deutend rundes Blattchen, aber von derselben Behandlungsweise.
Im Miinchener Cab.

4, Christus mit den Wundenmalen steht in einem Sarko-
phag und ist von den Leidensinstrumenten umgeben. Im Nim-
bus steht: Jhesus autem transiens per medium ilorum ybat in
pace. Auch in den Randern um den Stich befinden sich latei-
nische Inschriften. Fo]. Im Minchener Cab.

5. Die h. Dreieinigkeit. Gott Vater auf dem Thron halt
den Leichnam Christi; zwischen ihnen die Taube. kl. 8. Im
Miinchener Cab.

Alle diese und noch einige andere Blatter mit heiligen Ge-
genstanden sind sehr roh in der Zeichnung, haben starke Um-
risse, und sind unbehiilflich mit sehr kleinen mageren Strichen
schattirt. In letzter Beziehung scheinen sie dem Meister € 3
von 1466 zum Vorbild gedient zu haben, obgleich dieser treff-
liche Kistler weit mehr Regelmdssigkeit im Schattiren der
Fleischtheile und selbst eine schéne freie Behandlung in den
Gewiindern angewendet hat. Diese Aehnlichkeit der Schraffi-
rung kénnte die Meinung erwecken, ob nicht die Meister frag-
licher Blatter jiingere Zeitgenossen von letaterem gewesen und
nur ihrer Ungeschicklichkeit wegen so alterthiimlich in ihren
Stichen erscheinen, wie dieses allerdings zuweilen vorkommt,
und in einer etwas spiteren Zeit, z.B. bei mehreren Stichen
von Israel van Mecken wahrzunehmen ist. Allein dieser An-
sicht widerspricht die alleste Art der Schwarze und des Drucks,
da erstere sehr blass und noch nicht mit der Presse abgedruckt
ist, wie dieses nur bei den Altesten deutschen Kupferstichen
vyorkommt, indem schon der Meister von 1466 und Martin Schon-
gauer sich der tiefen Schwarze bedienten. Dennoch gehéren
beide zu den altesten oberdeutschen Kupferstechern, ja sie bil-
den selbst mit ihren Schiilern und Nachfolgern die zwei Haupt-
gruppen der Kupferstecher in jenen Gegenden, die wir jetzt
naher beleuchten wollen.
	Der Meister 4“ % von 1466.
	Von diesem ausgezeichneten Kunstler, der eine grosse An-
zahl von Kupferstichen gefertigt hat, und zwar noch weit mehr
als Bartsch gekannt, wissen wir nur, dass er seine Blatter zu-
weilen mit @ $ und den Jahreszahlen 1466 und 1467 bezeich-
net hat, und nach mehreren Inschriften zu schliessen ein Ober-
deutscher war. Strutt zwar behauptet, dass eine stehende Ma-
donna, von der er ein Facsimile giebt, die Jahreszahl 1461
trage, allein Zani und Bartsch bezweifeln es. Ich habe dieses
Blatt nie gesehen und ein Originalentwurf, von der Gegenseite
mit der Feder hinzugezeichnet, im Besitz des Staédel’schen Kunst~
instituts, hat weder Zeichen noch Jahreszahl. Dass er ein
Oberdeutscher gewesen, bezeugen mehrere Inschriften dieser
Mundart auf seinen Blattern. Allgemein durch Bartsch bekannt
sind jene auf den zwei Darstellungen des Mutter-Gottesbildes
zu Maria-Einsiedeln No. 35 u. 36. des Catalogs. Sodann ent-
halt das Spruchband iiber einem segnenden Christus, das erste
Blait zu der Folge der 12 Apostel, bei Bartsch No. 38—49 bil-
dend, nach zwei lateinischen, die deutsche Inschrift, die an-
fingt: Weret bon mir — endigend: tion Hertzen. Ferner liest
man in einem Spruchband zwischen einer Arabeske, auf wel-
cher das Christkind in einem geéffneten Herzen steht, folgende
Worte: Wer is in sinem Hertzen treet

