nur ein Nebenkomptoir in Paris gehalten und hie und da ein- mal besucht habe. Mag immerhin der Jabach’sche Familiensitz unausgesetzt in Kéin geblieben sein, der Wohnsitz unsers Ja- bach zu Paris ist damit cbenso vereinbar, wie der von Herrn Merlo selbst angefiihrte eines andern Jabach zu Livorno. Fir jenen sind aber die hier angefiihrten Griinde so tiberwiegend, dass es nur die Sache des Widersprechenden sein kann, den Gegenbeweis zu fiihren. Bei Heinrich Sunere habe ich ange- fiihrt, dass Fahne, der in ihm den ersten Dombaumeister ent- deckt haben will, von dem Verfasser widerlegt wird, auf das Sachverhiliniss dieser Widerlegung habe ich mich nicht einge- lassen, es kann daher auch von einer unrichligen Auffassung desselben nicht die Rede sein. Dass der Heinrich in der Ur- kunde von 1248 auch den Namen Sunere gefihrt habe, ist eben Fahne’s Meinung, nicht die meinige. Wenn ich endlich von den Kiinstlern verschiedener Neben- gattungen, die von Hrn. Merlo genannten Glockengiesser, Gold- schmiede, Wachsbildner, Schreibermeister und andere in mei~ ner Anzeige nicht besonders herausgehoben habe, so ist dies nur geschchen, um tiber die angemessenen Grenzen ciner sol- chen Anzeige nicht hinauszugehen, nicht aber, weil ich das Verdienst dieser Manner in ihrer Sphare dadurch hatte schma- lern wollen. Sotzmann. Munstliteratur. den ersigenannien zu suchen haben, erfaliren wir nicht; das dritte aber glauben wir in dem Bacchanal des Louvre zu ent~ decken, welches Waagen mit der Bezeichnung ,voll geistreicher Motive, aber verwachsen* charakterisirt. Aus derselben Zeit datirt eine №. Cécilia im Museum von Montpellier. Von dieser bemerkt Clément, dass sie ganz authentisch sei, im Styl aber »fast etwas Gothisches habe und mehr an Jean Cousin, als an Rafael erinnere.* Eine Notiz, die um so beachtenswerther ist, als Poussin in seinen nachmaligen Werken den entscheidenden Schritt zum unbedingten Nachahmen der Antike gethan, dadurch die letzten Anklainge miltelalterlicher Anschauung abgestreift und so eigentlich die moderne Auflassung bestimmt und [est ausgepragt hat. Beilaufig sei hier erwahnt, dass Jean Cousin librigens sowohl betreffs seines ,Weltgerichtes * im Louvre, als auch seiner Glasmalereien von Clément ctwas tberschatat wird. Ueber den Zcitpunkt der Abreise Poussin’s nach Rom er- halten wir Nachrichten, die von den bisherigen Annahmen ab- weichen. Bisher gab man an, er sei im Jahre 1623 mit dem ihm befreundeten Dichter Marino nach Rom gegangen. Nach Clément verhalt es sich damit anders. Die Bekannischaft mit Marino hat vor dem Jahre 1623 begonnen; denn 1622 reiste dieser bereits von Paris nach Rom ab. Bei dieser Gelegenheit wollte er Poussin, den er liebgewonnen hatte, mitnehmen; aber vergeblich: er musste allein reisen. Dieser, der fortwahrend mit dem driickendsten Mangel zu kiampfen hatte, versuchte dann zweimal fruchtlos, nach Rom zu gelangen: das erste Mal kam er nur bis Florenz, von wo er unbekannter Griinde halber um- kehren musste; das zweite Mal erreichte er gar nur Lyon. Erst 1624 war er so glticklich, seinen sehnlichsten Wunsch erfillt und sich in Rom zu sehen. Marino empfing ihn dort mit Freu- den und stellte ihn dem Kardinal Barberini vor. Im Anfange seines rémischen Aufenthaltes hatten auf Pous- sin den meisten Einfluss die Werke Titian’s und Domenichino’s. Das Colorit des ersteren findet man namentlich in den beiden Bacchanalen der Nationalgalerie in London, die eben dieses pastoseren Auftrages wegen sich in der Farbe vorziiglich ge- halten haben. Von diesen beiden Gemialden sagt Clément: ,Sic sind von ungleichem Werth und sehr verschiedenen Daten. Das eine