Bilde sein, wie der Titel vermuthen 1455, $0 war er nicht
sorgfaltig und schén genug durchgefiihrt. Sollte es blosse Staf-
fage sein, wie die geringe Dimension annehmen liess, so muss
man dem Kiinstler den Vorwurf machen, dass er veraltete und
auch kaum noch berechtigte Darstellungscinfalle wieder auf-
wecken will, was nicht mehr anspricht. Die Landschaft indessen
war von vortrefflicher, kraftiger Wirkung. Voll romantischer Reize
fanden wir auch eine Abendlandschaft, zu der das Motiv aus der

Provence genommen war. (Forts, folgt.)
	Zur Kunde der ltesten Kupferstecher und ihrer Werke.
Von J. №. Passavant,
	(Yortsetzung.)
	dann gewéhnt man sich erst allmahlig an das Gebotene und von
dem Verstandniss dessen aus, was unserer Kenntniss naher liegt,
von der uns entgegentretenden Gewissheit einer Beherrschung
der Technik, besonders der Licht- und Lufigeister, gelingt ein
allmahliges Hineinsehen und Goutiren der kihnen Bilder. Mehr
oder weniger wird Jeder diesen Prozess vor ihnen durchge-
macht haben. Es gehért dann aber auch ihre ganze Probehal-
tigkeit dazu, um den Uebermuth des Malers gelten zu lassen.
Nur bei der ,arktischen See,“ ein Felsengestarre mit triefendem
griinbuntem Wasser, wozwischen Gevdgel hauset und gewisser-~
maassen wie nur halb fertig im dickgelben Schein die Sonnen-
kugel hangt — da sind wir doch nicht bis zum Genuss vorge-
drungen; dies deuchte uns ein allzukthner Griff. Vor seiner
Reise nach Madeira sahen wir von Hildebrandt meist sehr ein-
fache See- und Winterlandschafts-Stiicke, welche sich durch
Naturtreue und besonders gliickliche Anwendung der Staffage
auszeichneten. Mit dem neuen Gesichtskreise, der sich vor ihm
aufthat, scheint er uns bis zu dem Gegensatze vorgedrungen zu
sein; die ungewobnlichen, seltenen Momente der Natur zur An-
schauung zu bringen. Davon ist nun die arktische See die
héchste, nach unserer Ansicht kaum noch erlaubte Spitze. Er
kommt uns vor, wie ein liebenswiirdiger Reisender, der zu-
riickgekehrt ist und es nun bei der Erzahlung seiner Abentheuer
entweder nicht allza genau nimmt oder mit einem begeisterten,
ungewohnten Auge gesehen hat. Uns scheint aber in den tibri-~
gen Leistungen des Kiinstlers die Gewihr zu liegen, dass ihn
diese Neigung zu eigenthiimlichen Motiven nicht zu weit fiih-
ren werde.

Von Bellermann sahen wir einen Urwald von Amerika,
der uns noch aus friiheren Ausstellungen in angenehmer Ег-
innerung war.

Biermann’s dekorative Weise ist bekannt. Sein grosses
Bild: ,,San Benedetto im Sabinergebirge“ gewahrte keine volle
Befriedigung. Es war in dem grossartig aufgefassten Motive
eine gewisse Mattigkeit der Darstellung, welche durch seinen
gewohnten, pastosen Vortrag nicht kraftiger wurde.

Auf wie verschiedene Art das gelobte Land der Landschafter
	angesehen werden kann, das beweisen die Bilder von Hich-—
	horn und Otto Meyer. Jener ist mitunter etwas kihl in der —
Beleuchtung, kann aber auch diese Kihle in eine klare Gluth
verwandeln, so dass man die reine Luft aus den Bildern—
trinken méchte. Dabei zeigt er einen gewissen Ernst des Vor-
trags, eine Treue in der Nachbildung des historischen Terrains
und der Architekturen. Eine ,,Campagne von Rom‘, ein ,Tem—
pel des Olympischen Zeus bei Athen*, eine Strasse in Patras “
bezeugten unsere Bemerkungen. — Anders ist es auf den
Meyer’schen Bildern. Dieser Kinstler war bis jetzt nur als
Genremaler italienischer Scenen aufgetreten. Seine Landschaf-
ten, mit denen er pldtzlich iiberrascht, haben einen gelbgrinen,
heissen Ton, der Baumschlag ist saftig und warm. Eichhorn’s
Landschaften machen den Eindruck von Schaubiihnen weltge—
schichtlicher Begebenheiten, Meyer’s sehen aus wie der Tum-
melplatz der Nymphen und Satyrn, der Hirten und Landleute.
Und beides geschieht fast ohne jede, wenigstens ohne eine
diesen verschiedenen Eindruck unterstiitzende Staffage. Ferner
gehért Max Schmidt zu den Darstellern der italienischen und
griechischen Natur. Ey hat ein helles Auge fir angenehme und
poelische Motive, welche er einfach, rein und kraftig vortragt
mit der ganzen Fiille des Reizes, welchen die Gegenden ath-
nen. Nie fehlt seinen Schilderungen der Ausdruck des heiteren
Gliickes und der Harmlosigkeit. Dies mag den Kistler auch
auf den Versuch gefiihrt haben, nach Art der Poussin’schen
Motive eine Landschaft zu komponiren, in deren Mittelgrunde
sich ein Bachuszug zeigt. Sollte dieser Hauptsache auf dem
	Wir gehen nun zu der andern zahlreichen Gruppe ober-
deutscher Kupferstecher tiber, ndmlich zu der des
	Martin Schongauer.
	 

