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	Organ
der deutschen Kunstvereine.
	“Zeitung
	fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorl — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — Férster in Minchen — Ejitelberger v. Edelberg in Wien
			redigirt von Dr. F. Eggers in Berlin.
	Montag, den 22. Juli.
	stive Hindernisse, auf der einen Seite dem Hunger nahe gebracht wer-
den, wahrend auf der anderen Seite unverhiltnissmassige Anhdufungen
der Arbeit und sonstige Umstainde an die Grinzen der Verschwendung
fahren. Das ist, glaube ich, die Hauptaufgabe fir das Kunstgesetz,
welches gegeben werden muss: systematische Ausbildung nach allen
Seiten und médglichste Sicherung des Unterhalts unter Forderung gleich-
massiger Arbeit. Unter manchen in den Kunstverhaltnissen bestehenden
Uebelstanden will ich awch den noch hervorheben, dass ein Theil der
Kunst von den iibrigen fast ganz abgetrennt ist, dass es dringend
nothwendig erscheint, ihn in das allgemeine Gebiet der Kinste mit
hineinzuziehen, und ihm einen grésseren kinstlerischen, zugleich aber
politischen und sittlichen Werth zu verleihen, als er bis jetzt besitzt
und erstrebt, weil es fast ganz an der Einheit, die wohl zu erreichen
sein dirfte, und an der naheren Verbindung mit den dbrigen schénen
Kiinsten und ihren Schulen mangelt. Meine Herren, ich meine das
Theater.

Ich muss jetzt schon den Wunsch aussprechen, dass die Theater
in allen Theilen des Landes mehr und enger mit den tbrigen Kinsten
verbunden werden, dass aus ihnen in Folge entsprechender Einrich-
tungen Kunstanstalten hervorgehen, dass sie mehr und mehr aufhdren
mogen, fast ausschliesslich ein Gegenstand der Speculation und der
Benutzung verderblicher Richtungen und von Tendenzen zu sein, welche
die Kunst entwirdigen,

Ich habe, was die Kunstangelegenheiten im Allgemeinen betrifft,
nach den gegebenen Andeutungen bereits Einleitungen getroffen, so
weit es die umfassenden Geschafte des Ministeriums irgend erlauben;
ich habe die Kunstler aller Gattungen aufgefordert, ihre Meinung iber
zu treffende Einrichtungen und Verbesserungen frei zu aussern. Ich
habe schatzbare Materialien erhalten und werde, so schnell als irgend
moglich, mit der Aufgabe vorzuschreiten suchen, die Kunst zu einem
noch gedeihlicheren Ziele zu fihren, Ich rechne dabei, meine Herren,
auf Ihre Unterstitzung. Es werden mit einer solchen Organisation
Anforderungen an die Staatskasse nothwendig verbunden sein, ich
denke aber nicht, dass sie zu’ bedeutend ausfallen werden, und ich
glaube, dass die Mehrausgabe einen vielfachen Lohn gewahren werde.“
	Wie wir héren, haben seitdem mehrfache Berathungen
auch tiber diesen Gegenstand im Innern des Ministeriums statt-
gefunden und liegen gegenwartig die Entwiirfe zu den tiber die
Verwaltung der Kunstangelegenheiten zu erlassenden Bestim-
mungen vor, die aber vorerst noch einer Begutachtung durch
Sachverstandige anheimzugeben sein diirften. Dem Vernehmen
nach bildet die umfassende Neugestaliung der Akademie der
Kiinste zu Berlin, als des Central-TInstitutes fiir die kiinstleri~-
schen Angelegenheiten des preussischen Staates, einen Haupitheil
	1е5 .
stim
	Die Reformen unserer Zeit in der Kunstverwaltung.
	Die politisch-reformatorischen Ideen, welche uns das Frih-
jahr 1848 brachte, haben kein Gebiet der Staatsverwaltung un-
berihrt gelassen. Trat in dem ersten Stadium des jungen Ver-
einigungsrechts das ganze Volk fir den Lernkursus der Politik
zusammen, so gruppirten sich im zweiten die verschiedenen
Genossenschaften, Ziinfte und Sténde, um dem Verfassungsbau
ihrerseits Material zu liefern. So auch die Kiinstler und Kunst-
verwandten. Im preussischen Staate war an diese dazu eine
Aufforderung vom Kultusministerium ergangen, indem sie in
einer Verordnung vom 14. Juli 1848 aufgefordert wurden, ein
moglichst vollstindiges Material zu neuen Organisationen her-
zustellen. Zahlreiche Eingaben aller Art erfolgten und der Stoff
war binnen Jahresfrist zu einer solchen Fille angewachsen,
dass es nothwendig schien, den geordneten Inhalt desselben,
mit Hinblick auf gleichzeitig oder friiher erschienene Druck-
schriften, so wie mit Bericksichtigung miindlich iberlieferter
Winke und Andeutungen zu einer Denkschrift zusammenzufas~
sen, die seit dem Beginn dieses Jahres dem Ministerium vor-
liegt und welche, nach der fritheren Absicht desselben, auch
im Druck erscheinen sollte. Im Februar sprach sich der Herr
Kultusminister in der Landesversammlung in folgender Rede
	iiber die Angelegenheiten der Kunst aus:

»Die Kunst in dem preussischen Staate findet bekanntermassen
eine in jeder Beziehung sehr gedeihliche und erfreuliche Pflege; sie
hat Grosses geleistet in ihren verschiedenen Zweigen, wie Ihnen sol-
ches allerseits nicht fremd geblieben ist. Allein, wenn ich ein Be-
denken aussprechen soll, so ist es das, dass das System der Behand-
lung des Kunstwesens in seinem ganzen Zusammenhange und Umfange
die Kunst und die Kinstler nicht so befriedigt, wie es sie befriedigen
miisste.

Es ist die Aufgabe, in die Kunst, ihrer ganzen Ausdehnung nach,
eine Einheit zu bringen. Eine systematische Einheit wird dahin fih-
ren, dass junge Talente ermittelt und bekannt werden, dass sie, nach-
dem sie bekannf geworden, durch Unterricht und anderweit die erfor-
derliche Unterstiitzung erhalten, ihnen die Gelegenheit gegeben werde,
sich grindlich auszubilden, damit verhaltnissmassig mit wenigen Koster
dem Vaterlande Kunstler herangebildet werden, welche ihm Ehre ma-
chen. Aber auch in Bezug auf die bereits ausgebildeten Kanstler wird
so viel wie méglich durch zweckentsprechende Kinrichtungen dafir gé~
sorgt werden missen, dass sie nicht hin und wieder, wie dies leider
der Fall ist, durch zu ungleichmassige Vertheilung der Arbeit und son-