welchem ein, von des Tages Last ermiideter Fischer heimkehrt,
um nach vollbrachtem Tagewerk gleichfalls mit der Natur aus-
zuruhen; — hier, wo kein Liiftchen die leicht beweglichen
Blatter bertihrt, athmet Alles die héchste Ruhe und Befriedi-
gung, und selbst beruhigt, kehrt man zu seinem Innern zuriick,
dass in den Geschaften des Tages von der Aussenwelt tiber-
tont wurde.

Eine ganz enigegengesetzte Wirkung ruft das folgende
Blatt 6 hervor, durch welches wir uns plétzlich in die heissen
Strahlen der Mittagssonne versetzt wahnen: — es ist ein heisser
Tag und die freie, nur an wenigen Stellen mit schaltendem
Laubholz bewachsene sandige Gegend bietet geringen Schulz
gegen die Hitze des Tages, — selbst der im Vorgrunde trage
fliessende Bach, tiber welchem eine kleine gemauerte Briicke
zur ersten schiitzenden Baumgruppe hintiber fihrt, scheint matt
und erschlafft und nimmt geduldig die ruhige Spiegelung der
umgebenden Baume und Straducher auf.

Wenden wir uns zu Blatt 7 und erquicken wir uns an der
herrlichen Frische, die ein eben beendigtes Gewitterschauer
hervorgerufen hat; — es ist Abend, ein geheimnissvolles Dun-
kel senkt sich bercits tiber die Natur, es ist ihr letztes Auf-
athmen vor dem Schlafengehen; starker Regen, der hie und da
an tieferen Stellen des Erdreichs stehen geblieben ist, hat Baume
und Pflanzen neu belebt; die schweren Gewilierwolken, von
den Strahlen der untergehenden und im herrlichen Glanze trium-
phirenden Sonne besiegt, lésen sich in tribe Nebel; — machtig
stehen die ernst blickenden Eichen da, als ein redendes Wahr-
zeichen Gottes, an ihnen vortiber fihrt der Weg, der im Vor-
grunde von einer kleinen, tiber einen Graben gelegien Holz-
briicke gebildet wird.

Auf Blatt 8 stellt sich uns die ganze Macht des Winters
dar, selbst die entlaubten diirren Stimme scheinen sich mit
halberstarrter Kraft dagegen zu wehren. — So freundlich und
heiter diese Gegend im Frihjahr und Sommer erscheinen muss,
wo die Sonne belebend auf sie wirkt und wo die rechts nnd
links stehenden Baumgruppen ihr fréhliches Kleid anthun und
	sich in dem klaren, jelzt erstarriem Gewasser, abspiegeln, so
	trib una Ode steht sie jetzt in threm Todtenkleide und weckt
den sehnlichen Wunsch nach einer frohlichen Auferstehung im
Frihling.

Haben wir somit diese Blatter ihrem Inhalte nach genauer
belrachtet, so sei es uns vergénnl, noch einiges Allgemeine
liber Auffassung und Behandlung derselben so wie tiber die
Bedeutsamkeit, welche derartige Leistungen tberhaupt einneh-
men, hinzuzufiigen.

Wenn es im héchsten Grade erfreulich ist, dass ausgezeich-
nete deutsche Maler jetzt mehr und mehr darnach streben,
yanz im Geiste ihrer Vorganger, sich in den vervielfaltigenden
Kiinsten gleichzeitig hervorzuthun, indem sie die mannigfachen
Mittel ktinstlerischer Darstellungsweise in Anwendung nehmen,
ohne sich dabei auf ein bestimmtes dusseres Material zu be-
schranken, wenn wir sehen, wie sich diese Kunstler immer
mehr solcher Mittel bemeistern, so haben wir um so mehr Grund,
uns tber derartige Leistungen zu freuen, als eben sie es
sind, die es zumeist vermégen, den Geschmack des grésseren
Publikums zu bilden und es zu einer héheren geistigen An-
schauung bedeutungsvoller Werke vorzubereiten.

Obgleich die Erfindung des Holzschnitles wie die der Li-
thographie dem Deulschen angehéren, so waren es dennoch
vorziiglich die franzésischen Kistler, welche sich in neuester
Zeit dieser Darstellungsweisen bemichtigten und sie auf eine
uns bisher unbekannte Héhe der technischen Vollendung fihrten.

