besitzen, diejenigen aber abstreifen oder doch organisch ит- gestalten, welche nur durch das bestimmte Material entstehen konnten, und daher bei einem hievon verschiedenen etwas Un- natiirliches gewesen wiren. Die aus Feldsteinen oder Ziegeln aufgefihrten Gebaude der Mark Brandenburg folgen diesem Grundgesetze mil grosser Bestimmtheit. Sie stehen in ihren Gesammtanlagen stets in enger Verbindung mit der jedesmaligen Ausbildung der Baukunst in denjenigen Nachbarlindern, von denen sie, wegen geistigen Uebergewichis, abhangig waren; auch im Detail schloss man sich soweit an, als es die Formen- bildung in dem verschiedenartigen Material irgendwie zuliess; doch gleichzeitig schloss sich hier eben so gleichmissig eine Modification und selbst vollige Neugestaltung an, welche sich in sich selbst ausbildete, in ahnlicher Weise wie die verschiedenen Dialekte einer und derselben Sprache zwar von einander ab- hingig sind und im Verlaufe der Zeiten ecinander ahnliche Ab- anderungen erleiden, dennoch aber dieses in sich organisch thun und nicht etwa durch eine blosse aéussere Uebertragung von einem Dialekt zum andern. Unter allem Steinmateriale, das in der Baukunst zur An- wendung kommt, diirften nicht leicht zwei andere so heterogen von einander sein, wie eben die beiden in der Mark Branden- burg allein herrschenden. Das eine, ein tiberaus hartes, von der Natur gebildetes Gestein, das nur sehr schwer zu behauen ist und deshalb nur mit grosser Mihe fir eine nur irgendwie formirte Architektur bearbeitet werden kann; das andere aus weichem Thon geformt, der jedes Eindruckes, jeder Formbil- dung fahig ist und daher fast von selbst zu einer reich deco- rirten Baukunst auffordert. Der Feldsteinbau zeigt eine ernste dunkle Farbung der Mauern; der Ziegelbau dagegen eine leb- hafte rothe, oft zu glinzende Farbe, Nur in einem stivimen sie zusammen: Feldsteine und Ziegel eignen sich vorzugsweise fiir Herstellung platter Mauern und sind nicht fiir solche Architek- turen gecignet, welche vielfach frei vortretende Vorspriinge, oder reich ausgebildete freistehende Formen besitzen. Sie eignen sich daher nicht fiir solche Art von Gebéuden oder Gebaude- theilen, denen, wie der vollendet gothischen, ein nach jeder Richtung hin ausschliessender, krystallinischer Charakter eigen ist. Wir kénnen daher die alteren Bauwerke der Mark Bran- denburg sehr wohl, je nach dem Material, in zwei Hauptgruppen vertheilen, deren jede fir sich einer Betrachtung werth ist, da eben die Verschiedenheit des Materials ein Uebergreifen einer dieser beiden Formenbildungen in das Gebiet der andern nur selten vorkommen ldsst; auch dann stehen sie noch isolirt neben einander, indem dann die eine Formenbildung nur fiir den einen bestimmlen, die andere fiir den andern Bautheil Geltung hat. Es sei erlaubt, die Gruppe des Feldsteinbaues, welche tibrigens in den Nachbarlandern, mit Ausnahme etwa des Fla- mings, weniger zur Anwendung kam als wie in den urspriing- lichen Grenzen der Mark Brandenburg, hier fiir jetat ausser Betracht zu lassen und dagegen die Ausbildung des Ziegelbaues daselbst in der alteren Zeit naher zu betrachten. Das Gebiet des Ziegelbaues ist keinesweges so beschrankt, wie das des Feldsteinbaues. In partieller Anwendung bei ein- zelnen Gebauden oder auch mit anderem Material gemischt, fin- den wir ihn seit den Zeiten der Rémer her, welche denselben bekanntlich vorzugsweise gern anwendeten, in allen jenen Lan- dergebieten, iiber welche sich einst die Herrschaft der Romer erstreckte. Doch schwindet dieses Material mit der Zeit mehr und mehr in jenen Gegenden, wo natirliches Steinmaterial zur Hand war, weshalb die theilweise Anwendung der gebrannten Ziegel bei mittelalterlichen Gebauden in den