der Rundbogenfriese, mit Riicksicht auf deren weite Verbrei-
tung, ist in der obigen Abhandlung enthalten.

Fig. 19. Ein Theil des Frieses am Chore des Doms zu
Ratzeburg. Wahrend die Anordnung der sich durchsetzenden
Rundbégen auf der einen Seite der Lissene villig der Form
in Jerichow (Fig. 18) entspricht, zeigt die andere ein aus sich
kreuzenden geradlinigten Ziegeln zusammengesetztes Muster,
dessen Maschen gleichfalls geputzt sind. Auch diesen Fries
findet man bei den Ziegelbauwerken des Romanischen und Ueber-
gangstyles ziemlich hiulig angewendet, namentlich in Mecklen-
burg. Ziemlich gleich alt, wenn nicht noch etwas Alter, findet
es sich, ebenfalls im Wechsel mit dem Muster Fig. 18, bei der
schénen Klosterkirche zu Arendsee in der Allmark, welche,
1184 gestiftet, eine durchaus rundbogige gewélbte Kreuz - Ba-
silika mit der seltenen Form der Kuppelgewélbe tiber dem Mit-
	telschiffe zeigt.
	Die diesjéhrige Berliner Kunstausstellung.
(Schluss.)
	Eben so wenig als wir uns bei den Landschaften mut
blossen Veduten zufrieden erklaren konnten, ebenso wenig
diirfen wir bei noch geringeren Darstellungsgegenstinden, bei
Blumen, Friichten, bei den allerlei Arrangements von verschie-
denen Objecten aus Haus und Keller und Kiiche, aus Feld und
Wald, denen man den Namen Stillleben beigelegt hat, das
eigentliche kinstlerische Moment vermissen, welches nicht in
der naturgetreuesten Nachahmung besteht. Freilich erbalt die
subjective Kunst des Machens bei der Geringfigigkeit des Ge-
genstandes ein grosses Uebergewicht. Das Spiel der Farben,
der tausendfach vermiltelte Uebergang vom Hellen zum Dunklen
zeigt sich deuitlich in seiner schénen Aufgabe, dem Kunstwerke
die Secle einzuhauchen. Aber wir diirfen daritber den Geist
nicht einbiissen, das, was wir bei den historischen Compositio-
nen den ktinstlerischen Gedanken, die Idee des Bildes nannten,
und die Frage ist, wo dieser sich darlegen kann in all’ den
unbedeutenden Dingen, die sich Darstellungsberechtigung zu
verschaffen gewusst haben? — Zuvorderst in einer den Gegen-
standen gemassen Anordnung und der harmonischen Auswahl
zu einander. Ferner soll auch das Maass, diese Bedingung der
Schénheit, inne gehalten, kurz Nichts versdumt werden, was
iiberhaupt als Regel bei malerischen Compositionen gilt. Wie
oft z. B. sehen wir nicht eine Ueberfille von Blumen, die kaum
anders als in Treibhausern neben einander blihen; dann wieder
eine solche Menagerie von. Raupen, Kafern, Sehmetterlingen,
Schnecken und Fliegen, wie sie sich auf einem im Freien ste-
henden Strauss kaum und in einem im Zimmer befindlichen nie-
mals zusammenfindet. Eine Pfefferdiite neben dem auf hélzer-
nem Tische stehenden einfachen Frihmahl eines Armen ist
characteristisch; liegt sie aber neben Caviar, Seekrebsen und
blinkenden Rémern, bloss damit man bewundern soll, wie Einer
zerknittertes Druckpapier so gut nachgeahmt hat, so ist das
unbehaglich; denn wenn es darauf ankéme, kénnte ich mir ja
nur lieber aus der ersten besten Zeitung eine Dtite machen.

Eine von Insekten angenaschte Frucht, eine von Menschen
durchgekostete Friihstitckstafel, ein von vergniigungsmtden
Gasten verlassenes Festlokal, oder — wenn man andere Bilder
will — die Statte eines abgebrochenen Feldlagers, ein Schlacht-
feld, eine zerstérte Stadt — das Alles ist malerisch in den
Spuren des dagewesenen Lebens und die dadurch erzeugte zu-
[ое Gestaltung der Objecte ordnet sich, ohne absichtlich zu
scheinen, dem allgemeinen Inhalt unter. Niemals aber darf das
Zufallige als solches gemalt werden, weil es dann immer
	zeitige Urkunde festgestellt ist (Vergi. Riedet die Mark Bran-
denburg im Jahre 1250, I. S. 235).

