terkleidung und weitem, faltenreichem Mantel, der tiber der
rechten Schulter zusammengeheftet ist; die Frau mit einer zier-
lich gestickten Schaube iiber dem langen Kleide, einem von
beiden Schultern seitwdrts niederhingenden Mantel und einer
Art. ,elegant gekrauster Haube. Der kinstlerische Styl der
ganzen Darstellung ist entschieden der germanische der ange-
deuteten Epoche und scheint, gleich dem der beiden Platten in
Stralsund und Liibeck, ein Beispiel der vollendetsten Durchbil-
dung desselben zu enthalten. Leider giebt die genannte Ab-
bildung nicht hinreichende Gelegenheit, dies bis in die feineren
Einzelheiten zu verfolgen, da der Zeichner offenbar nicht die
Fahigkeit besass, die Eigenthiimlichkeiten desselben in villig
charakteristischer Weise wiederzugeben und sich sogar, ohne
allen Zweifel in durchaus willkihrlicher Weise, veranlasst ge-
sehen hat, der im Denkmal selbst nur im Umriss gravirten Dar-
stellung eine ungecignete modellirende Schattirung beizufiigen.
Noch ist zu bemerken, dass von der erlauternden Umschrift
der Grabtafel nur die Halfte ausgefithrt ist, diejenige nemlich,
welche sich um die mannliche Gestalt herumzieht. Diese lantet:
Hic . jacet . dominus . Johannes . de . Zoest . qui. obiit . anno . dni.
M.CCCLXI. sequenti. die. post. Mauritii. anima . ejus . requi-
escat.in. pace. Der entsprechende Inschriftstreif um die weib-
liche Gestalt hat die beabsichtigt gewesene Angabe nicht er-
halten. Der Mann war also vor der Frau verstorben, und nach
ihrem Tode hatte sich Niemand gefunden, der fiir die Ehre
auch ihres Gedichtnisses das Erforderliche zufiigte.

Wie die Thorener Tafel mit denen zu Stralsund und Lii-
beck, so stimmen auch diese unter sich auffallend iberein.
Detail- Abbildungen der beiden letzteren, die mir vorliegen,
lassen unzweifelhaft dieselbe Meisterhand erkennen. Da tiber-
dies auch die drei Denkmaler der Zeit nach so nahe zusam—
mengehéren, so ist wohl mit Zuversicht anzunchmen, dass sie
aus einer und derselben Werkstalte hervorgegangen sind. Wo
aber diese zu suchen, dies wiisste ich nicht zu sagen. Milthei-
lungen, welche naher darauf hinfiihren kénnten, diirften bei der
kiinstlerischen Bedeutsamkeit dieser Arbeiten, der vaterlandi-
schen Kunstgeschichte so erwiinscht wie férderlich sein. Auch
wire es gewiss ein sehr verdienstliches Unternehmen, ет ит-
fassendes bildliches Werk tther die genannten und andere Denk-
mailer derselben Art zur Herausgabe zu bringen. Die Ausfiih-
rung eines solchen wirde wenigstens in der Beziehung keine
grossen Schwierigkeiten haben, als in rein mechanischer Weise,
mit Hilfe des Reibers und der Druckerschwarze auf weichem
Papier, vollkommen getreue Abbildungen von den Originalen
selbst zu nehmen und diese ebenso leicht mit mechanischen
Hiifsmitteln zu verkleinern sind. Hr. Milde hat sogar von Ein-
zeltheilen der Liibecker Platte Abgtisse genommen und, durch
Abdruck derselben (in seinen Litbecker Denkmilern), wirkliche
Facsimile’s einzelner Darstellungen gegeben. Mégen diese Worte
geeignet sein, ein weiteres Interesse fiir diese schdnen Denk-
miler unserer Vorzeit und eine praktische Bethatigung dessel~
ben in der angedeutelen Weise hervorzurufen! wy, Mugler.
	aeitune.
	Nur wir, weil dies hinfallge Kleid von Staub
Ihn grob umhillt, wir kénnen sie nicht héren.
Aber die Engel héren sie, wie namlich im Prolog des Faust
Goethe im Himmel den Erzengel Raphael das Lied anstimmen
lasst:
Die Sonne tént nach alter Weise
In Britdersphiéren Wettgesang.
Auf diese Dichtung aber darf auch der zeichnende Kinstler
merken, den sie beim Entwurf tiberirdischer Scenen erinnern
wird, mit welchen Bildern fir Auge und Ohr der Himmelsraum
	erfillt st.
	Zur Kunstgeschichte.
	Bronzene Grabplatien mit gravirter Darstellung.
	Ich erlaube mir, nochmals auf die fiir das spalere Mittel-