ist wahrscheinlich friiher, als die Pariser Reise (1640). Trefflich schén ist nur die Gruppe der einen Bacchantin mit den beiden nach den Tauben haschenden Kindern; den tbrigen Theilen fehlt die Sicherheit des Geschmackes und dic Erhaben- heit des Styles, welche Poussin auszeichnet. Das andcre ist eins seiner vorziiglichsten Werke und dem ,Arkadischen Scha- fer“ gleichzeitig. Ein Gemalde in der Galerie Colonna, die Darstellung einer Scene aus dem Dekameron, soll noch mehr an die Venetianer erinnern und muss, nach Clément’s Meinung, bei des Kinstlers Aufenthalt in Venedig selbst gemalt sein. »Wenn man nur, heisst es von diesem Bilde, die leuchtende Transparenz der Farben, den Reichthum der Paste, die Kraft und Tichtigkeit des Helldunkels beachtet, miissle man es ftir einen Tintoretto halten.“ Aus der Zeit seines Studiums des Domenichino mag hier eine hiibsche Anekdote Platz finden. In der Kirche des h. Gre- gorius gab es zwei Gemalde, den Gang zur Richtstitle und die Geisselung des h. Andreas. Das erstcre war von Guido, das andre von Domenichino. Die Mehrzahl der jungen Maler stu- dirte oder copirte das erslere; Poussin fast allein war bei dem andern. Domenichino, der, verkannt, arm und dem Tode nah, in seiner Einsamkeit gehdért hatte, dass cin junger Maler sein Bild copire und geradezu erklare, er ziche es dem seines Ne- benbuhlers vor, liess sich in die Kirche tragen. Poussin, dem man ihn langst todt gesagt hatte, hielt den Kranken fir einen Fremden und erklarte ihm mit Feuer die Schénheiten seines Nicolas Poussin, sa vie et ses oeuvres, nouveaux docu- mens, par M. Ch. Clement. In der diesjahrigen Februar -Lieferung der , Revue des deux mondes* finden wir tiber den grossen franzésischen Mei- ster, auf den Waagen mit Recht das schéne Wort Géthe’s liber Schiller anwendet, » Und hinter ihm, in wesenlosem Scheine, Lag, was uns Alle bandigt, das Gemeine,“ — eine Arbeit, die uns das mit liebevoller Auffassung gemalte Bild desselben vor Augen ftihrt. Der Verfasser, ein begei- sterter Verehrer Poussin’s, schép{t wohl ausschliesslich aus den Arbeiten seiner Landsleute, sowohl der Zeitgenossen des Mei- sters, vor Allen Félibien’s, als auch der Spateren, unter denen von besonderer Wichtigkeit die Didol/sche Ausgabe der Cor- respondenz Poussin’s. Wir heben in Kurzem die ,neuen Do- kumente“, die er ankiindigt, hervor, wenn sie auch nur aus einigen frischen Pinselstrichen bestehen, die dem bekannten Portrait hin und wieder mehr Wahrheit und Leben verleihen. Die Raisonnements des Verfassers tiber die Gemiilde des Mei- sters scheinen unabhangig von den Beurtheilungen unsrer Kunst- kenner, eines Waagen, Kugler, Passavant. Daher ist es von doppeltem Interesse zu gewahren, dass er meistentheils, ja im Wesenilichen fast immer, mit denselben zusammentrifft. Nur je zuweilen hat die tiberwiegende Zuneigung fir seinen Lieb- ling ihn wohl zu einer Uebertreibung verleitet. Doch wer hatte Lust, einer so liebenswiirdigen Schwache zu ziirnen, zumal in unsern Tagen, da die entgegengesetzte Neigung mehr denn je mit dem Mehlthau der Verkleinerung und des Hasses die Sché- pfungen der Kunstler zu zerstéren sucht? Man weiss, dass Poussin’s Leben in Betreff seiner schépfe- rischen Thatigkeit in drei Epochen eingetheilt wird. Die erste reicht bis zur ersten Reise nach Rom; die zweite umfasst den ersten rémischen Aufenthalt und das Intermezzo seines Weilens in Paris; die dritte hebt yon der zweiten Reise nach Rom an. In die erste Periode setzt Clément zwei Bilder, die man im 17ten Jahrhundert in der Kapuzinerkirche in Blois sah, und das Bacchanal des Schlosses von Cheverni. Wo wir jetzt die hei-