In Folge weiterer Forschungen bin ich in meiner schon
friiher ausgesprochenen Ueberzeugung nur bestarkt worden,
dass unser-grosser Meister derjenige ist, welcher in den Ulmer
Biichern zuerst im Jahre 1441 als Maister Martin Schén und
1461 als Mart. Schongauer aufgefiihrt ist. Er scheint demnach
um 1420 geboren, war Maler und Goldschmied und hatte in
den Niederlanden unter Roger von Briigge, oder von der Wey-
den dem Aelteren aus Briissel, der 1464 gestorben ist, gear-
beitet. Um welche Zeit dieses stattgefunden, ist uns nicht be-
richtet worden, und eben so wenig, ob er damals schon Ku~
pferstiche gefertigt. Ware er, wie schon 1505 Wimpheling und
1573 Jobin aus Strassburg angegeben, der Erfinder der Kupfer-
stichkunst, so hatte er dieselbe in den Niederlanden zuerst ver-
breitet, indessen kénnte er sie auch von dort nach Oberdeutsch-
land gebracht haben. Jedenfalls bleibt diese Berthrung mit
Roger von Briigge, den wir im Jahre 1450 in Florenz bei Maso
Finiguerra angetroffen zu haben glauben, héchst beachtenswerth.
Dass er einer der frihesten und der ausgezeichnetste Meister
des Kupferstichs jener Zeit gewesen, scheint sich auch noch
daraus zu ergeben, dass ein rundes Blatt der Enthauptung der
heil. Katharina ganz in der M. Schongauer’s Weise gestochen,
aber ohne dessen Zeichen, sich in einer Handschrift der Glossa
des D. Holkos zum Librum sapientiam vom Jahre 1458 ur-
spriinglich eingeklebt befindet. Dieses interessante Manuscript
befindet sich in der Bibliothek zu Danzig. Der Kupferstich
selbst haftet an seiner gehdrigen Stelle vermittelst eines Mehl-
teiches, auf den ringsum eine Inschrift vermittelst eines Stem-

pels eingedriickt ist. Diese Jahreszahl 1458 riickt uns bedeu-
tend der von 1442 naher, in welche man die Erfindung der
Kupferstichkunst durch Martin Schongauer, ich weiss nicht aus
welchem Grunde, gesetzt hat. Um 1465 scheint er zu seinem
Bruder, dem Goldarbeiter Kaspar, nach Colmar gezogen zu
sein, der bereits 1445 Birger daselbst geworden ist. Spater
folgten ihm seine Briider, der Мег Ludwig und der Gold-
schmied Paul, wahrend der Goldschmied Georg sich in Basel
niederliess. Auf Mari Reinigung, 2. Februar, 1438 starb Mar-
tin Schongauer in Colmar. Ein Vetter desselben war Barthel
Schon d. J. in Ulm, der in den dortigen Biichern im Jahre
{471 eingeschrieben worden ist. Er sei Maler und Kupfer-
stecher gewesen. Auf ihn bezieht schon Sandrart das auf Ku-
pferstichen vorkommende Zeichen b& S; wie in neuerer Zeit
Brouillot das Zeichen L@@ wohl mit volligem Rechte auf Lud-
wig Schén. So hatten wir denn hier eine Kiinstlerfamilie,
yon denen drei Glieder auch Kupferstecher waren und die in
ihrer Bezeichnung und in der Art zu stechen diese Verwandt-
	schaft zugleich bekundeten. Martin Schongauer ist indessen bei
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