bem ist allesit tie elnig frat Beracit.
tiber dem Herzen steht die Jahreszahl /R6A und des Meisters
Zeichen. Endlich steht bei einem, auf reichcr phantaslischer
	Blume stehenden Christkind der Gltickwunsch:
	Cin yout gelig jar.
Die zwei ersten Blatter befinden sich im Berliner, das letzte
im Pariser Cabinet, Von dicsem gicbt es auch Copien.
	digt. Huss war ja kein Mérder und Giltmischer, er hatte, wie
man behauptete, Irrthiimer gelehrt. Und hatte er diese ab-
schwéren wollen, so wiirde er mit einer milden Pénitenz da-
von gekommen sein. Er halte es verschmaht und zog es vor,
fiir seine ehrliche Ueberzeugung zu sterben. Wer — und wire
er auch sein erbittertster Feind gewesen — hitte gegen diese
unerschiitierliche Ueberzeugungstreue noch Hass und andere
gemeine Leidenschaften aussern kénnen! Das war nur bei dem
rohen Pébel denkbar, wohin es der Kinstler wohlweislich auch
verwiesen hat.

Sollen wir auch tiber das Verhialtniss unser Urtheil abge-
ben, in welchem dieses Bild zu dem ,Huss auf dem Concil “
steht, so miissen wir es unsrer Ueberzcugung nach in jeder
Hinsicht tiber dieses stellen, ganz besonders aber rticksichtlich
des richtigen Verstandnisses des malerischen Princips. Dieses
Urtheil werden Diejenigen, welche beide Werke kennen, um
so mehr theilen, als bei der reichen Gruppirung und den vielen
disparaten Einzelnheiten des neuen Bildes die Erreichung einer
klaren, ruhigen Gesammtwirkung eine beiweitem schwierigere
Aufgabe war, als sie in der Composition des Frankfurter ,,Huss“
vorlag. Und dennoch ist sie unseres Bedtinkens ungleich voll-
kommener gelds’t worden.

Mochle es uns gelungen sein, diejenigen, denen es nicht
vergénnt war, das Meisterwerk selbst zu schauen, zu einer —
wenn auch noch so mangelhaften — Vorstellung von demselben
verholfen zu haben! Wie dem aber auch sei, das werden
alle Kunstfreunde mit uns tief beklagen, dass ein
so herrliches Kunstwerk, das gelungenste der Art,
was aus der hiesigen Schule hervorgegangen, so
unmittelbar nach seiner Vollendung, und nur von ver-
haltnissmassig Wenigen gesehen, unserm Vaterlande auf
immer entzogen werden muss. In den nachsten Tagen
wird es, wie Sie bereits wissen, nach New-York abgehen.
	Zur Kunde der altesten Kupferstecher und ihrer Werke.
	Уоп «9. №. Passavant.
(Fortsetzung von No. 23.)
	Oberdeutsche Schule.
	Wenn wir erst jetzt zu den Kuplerstechern von Ober~Deutsch-
land tibergehen, so ist doch deshalb daraus nicht zu folgern,
dass sie Schtiler der Niederlander in dieser Kunst gewesen,
wemn gleich sie auch in allgemeiner Beziehung wie die deut-
schen Maler unter dem Einfluss der Eyckischen Schule gestan-
den haben. Die Anwendung des Kupferstichs, Behufs der Ver-
vielfaltigung durch Abdriicke auf Papier, kann eben so wohl
von Ober-Deutschland ausgegangen sein. Zu dieser Annahme
verechtigen besonders einige sehr alterthiimlich behandelte Blat-
ter, von denen folgende hier beispielsweise naher anzugeben sind:

1. Die Geisselung Christi. An eine Saule gebunden wird
er von zwei zu den Seiten stehenden Schergen gegeisselt. Oben
befindet sich eine lateinische Inschrift, anfangend: Jhs casti-
gatio meo etc. kl. Fol. Im Dresdener Cab.

2. Christus am Kreuz. Vier Engel fangen in Kelchen das
aus den Wunden fliessende Blut auf. Oben am Kreuz ein Pe-
lican, der drei seiner Jungen mit seinem Blute nahrt. Links
steht Maria mit kreuzweis tbereinander gelegten Handen; Jo-
hannes rechts, nach Christus aufschauend. Am Fuss des Kreu-
zes ein Schidel und ein Knochen. Die Umrisse sind sehr stark,
die Schraffirungen dagegen ungeschickt mit kleinen feinen Stri-
chen ausgefiihrt, Fol. Im Miinchener Cab.

3. Christus am Kreuz, mit Maria und Johannes zu den
Seiten und yon einem Rosenkranz umgeben. Ein weniger be~