19. Die Kirche zu Altenkirchen auf der Insel Riigen zeigt,
nach Kugler (a. a. O. S. 9), an den Saulen der Wandpfeiler ne-
ben der Altarnische Kapitaélformen, welche denen der Kirche
zu Bergen sehr 4hnlich sind, und von ihm auch in dieselbe
Zeit gesetzt werden.
	20. Die Kapitéle der Halbsaulen an den Ecken аез Втеи-
zes der Kirche zu Vietlibbe bei Gadebusch in Mecklenburg
(Meckl. Jahrb. IV. S. 83), und
	21. Die Kapitéle der Mittelpfeiler der Kirche zu Schlags-
dorf bei Ratzeburg (ebend. VII. S. 64 u. 70) scheinen nach der
Beschreibung von Lisch dieselbe Kapitalform zu zeigen. Beide
Kirchen sind noch véllig im Rundbogen aufgefiihrt, aber mit
Gewélben tiberdeckt. Es ist auffallend, dass sich im tbrigen
Mecklenburg, mit Ausnahme dieser westlichsten, zum ehema-
ligen Bisthum Ratzeburg gehérigen Gegend, jenes Kapital nir-
gend zu befinden scheint, obschon das ganze Land mit Kirchen
im Romanischen und Uebergangssty! fast bedeckt ist.
	22. Auch am Dome zu Roskild auf Seeland findet sich
jenes Kapital und wahrscheinlich noch an vielen anderen im
Ziegelbau aufgefihrten in Dinemark. Dem Style nach zu ur-
theilen gehdrte jener prachtvolle Dom etwa der Mitte des XIII.
Jahrhunderts an und halte ich bei Feststellung des Grundplans,
namentlich der mit einem Umgange und einer Empore dariiber
versehenen Chorhaube, nordfranzésisch-normannisehen Einfluss
fiir wahrscheinlich.
	Aus obiger Zusammenstellung ergiebi sich, dass das ле-
gelwiirfel - Kapital wahrend eines vollen Jahrhunderts, von der
Mitte des XII. bis nach der Mitte des XIII. Jahrhunderts itber
die weiten Landergebiete verbreitet ist, welche im Westen bis
zur Altmark einschliesslich, im Osten bis nach Preussen rei-
chen, und siidlich vom Flaming bis nérdlich zu den danischen
Inseln reichen. Den einzelnen Landergebieten nach liegen sie
folgendermaassen vertheilt:

1. In der Mark Brandenburg: 1. S. Lorenz in Salawedel.
2. S. Marien in Gardelegen. 3. Klosterkirche zu Jerichow. 4.
Kirche zu Schénhausen. 5. Kloster Lehnin in zwei Formen aus
zwei verschiedenen Zeiten. 6. 8. Johannes- Kirche in Prenzlau.
7. Ist denselben noch anzureihen: S. Marien-Kirche in Jiiterbogk.

Il. In Pommern: 1. Klosterkirche zu Bergen. 2. Kirche
za Altenkirchen, 3. Klosterkirche zu Eldena. 4. Kloster Софа.

II. In Preussen: Kloster Oliva.

IV. In Niedersachsen: 1. Dom zu Ratzeburg. 2. Kirche
ma Schlagsdorf. 3. Kirche au Vietlibbe. 4. Kirche zu Mdlln.
3. Kreuzgang des Doms zu Liibeck.

У. In Danemark: 1. Dom zu Roskild. 2. Kirche zu Bjernede.

Aus der ganzen Verhandlung ergiebt sich als Resultal, dass
die Mark Brandenburg wie die dltesten Beispiele, so auch die
allgemeinste Verbreitung dieser Kapitalform zeigt und daher
als Heimathsland derselben betrachtet werden darf. Auch zur

Zeit des vollendet gothischen Bausystems, um und nach 1300,
findet man hier noch mehrfach Kapitaélformen, welche jenen
oben genannten verwandt sind, und sich von ihnen herleiten
lassen, wie im Schiffe der Kirchen zu Neusladt-Eberswalde, der
Kloster- und der Marien-Kirche zu Neu~Brandenburg und а. а. 0.
	Fig. 17. Rundbogenfries an den Seitenschiffen der Klo-

sterkirche zu Jerichow.
Fig. 18. Fries an den tibrigen Theilen derselben Kirche,

namentlich am Mittelschiffe, den Kreuzarmen, dem hohen Chore
und den Chornischen, aus Rundbégen bestehend, die cinandcr
durchschneiden. In beiden Beispielen sind die vertieften Bo-
genfelder geputzt. Das nahere Detail tiber diese beiden Formen