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lichen Thurmschmuck und dem kupfernen St. Georg auf der
Spitze dargestellt, den es vor ein Paar Jahrzehnten durch die
prosaischen Nivellirungsgeliste der Zeit eingebiisst hat. Man
ist dem wackern Kiinstler Dank schuldig, dass er, wie das
Original des St. Georg fiir die Kunstschulsammlung, so auf
diesem Blatte von der urspriinglichen Anordnung wenigstens
ein fliichtiges Bild bewahrt hat. Die Gesammtdarstellung giebt
einen der malerischsten Prospecte aus der Umschliessung Dan-
zigs; die Behandlung des Blaties ist in schéner Fille und zu-
gleich Weichheit des Tons durchgefihrt, — Ein zweites, eben-
falls vortreffliches Blait enthalt eine Ansicht des Frauen-
thores; ein Gebaude von leider schon etwas verflachten
mittelalterlichen Formen, und daneben das etwas reichere so-
genannte Sonntag’sche Haus, etwa aus dem 17. Jahrhundert,
mit buntem Thurm und Erkergiebeln. Das Frauenthor ist ein
Wasserthor; die Ansicht ist vom Flusse aus genommen; der
_breite Vorgrund des Bildes besteht aus dem Spiegel des Was~-
sers und den Schiffen, die dasselbe bedecken und mit ihren
Masten, Raaen und Tauen die dahinter liegenden Architekturen
kreuzen. Dies Blatt besonders ist von glicklichster malerischer
Wirkung; der Kiinstler hat hier tiefe Energie des Tons und
spielende Luftwirkung in einer Weise zu verbinden gewusst,
die in der That in der Radirung nicht haufig zu finden sein
dirfte. — Gleiche Meisterschaft der Behandlung zeigt ein drit~
tes Blatt, welches einige Beischlage darstellt, d.h. jene
merkwiirdigen terrassenartigen Vorbauten der Privathduser,
die sich in Danzig und auch gelegentlich in andern preussi-
schen Stddten aus alterer Zeit erhalten haben, der modernen
Niichternheit aber mehr und mehr weichen (wie denn auch der
eine der auf diesem Blatt enthaltenen Beischlige nicht mehr
vorhanden ist). Die hier dargestelilen riihren, wie fast simmt-
liche bemerkenswerthe Privatarchilekturen Danzigs, aus dem
17. Jahrhundert her und sind mit reich dekorirten Briistungen
im Geschmacke dieser Zeit versehen. Sie gewahren den Ein-
druck eines ungemein behaglichen Comforts, der die Geschifte
des hauslichen Daseins, wozu unser Norden sonst nicht allzu-
geneigt ist, gern auf die Gasse hinaustragt und nachbarlichen
Verkehr im lebendigen Gange erhalt. Wir bedauern im An-
blick dieses schénen Blattes auch nur, dass der Kistler dies
Element nicht vollsténdig ausgenutzt und seine Darstellung
nicht durch eine entsprechende Staffage belebt hat. — Eine
Ansicht der St. Marienkirche, mit den Hausern der Gasse,
die sich vor dieselbe hinzieht, befriedigt weniger. Alles ist
hier auf malerische Haltung berechnet, aber es fehlt hier an
den vermiltelnden Luftténen; auch das gothische Giebel- und
Zinnenwerk der Kirche, das stofflich das meiste Interesse
gewahren wiirde, kommt nicht zu seiner rechten Wirkung. —
In dieser stofflichen Beziehung ist das wichtigste Blatt eine
innere Ansicht des Artushofes, eines der schénsten Sale
spaterer gothischer Zeit. Von vier machtigen schlanken Gra~
nitpfeilern wird das buntgegliederte, sternarlig sich verschlin-
gende Fachergewélbe getragen, das diesen Raum _ bedeckt.
Die reichste Pracht spaterer Zeit erfiillt die Wande; aus den
grossen mythologischen Bildern treten in den Vordergriinden
Einzeltheile, z. B. Hirschképfe mit ihren Geweihen, auch ganze
Thiere oder Menschengestalten, mit phantastischer kérperlicher
Plastik hervor. Fahnen und andrer Schmuck fehlen nicht.
Schiffsmodelle sind an Ketten aufgehaingt, die vom Gewidlbe
niederlaufen, In der Milte, auf ihrem urspringlichen Platze,
steht die kolossale Marmorstalue des Polenkénigs August III.
vom J. 1755, die man in neuerer Zeit indess in einen Winkel
zu riicken fir gut befunden hat. Alles dies ist auf dem уог-
liegenden Blatte in vortrefflicher wohlverstandener Darstellung
wieder gegeben; doch erlangt dasselbe leider auch keine volle
	zwar von der Kénigstochter weicht, den Jingling aber in eine
Hohle fiihrt, wo die Lichter des Lebens brennen, dem Hoffenden
das eigene Lebenslicht zu erneuen verheisst, es aber tiickisch
umstésst und verléschen lisst, worauf der Jiingling entseelt
hinsinkt. Dieses Marchen ist so voll tiefen deutschen Sinnes,
dass es sich gar mannigfaltig, ja selbst politisch vortrefflich
ausdeuten liesse, und die ihm hier zu Theil gewordenen Illu-
strationen athmen Geist und Leben, sie beurkunden den kiinst-
lerischen Geist dessen, der sie erfand und selbst auf Stein
zeichnete. Wiewohl wir nun am allerbesten wissen, von wem
diese Zeichnungen, und von wem die Gedichtstrophen herrihren,
so wollen wir, da Zeichner, Autor und Verleger sich in Dunkel
hiillten, auch keinen derselben offenbaren.