Rheingegenden und im nérdlichen Frankreich fast in der Regel auf ein hohes Al- terthum schliessen lasst; nach dem 10. oder 11. Jahrhundert Zur Charakteristik des Alteren Ziegelbaues in der Mark Brandenburg, mit besonderer Riicksicht auf die Kloster- kirche zu Jerichow. Vou №. у. Quast. Die Mark Brandenburg bildet einen Theil der grossen nord- deutschen Ebene in welcher gewachsenes Gebirge nur spora- disch erscheint. Wollte man daher zu den Bauten das Material nicht von entfernten Gegenden herkommen lassen, was immer nur in den seltneren Fallen ginstigerer Communicationsmittel moglich war und auch dann nur mehr bei einzelnen geschmiick- teren Bautheilen, fast nie ftir ganze Gebaude statt fand, so war man auf zweierlei, dem Lande eigenthtimliches Material ange- wiesen, auf die mehr oder weniger haufig vorkommenden Gra- nitgeschiebe die, aus Skandinaviens Gebirgen stammend, seit den Zeiten der grossen Fluth hier abgelagert wurden, und auf das kiinstliche Material gebrannter Ziegel. Eine Ausnahme hier- yon bilden, meines Wissens, nur vier gréssere Gebiéude in dem alteren Umfange der Mark Brandenburg, wo das Gebiet des Hausteinbaues sich den Granzen der Mark Brandenburg nahert, wie bei den ehemaligen Klosterkirchen zu Hillersleben, Wol- mirstédt und Leitzkau und bei dem dlleren Dome zu Havelberg, wo die Bedeutsamkeit des Gebaudes und die Leichtigkeit des Transports auf der Elbe, die Anwendung von Plotzker Steinen veranlasste. Nur das letztere dieser Gebaude gehért noch jetzt der Mark Brandenburg an. Im Uebrigen finden wir fast durchgehend den Feldstein- oder den Ziegelbau angewendet, und zwar nicht etwa den einen oder den anderen auf einen bestimmten Theil des Landes be- schrankt, sondern beide neben und durch einander, doch so, dass in der einen Gegend, wie etwa in der Altmark in friherer Zeit der Ziegelbau bei den grésseren Gebauden vorherrscht, in anderen, namentlich der Ukermark, dagegen der Feldsteinbau; doch findet ersterer tiberall bei den grésseren Bauwerken mit der Zeit mehr und mehr Anwendung, bis er endlich den Feld- steinbau auch fast aus den kleineren Dorfkirchen verdrangt, bei denen letzterer urspriinglich fast ausschliesslich zur Anwendung kam. Eine Misehung beiderlei Materials bei demselben Gebaude findet in altester Zeit nur in wenigen Beispielen statt und auch spater nicht haufig. Wenn die Baukunsi im Allgemeinen in denjenigen Landern еше bedeutsame welthistorische Gestaltung zu gewinnen pflegt, wo neben den anderen geistigeren Voraussetzungen auch ein der Bearbeitung giimstiges Material, wie Marmor, Kalkstein oder Sandstein zur Hand ist, so folgt daraus schon von selbst, dass in einem Lande wie die Mark Brandenburg schon der Mangel jener edleren Baumaterialien eine selbsténdige Stellung in der Baukunst verhindert haben wiirde, wenn nicht schon die ganze Entstehungsgeschichte ihrer Colonisation darauf hinwiese, dass sie neben ihren anderen politischen und religidsen Beziehungen auch in artistischer von den westlicher gelegenen Gegenden Niedersachsens abhangig gewesen ware. Als daher in der Mitte des 12. Jahrhunderts die Mark Brandenburg gestiftet wurde, so konnte natiirlich auch die Baukunst daselbst, namentlich die bei weitem tiberwiegende religiése, nur diejenige Gestaltung dort- hin tiberfragen und daselbst fortsetzen, welche in denjenigen Landern schon herrschte, von wo aus sowohl weltliche wie geistliche Einrichtungen ausgingen. Es ist aber eine Eigenthimlichkeit aller einen urspriingli- chen Charakter tragenden Baukunst, dass sie, bei Uebertragung auf ein ihr von vorne herein nicht eigenthiimliches Material, nur diejenigen Formen mitibertrégt, welche vom Material nicht we- sentlich abhangen und daher eine allgemein gtiltigere Wesenheit