und nicht ganz 2 Fuss breit, ohne den Rahmen) und war fiir
eine Familie bestimmt. Hieriiber geben die (lateinischen) Worte
Auskunft, welche den oberen Abschnitt in einem Halbkreise
umlaufen:

»Zum Andenken an seinen guten Vater liess dies fertigen Hein-

rich Schmidtburg, der Rechte Doctor zu Leipzig, 1518.“
Den Horizontalstreifen des Halbkreises bilden die Worte:

Seine Barmherzigkeit ist grésser als seine Werke. Psalm 144.“
Dieser Psalm enthalt zu Anfang den auf den Gegenstand des
Gemaldes anwendbaren Hauptgedanken: ,,dass Schutz und Erret-
tung von Gott komme, der Mensch aber ein Nichts sei und
seine Lebenszeit voriiberfliege, wie der Schatten einer Wolke
liber die Flur.“

Der erwihnte Halbkreis schliesst eine besondere Darstel-
lung ein. Wir erblicken finf Personen vor einer Kirche knie-
end, in welcher der Kiister eine Glocke дем. Пе mittelste
Person ist unstreitig der Dr. Schmidtburg, vor ihm vermuth-
lich seine Frau und Tochter, hinter ihm vielleicht sein Schwie-
gervater und Schwager. Sie beten, jedoch ohne Rosenkrinze,
fiir die Seele des Verstorbenen und ihre Fiirbitte ist an die
Himmelskénigin gerichtet, welche von gefliigelten Engelsképf-
chen umgeben uber ihnen thront.

Die Hauptdarstellung befindet sich unter jenem Horizon-
talstreifen und zerfallt wieder in eine himmlische und irdische
Scene, welche in einander so verwebt sind, dass sie ein un-
trennbares Ganze bilden. In der Mitte der Himmelsscene be-
findet sich die Dreieinigkeit, von einem goldgelben eirunden
Nimbus umgeben. Gott-Vater, mit dreifacher Krone auf dem
Haupte, halt den nackten Christus in den Armen, dessen Kreu-
zeswunden noch bluten und welcher die durchbohrten Hande
ausgebreitet zeigt. Ueber seiner Dornenkrone schwebt die hei-
lige Taube. In seinem Schoosse ruht cin Lammchen mit der
Siegesfahne, wie ein Bild im Bilde, denn Christus selbst ist ja
symbolisch das Lamm, welches der Welt Siinden tragt. — Die
Gruppe der Dreieinigkeit spricht den Gedanken aus, dass durch
Christus, welcher fiir die Stinden der Menschen am Kreuze
	_starb, der reuice Stinder Gnade bei Gott finden kénne. — Am
	Umfassungsrande lauft die (lateinische) Inschrift doppelt hinan:
»Heiliger Herr Gott Sabaot.“
Zur Rechten Gottes (links im Bilde) tritt Maria von sechs Frauen
begleitet heran. Sie erscheint als Himmelskénigin, also in ihrer
ganzen Warde. Ueber ihr befinden sich die (griechischen) Worte:
»Unsere Errettung durch Gott.
Auf der andern Seite nahert sich Johannes der Taufer mit sechs
Mannern (Heiligen) und dariiber stehen (lateinisch) die Worte:
,Hrlésung durch das Lamm.°
	Ueber beiden Gruppen schweben je 3 Engel und ringsherum
Engelsképfe, so dass sich eine arithmetische Uebereinstimmung
	kundgiebt. Es bedarf iibrigens kaum der Andeutung, dass in
den zwei Seitengruppen die heiligen Firsprecher dargestellt
sind, welche sich fiir die Begnadigung der Seele verwenden.
Diese Seele ist die des alteren Schmidtburg, wel-
chen wir unten in der Erdenwelt auf dem Sterbebette er-
blicken. Er ist eben im Verschciden und fasst mit beiden Han-
den die geweihte Kerze, inbrtinstig nach dem Crucifix blickend,
welches ihm ein Priester vorhdlt. Die Kerze sollte sinnbildlich
den dunkeln Pfad des Todes erhellen und der Anblick des Ge-
kreuzigten Entsithnung hoffen lassen, wahrend der Geistliche
ihm die (im Bilde uibergeschriebenen) Worte zuruft:
» Bereue Deine Siinde, flehe um Vergebung, und hoffe auf