alter so eigeuthiimlich merkwirdigen bronzenen Grabplatten mit
gravirter Darstellung, tber die ich schon kiiralich (in No. 17
des Kunstblattes, S. 133) eine weitere Mittheilung gemacht hatte,
zuriickzukommen. Die gegenwartige Mittheilung gilt besonders
der in der Johanniskirche zu Thorn in Westpreussen befind-
lichen Grabtafel, die dort vor dem Hochaltar, ihrer Conserva-
tion nicht sehr zutraglich, im Fussboden liegt. Eine kurze No-
tiz iber ihr Vorhandensein und ihre kinsilerische Beschaffen-
heit, die mir von freundschaftlicher Seite zugegangen war, ver-
anlasste mich, sie in meinem Handbuch der Kunstgeschichte
(S. 622 der zweiten Auflage) unter den betreffenden Denkmi-
lern mit aufzufihren. Eine grosse, in Stein gravirte Abbildung
der auf dieser Grabplatte enthaltenen Darstellung fallt mir so
eben in der ,, Geschichte Preussens “ von J. Voigt in die Hande,
mit deren siebentem Bande (1836) sie als Nachtrag zum sechsten
ausgegeben ist. Sie ist dem Gedachtniss des im Jahre 1361
verstorbenen Thorner Birgermeisters Johannes von Soest und
seiner Gemahlin gewidmet und enthalt die grosse Darstellung
beider Personen mit reicher architektonischer nnd _figtirlicher
Umgebung , die ganze Anordnung derjenigen héchst abnlich, die
sich auf der Grabplatte der beiden Bischéfe im Dom zu Liibeck
vom Jahre 1350 (in Milde’s ,Denkmalern der bildenden Kunst
in Liitbeck* herausgegeben) vorfindet, — dieselben reich de-
korirten spitzbogigen Nischen, dieselben Pfeiler zu den Seiten
der Gestalten mit Heiligenfigiirchen in Bilderblenden, dieselben
breiten tabernakelartigen Bekrénungen, in denen ganz auf gleiche
Weise die Seelen der Verstorbenen durch Engel, einerseits zu
Christus, andrerseits zu Maria, emporgetragen werden. Aber
auch mit der schénen Grabplatte des im Jahre 1357 verstor-
benen Proconsuls Albert Hovener in der Nicolaikirche zu Stral-
sund, tiber die ich in meiner Pommerschen Kunstgeschichte,
8.179, nahere Nachricht gegeben habe, hat sie eine auffallende
Aehnlichkeit. Abgesehen von der ebenfalls entsprechenden ar-
chitektonischen Umgebung ist namentlich zu bemerken, dass die
unter den Hauptern der Verstorbenen liegenden Kopfkissen ganz
ebenso wie dort von kleinen Engelgestalten gehalten werden,
dass unter den Fiissen des Birgermeisters ahnlich wie dort die,
ohne Zweifel symbolisch zu deutenden, Gestalten von Thiercn
und wilden Mannern sichtbar werden (wahrend sich zu den
Fissen der Frau ein Hichhérnchen und ein Hiindchen befinden),
und dass der schmale Bilderstreif unter beiden Gestalten abhn-
liche phantastische Darstellungen des Lebens zu enthalten scheint,
stall deren unter den beiden Liibecker Bischéfen kleine legen-
darische Scenen vorgefiihrt sind.

Beide Hauptfiguren der Thorner Grabtafel erscheinen in
reichem, sauber durchgebildetem Kostim: der Mann, mit blossem
lockigem Haupthaar und ohne Bart, mit enganschliessender Un-
	Miuffeldorf, im Mai. Am 4. April starb hier an der Schwind~
sucht der Maler Paul Jos. Kiederich aus Kiln in einem Alter
von vierzig Jahren (er wurde am 15. Sept. 1809 geboren). In
mehreren Historienbildern und einer betrachtlichen Anzahl von
Bildnissen gab er eben so viele Beweise зешез bedeutenden
Talents und ganz besonders seines gebildeten Sinnes fiir das
Charakteristische. Von seinen historischen Gemalden, die er
alle fiir den rheinisch-westphalischen Kunstverein gemalt hat,