- wegung auch Jauter ténten, uns hérbar sein miissen. Bei einer andern Gelegenheit‘) nennt er den Plato als Trager dieser Lehre und wendet gegen den Origenes, der sie aufgenommen habe, ein, dass er auch sonst den Satzungen der Philosophen zu viel nachgehe. >. im Mittelalter. П. Im christlichen Zeitalter. bin Mittelglied bildet @е аехапагиизсй -а@зеве Philoso- phie durch Philo, dem die Lehre von der: platonischen Philo- sophie her iberkommen ist: mehrmals gedenkt er ihrer!), be- sonders ergreifend aber ist sie ausgesprochen im ersten Buch von den Traumen?). Zwei Wesen, sagt er, kénnen den Vater der Dinge lobpreisen und besingen, der Himmel und der mensch- liche Geist. Denn der Mensch hat zur Auszeichnung vor allen andern Geschépfen die Fahigkeit erhalten, Gott zu dienen; der Himmel aber tént stets Gesinge, durch die Bewegungen seiner leuchtenden Kérper melodische Harmonie bewirkend. Ver- modchte ein Sterblicher diese Musik zu héren, so wiirde unauf- haltsame Liebe und schwarmerische Sehnsucht ihn ergreifen: und nicht mehr von irdischer Speise wiirde er leben wollen, sondern von den géttlichen Gesangen der vollendeten Musik. Diese Téne soll Moses gehért haben, als er ausser dem Leibe wallend 40 Tage und eben so viel Nachte (2 Mos. 24, 18) weder Speise noch Trank anrtihrte. Diese Himmelslyra scheint zu keinem andern Zweck besaitet zu sein*), als dass zu Ehren des Vaters der Welt Lobgesinge erténen. 1. lm christlichen Alterthum. in der christlichen Kirche hat man einige Stellen der hei- ligen Schrift benutzt, um die Lehre von der Harmonie der Spharen wenn nicht zu begriinden, doch daran anzukniipfen. Es sind vornehmlich die Stellen Ps. 19, 1.5: die Himmel er- zahlen die Ehre Gottes . . . durch alle Lande gehet ihr Klang“ und dhnlich Hohelied 6, 10: ,iénend wie die Sonne“ (nach der falschen Ueberselazung des Aquila); ferner Ezech. 1, 24: .ich hérete die Fliigel rauschen wie grosse Wasser und wie ein Ge- tine des Allmachtigen, wenn sie gingen“; endlich (jedoch nur nach der falschen Uebersetzung der Vulg.) Hiob 38, 37: .,wer erzahlt die Salzung des Himmels und die Harmonie des Him- mels (concentum coeli) wer bringt sie zum Schweigen*. Zunachst jedoch wird jene Lehre an die Erklaérung von dem siebenarmigen Leuchter (2 Mos. 25, 31. 32. 36.) angekniipft. Schon von Philo war derselbe auf die sieben Planeten gedeu- tet‘), in deren Mitte die Sonne die jenseitigen, wie die dies~ seitigen Planeten erleuchtet, ,indem sie das musikalische und gotiliche Instrument (die Himmelslyra) harmonisch zusammen- halt“*), Diese Erklarung befolgt Clemens von Alexandrien °) (fF um 220). — Diese Ansicht hat ferner Beifall gefunden bei den alexandrinischen Kirchenlehrern des dritten Jahrhunderts, insbesondere bei dem Origenes (+ 254), der, mit Beziehung, wie es scheint, auf jene Stelle des Ezechiel, als hervorge- bracht durch die Bewegung der Planeten eine unaussprechliche Harmonie jener siissesten Himmelsténe behauptet 7). 1) Philo De mundi opif. §. 17. ed. Mang. T. J. p. 12. §. 40. p. 15. De migrat. Abrah. p. 464, 7. 2) 1d. Quod a deo mittant. somnia T.I, p. 625 sq. Vergl. Gfrérer Philo Th. 1. $. 350. 3) Wortlich heisst es hier nur: .der Himmel, das urbildliche Instrument der Musik, scheint zu keinem andern Zweck zusammengesetzt zu sein“; — aber an einer andern Stelle De mundi opif. §. 42. p. 29. setzt Philo die Har- monicen der siebensaitigen Leier mit dem Reigentanz der sieben Plancten in Analogie. 4) In diesem Sinn scheint der siebenarmige Leuchter dargestellt zu sein, umgeben von den Bildern des Thierkreises, dazu eine hebraische In- schrift, auf einer Gemme von moderner Arbeit zu Ebren Kaiser Rudolf’s II. im k. k. Antikenkab. za Wien. 5) Philo De vit. Mos Lib. Hil. T. 1. p. tot, 3. 6) Clem. Alex. Strom. Lib. V. p. 563. b. ed. Бу. 7) Dies fihrt Ambrosius an, De Abrah. Lib. I. c. 8 $. 54. ed. Be- ned. T. I. p. 336. ¢., nachdem er zuvor der Stelle Ezech. 1, 24. gedacht hat, die er selbst aber anders erklairt. Nichtsdestoweniger hat diese Lehre vom sechsten bis in s dreizehnte Jahrhundert vielfache Beistimmung gefunden, welche vornehmlich auf die spitern rémischen Schriftsteller des fiinften und sechsten Jahrhunderts sich grimdet. Diese Gewihrsminner sind namentlich Macrobius®), Mar- (ianus Capella*) und Boethius. Der letztere unterscheidet eine dreifache Musik’): die der Welt, die menschliche und die In- sirumental-Musik, von denen die erste in der Zusammensetzung der Elemente und in dem Wechsel der Jahreszeiten, zumichst 1) Ambros. Praefat. in Ps. J. enarrat. Opp. T- . p. 708. a. 2) Basil. In Hexaem. Нот. ШИ. с. 3. Орр. Т. 1. р. 24. с. 4. 3) Ambros. In Hexaem 1. И. с. 2. $. 6. 7. Орр. Т.1. р. 25. 4) Id. de Abrah. 5. И. с. 8. $. 54. е4. Вепеа. Т. Т. р. 336. с. 5) Macrob. In somn. Scip. c. 2. 6) Martian. Capell. De nupt. phil. ct Mere. Lib. 1. $. 27. 28. s. vorhin 5. 190. у 7) Boeth. De music. Lib. Tc 2. p, 1373.