Barmherzigkcit ! “
Die Physiognomie des Geistlichen, welcher dem Sterbenden

Trost spendet, hat ein so markirtes Individualgeprage, dass
wir in ihm einen Freund des Lukas Kranach zu sehen glauben,
	Als ein sehr beachtenswerthes junges Talent trat Wilhelm
Riefstahl auf mit einer ,nordischen Heide“, zu der das Motiv
von Riigen genommen war. WDunkler Diinenvorgrund mit Ge-
biisch, ein grauer Himmel mit einem aufleuchtenden weissen
Streiflicht am Horizont und diisteres Meer, ein Stick Ossian-
schauplatz mit poetischem Sinn und Naturwahrheit wiedergegeben.

Uns bleibt nun noch, die Diisseldorfer zu nennen, die uns
mit Zusendungen erfreut hatten. J. W. Schirmer zeigte uns
in zwei Bildern ,Morgenheiterkeit* und , Waldesdimmerung ¢,
denn mit solchen oder dhnlichen Ausdriicken muss man seine
landschaftlichen Scenerien bezeichnen, wie der Katalog es auch
ungefahr that. Wer wiisste nicht, mit welchem Erfolg der
Meister solche Stimmungen, die Seelenaffecte der Natur, wie
wir die Veranderungen von Licht, Luft u. s. w. kurz nennen
wollen, dass er diese mit dem sorgfaltigsten Studium der Na-
turformen, mit einer fast botanischen Genauigkeit seiner krauter-
und pflanzenreichen Vordergriinde in den glicklichsten Einklang
zu bringen versteht?

Andreas Achenbach bewiahrte sich durch zwei Meister-
stiicke, eine ,Marine* und den ,Wener See* in Schweden.
Letztere Landschaft gehérte mit 2u den Perlen der ganzen Aus-
stellung. Es war eine Fille von Beobachtungsgabe und Natur-
wahrheit darin niedergelegt und der Uebergang von einer Stim-
mung in die andere dargestellt: von der Sonnenheiterkeit zum
Sturm, der die dunklen Wolken hinter den dunklen Tamen
heraufbeschwort, die grauen Wellen krauselt und den Sonnen-
streifen bald aus den Bischen jagen wird. — Auch Oswald
Achenbach lieferte ein vortreffliches Stick: ,, Waldlandschaft
im Mondschein“, dessen ausgezeichnete Haltung und poelischen
Reiz wir bewunderten. Dasselbe gilt von der ,, Winterlandschaft
im Mondschein* von A.Weber. Wir werden in unserer nach-
sten Nummer Gelegenheit haben, auf diesen ausgezeichneten
Componisten landschaftlicher Scenerie zuriickzukommen, und
fihren schliesslich noch Gustav Lange’s héchst gelungene
Leistung, eine ,Landschaft bei herannahendem Gewitter* mit
	der groéssten Anerkennung an. (Schluss folgt.)
	Ueber ein Gemalde von Lukas Kranach, im Museum der
Stadt Leipzig.
	Als die Gemalde-Sammlung des Leipziger Kunstvereins im
vorigen Jahre der Stadt Leipzig tbereignet und dadurch das
sladtische Kunst-Museum begriindet worden war, wurden die-
sem neuen Museum auch einige dltere Gemialde einverleibt,
welche sich zeither auf der Stadtbibliothek zu Leipzig befunden
halten. Unter Letzteren befindet sich ein kleineres Bild von
Lukas Kranach, welches sowohl als vortreffliche Kunstleistung
dieses Meisters, wie auch wegen seiner Eigenthiimlichkeit eine
besondere Beachtung verdient, und welches zwar schon ver-
schiedentlich riihmend erwahnt, aber nirgends so ausfiihrlich
und kritisch geschildert worden ist, wie in der nachstehenden
Beschreibung eines hiesigen Kunstfreundes, welche wir daher
in ihrem ganzen Umfange hier wiedergeben.
	Im stadtischen Museum zu Leipzig verweilen die Beschauer
hesonders gern bei einem kleineren Gemalde von Lukas Kra-
nach d.a., mit dessen Zeichen es versehen und dessen Manier
darin auf das unverkennbarste ausgesprochen ist.

Das Bild, welches wir mit der Benennung
der Sterbende“

hezeichnen wollen, ist von massiger,Grésse (kaum 4 Fuss hoch