Wie sie hauptsachlich den Holzschnilt zu illustrativen Zwecken
	anwandten, so bedienten sie sich der Lithographie mehr zur
	  Vervielfiltigung eigenhandig auf Stein gezeichneter Composi-
tionen und Studien, unter denen die Werke Calame’s, Ferogio’s,
Luthbert, Villeneuve, Isabey’s п. $. \. п. 8. \. besonders in Be-
zug auf die Landschaft, unstreitig zu den ausgezeichnetsten
Arbeiten, die die Jetztzeit in diesem Genre hervorbrachte, ge-
rechnet werden miissen.

So geistreich und gediegen die zum Theil in ihrer Art
uniibertrefflichen Arbeiten jener franzésischen Kiinstler sind und
so sehr sie sich auch der Geschmacksrichtung so Vieler bereits
bemichtigt haben, so waltet in ihnen dennoch ein uns fremd-
artiges, franzésisches Element vor, das — wenn gleich anziehend
durch seine leichte, andeutungsreiche und momentane, ja ich
méchte sagen frivole Behandlung, angenehm tberraschend und
unseren Geist scheinbar zu sich hinitherzichend — dennoch, bei
aller technischen Vollkommenheit, nicht im Stande ist, unser In-
neres so zu durchdringen, dass wir in einer tieferen Weise
bewegt und tiber die dussere Erscheinung der Darstellung
gleichsam unbewusst hinweggefihrt werden.

Dies ist aber keinesweges die Ursache einer etwa mangel-
haften oder oberflachlichen Auffassungsweise der franzésischen
Kiinstler, sondern beruht lediglich auf die nationale Eigenthtim-
lichkeit ihrer Naturanschauung, die von der unsrigen, da wir
deutsch fihlen und denken, eine durchaus verschiedene ist.

Wir sind nun einmal Deutsche, und wie sich unsere ganze
Individualitét, unser ganzes inneres und dusseres Lebén von
dem der Franzosen unterschcidet, sogar in manchen Beziehun-
gen im directen Widerspruche steht, so gestallet sich demnach
auch unsere ganze Auffassungsweise der Natur, wie die Art
der Darstellung durchaus anders; wer daher (wie leider so oft
geschieht) deutsche und franzésische Kunstleistungen mit einem
und demselben Maasssiab misst oder nach ihrem inneren Werth
miteinander abwagt, wird sich weder der Vorziige des Kinen
noch des Anderen klar bewusst werden.

Die mehr zum philosophischen Denken geneigte deutsche
Natur ist eine ruhig beobachtende und giebt sich nicht so mo-
mentan dem ersten Eindruck hin — sie untersucht und priift,
und erst dann, wenn sie ihren Gegenstand griindlich in sich
aufgenommen und verarbeitet hat, giebt sie ihn, freilich oft in
subjectiver, sets aber in tief empfundener Auffassung zuriick.
Dies ist es aber eben, was wir an den Weber’schen Composi-
tionen zumeist zu rihmen haben — dass sie in rein deutscher
Weise empfunden, behandelt und wiedergegeben sind, — dass
in ihnen weder ein franzésisches oder sonst fremdartiges, von
aussen hineingetragenes Element, noch ein beabsichtigtes Stre-
ben nach fremder Darstellungsweise (was stets zur Manier aus—-
artet) fihlbar ist, aber deshalb haben sie auch fiir uns etwas
so Ergreifendes und Wahres, diese unbeschreibliche Tiefe und
Poesie des Gemiiths, die sie tiber jedwede Annaherung an das
vedutenarlige der Landschaft, woran wir leider bei ahnlichen
Darstellungen nur zu oft erinnert werden, erhebt. Bei den
Weber’schen Landschaften fiihlen wir uns heimisch in den dar-
gestellten Waldpartien, denn sie entsprechen so unserm Innern,
dass wir frei in ihnen aufathmen kénnen, ohne durch ein so-
genanntes brillantes Machwerk erinnert zu werden, dass wir
es nur mit einer bildlichen Darstellung zu thun haben, und
hierin besteht die Wirkung des wahren Kunsltwerks, dass es
uns in sich aufnimmt, sich uns erschliesst und in unserer Seele
Stimmungen erzeugt, die uns tiber das gewdhnliche Alltags-
treiben erheben und die Aussenwelt um uns her vergessen las-
sen. Um jedoch im Stande zu sein, eine solche Wirkung zu
erreichen, dazu gehért von Seiten des Kiinstlers ein tiefes Ein-
gehen in das geheimste Wesen der Natur, ein Erkennen ihrer
erossen schépferischen Kraft, ein Individualisiren derselben —
und dies ist wiederum bei Weber der Fall; in seinen Darstel-