wesentlich von den unzahligen spater entstandenen blossen Bilder-
Lotterie- Vereinen, oder ist doch denselben, sofern sie mehr sind als
das, als Vorbild vorangegangen.

Wenn es iiberhaupt in dem Wesen der Kunstvereine begrindet ist,
dass sie mehr oder weniger dazu beitragen, der Kunst eine einseitige
und einformige Richtung zu geben, indem die Kiinstler sowohl riick-
sichtlich der Wahl der Gegensténde, als auch der Behandlungs~ und
Auffassungsweise, ja selbst der Gréssen und der Preise sich dem im
Publikum — mithin meistens auch in den Vorstanden der Kunslver-
eine — vorwaltenden mittleren Durchschnitts-Geschmacke accommodiren,
um dadurch den Ankauf ihrer Werke zu beférdern, so findet dieses
auf den rheinisch—westphilischen Kunstverein doch unstreitig in ge-
ringerem Masse Anwendung, als auf irgend einen andern. Die Ur-
sache dayon liegt nicht sowohl in den Personen, die den Verein Iciten
— denn die jahrlichen Wahlen unterhalten einen steten Wechsel der~
selhen — als vielmehr in der trefflichen Organisation. Diese findet
zwar eine sehr wesentliche Stiitze in den Lehrern und Kiustlern der Aka-
demie, verdient aber auch an sich selbst hervorgehoben zu werden,
weil sie die Interessen der Aktionare mit denen der producirenden
Kistler inniger verknipft, als es irgend anderswo der Fall zu sein
scheint. Man vergegenwartige sich andere Kunstvereine, die auch ne-
ben Akademien bestehen, und denke sich den Fall, dass diese gleich
dem unsrigen ein Viertheil ihrer Einkinfte auf Werke von 6ffentlicher
Bestimmung verwendeten. Es dirfte dann gewiss sehr zweifelhaft sein,
ob dieselben dennoch, bei wenigen Hunderten von Mitgliedern an ih-
rem Sitze, deren viele Hunderte, die in aller Welt zerstreut sind —
ja selbst jenseits des Canals und in der andern Hemisphire — so an
sich zu fesseln verméchten, dass sie auf die Theilnahme an den mit
dem vierten Theile ihrer Beitrage gestifteten Offentlichen Kanstwerken,
die ihnen vielleicht nie zu Gesicht kommen, bereitwillig verzichteten
und durch die mit den adbrighleibenden drei Vierteln beschafften Ver-
einshlatter und Gewinne sich befriedigt erklarten.

Dass dieses wirklich der Fall ist, heweisct der Umstand, dass die
Zahl der Mitglieder, die durch andere in den letzten Jahren gegrin-
deten Lokal-Vereine und ganz besonders durch die ungiinstige Einwir-
kung der durch fast ganz Europa verbreiteten politischen Wirren dem
Diisseldorfer Kunstvereine entzogen worden sind, mehr als ausgeglichen
wurden durch die jenseits des Oceans neu hinzugetretenen Aktionare.

Zur Beurtheilung der Wirksamkeit des rheinisch - westphalischen
Kunstvereins wahrend seines 2zwanzigjahrigen Bestchens mégen folgende
Notizen dienen:

Er hat bis jetzt iberhanpt an 268,000 Thir. zu Kunstzwecken ver-
wendet. Auf seine Kosten sind namentlich 825 Oelgemiilde, von de-
nen mehrere den Preis von tausend Thalern erreichten, unter seine
Mitglieder yerloost. Er hat ferner 24 —- meist sehr werthvolle — Al-
tarbilder in kalholische und evangelische Kirchen und 11 gréssere Oel-
gemalde in Museen und andere Offentliche Gebaude gestiftet.

Zn den Stiflungen in 6ffentlichen Gebauden ist auch der 4 Fuss
hohe und 198 Fuss lange al fresco gemalte Fries in dem grossen Saale
des Rathhauses zu Elberfeld zu zihlen, zu welchem der Zuschuss des
Kunstvereins 5000 Thir. betrug. Ferner geldrt hierher der in der
Ausfahrung begriffene Fresco-Bildercyklus aus der Geschichte Karl s
des Grossen im Kaisersaale des Rathhauses zu Aachen, mit welchem
der ausgezeichnete Maler Alfr. Rethel von dem Vereins-Vorstande be-
auftragt worden und wozu dieser an 12,000 Thir. beitragt.

Sodann ist noch ein der Vollendung eutgegengehendes grosses
Allargemilde ,,die Hinmelfahrt Marid“ zu erwahnen, welches Friedr,
Qverbeck in Rom (zu dem Preise von 5300 Thir.) fir den Kunstver-
ein malt, der es zur Aufstelluag in einer Capelle des Cdlner Domes
bestimmt hat.