WH. Ferner erschien 1845: Kalender fir Zeit und
Ewigkeit. Erster Jahrgang 1843. Mixtur gegen Todten-
angst, und nebenher fir geistliche und wellliche Herrenleute.
Dritte Auflage geschlachter und mit kuriosen altfrankischen
Bildnissen (Holzschnitlen) tapezirt, Freiburg im Breisgau, Her~
dersche Verlagsbuchhandlung 1845.

Gleich der Titelholzschnitt zeigt bei einem kleinen Trink-
gelag den Knochenmann als Mundschenken, dann sehen wir
ihn als Nachtwachter, als Handler in einer Bude mit Schadeln,
Knochen und Sanduhren, als Kreuztrager vor einer Leiche, als
Spielmann auf Knochen geigend in der Schanke, als Kammer-
frau und als Kerkermeister, nachstdem wiederholen sich einige
dieser in den Text eingedruckten Holzschnilte, tiber deren kiinst-
lerischen Werth sich wenig sagen lasst. Es ist also kein
eigentlicher Reigen, in unsere Reihe gehért es aber, dieses
Bichlein. Sein Text ist frémmelnd, ein wenig im Grobsieb-
und Dreschflegelstyl geschrieben, es ist von der Hélle und vom
Teufel ziemlich viel die Rede, doch mag der Verfasser wohl
sein Publikum besser kennen als wir. Im Herzen Deutschlands
und im Thiringerwalde ware mit dergleichen Bichlein nichts
	auszurichten. . (Fortsetzung folgt.)
	Radirung.
Danzig und seine Bauwerke in matlerischen Origi-

nal- Radirungen mit geometrischen Details und Text
von Johann Carl Schults, K. Preuss. Professor u.
	/ИЖтейог der Prov.- Kunst-Schule zu Danzig. Lweite
Lieferung. Danzig, im Selbstverlage des Autors. 1848. gr. Fol.
	Der Herausgeber hat die Freunde seines schonen Unter-
nehmens geraume Zeit auf die Fortsetzung warten lassen; wir
haben uns indess tiber die lange Frist, die seit dem Erschei-
nen der ersten Lieferung verflossen ist, nicht zu beklagen:
das Werk fahrt fort, seinem Meister Ehre zu machen, mit der
zweiten Lieferung im Ganzen noch mehr als mit der ersten.
In No. 104 des Stultgarter Kunstblattes vom J. 1845 hatte ich
iiber den Plan des Unternehmens und tiber die damals erschie-
nene erste Lieferung berichtet. Ich deutete damals auf den
dreifachen Vorzug hin, den sich das Werk —- durch die Dar-
stellung bedeutsamer Gegenstinde, durch eine kimstlerisch
freie. Behandlung und durch eine von den Kunstliebhabern be-
sonders geschatze Technik (die Radirung) — zu eigen mache;
wir begegnen denselben Vorziigen auch in der vorliegenden
Fortsetzung. Besonders interessant ist unter den neuen Blat-
tern zunachst das, welches den mittelalterlichen Stockthurm
mit seinem bunten Giebel- und Spitzenwerk und die neben ihm
gelegene sogenannte Peinstube darstellt. Beide Bauwerke
sind vom Wall aus aufgenommen; man blickt auf die nachst-
gelegenen Baulichkeiten der Stadt, namentlich auf das Kunst-
schulgebaude, hinab; das letztere ist mit seinem ursprling-