Unter den durch densclhen Verein geférderten Arbeiten der Stech-
kunst, welche der akademischen Kupferstecher-Schule in nicht gerin~
gem Masse zur Unterstilzung gereichten, ist vor allen der Kupferstich
hervorzuheben, welcher ‘schon seit mehreren Jahren die angestreng-
teste Thalizkeil des Professors Jos. Keller in Anspruch nimmt. Es ist
	die ,,Disputa® Raphaels in den Stanzen des Vatikans. Nur wer die
von dem Stecher selbst nach dem Originale gemachte Zeichnung ge-
sehen hat, wird sich einen richtigen Begriff bilden kénnen yon dem
ausserordentlichen Kunstwerthe des Stiches, der durch dieselben Mei-
sterhande geschaffen wird. Er dirfte sowohl ricksichtlich der Treue,
mit welcher die zalilreichen Figuren dieser reichen Composition wie~-
dergegeben sind, als auch ricksichtlich der Grésse kaum seines Glei-
chen haben; denn die eigentliche Bildflache misst 2 Fuss 5 Zoll rheinl.
in der Héhe und 3 Fuss 5 Zoll in der Breite. Hatte der Kunstverein
auch weiter kein Verdienst, als das der Herausgabe dieses einen Blat-
tes, so wirde es geniigen, ihm den Dank aller wahren Kunslfreunde
zu sichern.

Die Platte ist verhiltnissmassig schon weit vorgerickt, und die
Begeisterung des Kinstlers ist weder durch die Unbequemlichkeiten,
welche die centnerschwere Riesenplatte bei der Arbeit verursacht, noch
durch die ungehcure Arbeit selbst, deren Fortgang nach monatelangem
Fleisse kaum merkbar ist, gelahmt worden. Schon ist die ganze un-
tere Partie der Vollendung ziemlich nahe gebracht und bei der obern
mit der Ausfihrung der Anfang gemacht, Vieles ist jedoch noch zu
thun iibrig und das Ende der kolossalen Arbeit noch nicht so nahe,
als man es anfanglich wohl berechnet und gewiinscht hat. Der Zeit-
punkt der ginzlichen Vollendung lisst sich noch heute nicht mit Zu-
verlassigkeit bestimmen, eben so wenig als die Art und Weise, wie
die Aktionaire des Blattes theilhaft werden. Nur daran ist nicht zu
zweifeln, dass der Kinstler alle seine Krafte aufbietet, selbst zum
Schaden seiner Gesundheit, um die Platte zu einem Meisterwerk ersten
Ranges zu machen, und dass die Mitglieder, die dem Vereine zeitig
genug beitreten, um Gberhaupt Anspriche auf dieses werthvolle Blatt zu
haben, wegen der gerechten Bericksichtigung dieser Anspriiche voll-
kommen beruhigt sein kénnen.

Diese Uebersicht wird hoffentlich hinreichen, um darnach beur-
theilen zu kénnen, in wie weit der besprochene Kunstverein die ihm
gestellte schwierige Aufgabe zu lésen verstanden hat, namlich die: den
zahlreichen Kinstlern der Dasseldorfer Maler-Schule dberhaupt, ins-
besondere aber auch den Historienmalern von ernsterer und vom Pu-
blikam weniger beginstigter Richtung, Gelegenheit zu lohnender Tha-
tigkeit und somit zur Entwickelung ihres Talents, zu verschaffen und
mit der Erreichung dieses Zieles gleichzeitig eine nachhaltige Anregung und
Verbreilung achten Kunstsinnes in mdglichst weitem Kreise zu bewirken.

Wie das Urtheil auch ausfallen mag, das Eine wird man jeden-
falls anerkennen mitssen: dass dieser Kunstverein, in seiner engen Ver-
bindung mit der Disseldorfer Kunstakademie, nicht wenig dazu bei-
getragen hat, dass in der Rheinprovinz ein so reges Kunstleben bliht,
wie man es bei der verhdltnissmassig geringen Begiinstigung, die der
Staat in dieser Hinsicht einer von seinem Herzen weit entlegenen Pro-
vinz widerfahren liess, kaum hatte erwarten sollen. ——nh
	Beriehtigung und Nachtrag.
	In dem Aufsatze uber die nevesten Franklurter Kunstleistungen (No. 5)
ist bei den Zeichnungen Steinle’s versehentlich der Name der Ileldin der
Legende unrichtig angegeben. Es ist nicht Catharina, sondern Margarethe
von Cortona. Es sei hier noch dabei bemerkt, dass diese Zeichnung einer
englindischen ame Anlass gegeben, cin schénes beschreibendes Gedicht dar-
auf zu machen, welches mit viclem Glick von dem Besitzer der Zeichnung
ins Deutsche tiberiragen und im Druck herausgegeben worden ist. — Bei
der Zeichnung aus Shakspeares Kaufmann von Venedig befindet sich unter
den Abfahrenden links die Freunde der Porzia, sie aber nicht: und in der
	Gondel rechts des Shylock’s Tochter auf der Flucht mit ihrem Geliebten.
J.D. P.
	Lessing -Denkmal.
	Fir dasselbe ist bis jetzt ber der Redaction eingegangen:
Eine Sammlung im Sonntags- Verein zu Berlin 4 Thi. 4 Sgr. 6 Pf
Von dem Herrn И ау Зо: 15 Ser,
	Der heutigen Nummer hegt der Anzeiger No. 2. bei.
	Verlag von Rudolph und Theodor Oswald Weigel in Leipzig. — Druck von Gebr. Unger in Beshin.