“Zeitung fir bildende Kunst und Baukunst.. bunt Organ der deutschen Kunstvereine. Unter Mitwirkung von Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien redigirt von Dr. F. Eggers in Berlin. Ae 32. Montag, den 12. August. 1850. In Sachen Hans Holbein’s, des Malers. Schreiben an den Redakteur des deutschen Kunst- blattes in Berlin. Ten sehe in der tiber die neueste Todtentanzliteratur von Herrn L. Bechstein in No. 9 des deutschen Kunstblattes ge- schriebenen Abhandlung, dass Sie dorten mit der sogenannten neuen Ausgabe des Basler Todtentanzes von Hans Holbein, bei Hasler & Comp. dahier sowohl, als namentlich auch mit der Schrift unsers Herrn Prof. F. Fischer: ,Ueber die Entstehungs- zeit und den Meister des Grossbasler Todtentanzes* nicht un- bekannt geblieben sind. Was ersteres Werk anbetrifft, so ist Hrn. Bechstein’s Ur- theil dariiber ganz richtig, wenn er darin nur ein Machwerk merkantiler Spekulation erblickt. Dasselbe ist auch in der That weiter nichts, als eine freie Umarbeitung mit vielen Ver- anderungen, Weglassungen und Hinzufiigungen unsers alten Todtentanzes, und wenn sich der Verleger erlaubt hat den Na- men H. Holbein’s dabei zu gebrauchen, so mag es wohl nur in der Hoffnung geschehen sein, seinen Artikel dadurch besser an Mann zu bringen, und darf auch nicht als Folge selbsteige- ner wissenschaftlicher Forschung genommen werden. Bin anderes ist es aber mit der Schrift unsers Prof. Fischer, die schon wichliger und wohl geeignet ist, den irre zu fihren, der nicht mit H. Holbein so genau bekannt ist, wie wir es hier seyn kénnen, wo wir diesen Kistler durch alle seine Lebens- epochen zu verfolgen und ihn’ in seinen Schopfungen vom fliich- tigsten Entwurf an bis zu seinen ausgefthrtesten Bildern zu studiren genug Gelegenheit haben; eine Aufgabe, die ich mir auch aus Vorliebe fiir unsern berithmten Landsmann bis zu meinem bereits weit vorgeriickten Alter gestellt habe, daher mich auch befihigt glaube, ein gewisses Urtheil tiber das, was ihm zugeschrieben wird, worunter sich nur gar zu viel Un- achtes befindet, zu fallen. Um nun einigermassen den Stérungen in der kunstgeschicht- lichen Forschung zu begegnen, die Herrn Prof. Fischer’s Arbeit iiber die Entstehungszeit, noch mehr aber tiber die von ihm aufgestellte Autorschaft H. Holbein’s von unserm Grossbasler Todtentanz von Neuem anfachen kénnte, sei es mir vergdnnt, hiermit noch einige Betrachtungen zu denen, die ich bereits nur fiir hier im Intelligenzblatt der Stadt Basel vom 3. Dec. 1849: ,Etwas in Sachen H. H.’s des Malers* geschrieben, hin- zuzufiigen. Trete ich damit noch einmal gegen den gelehrten Verfasser obiger Schrift, dessen fleissige Forschungen ich zu achten weiss, auf, so geschieht dies nicht etwa aus Liebe zu Widerspruch; aber da unsere beiderseitigen Ansichten tiber diesen Todtentanz fast durchweg so sehr von einander abweichen, und ich alle die Griinde nicht gelten lassen kann, deren er sich zur Beweisftihrung seiner Behauptungen bedient, so glaube ich es der Wahrheit — wie solche mir wenigstens erscheint — schul- dig zu sein, auch meine Meinung hier noch in Kiirze offen aus- gzusprechen, wobei ich mich aber weniger mit dem Historischen, das bereits durch Andere mehr als hinlanglich besprochen und erschopft ist, befassen, als diesen Gegenstand auch aus dem kiinstlerischen Gesichtspunkt betrachten werde. Wollte ich tibrigens Herrn Prof. F. in seinen Daten Punkt fiir Punkt folgen, so miisste ich mehr schreiben, als mir und dem Leser lieb sein kann. Ueber die Entstehungszeit des Grossbasler Todtentanzes will ich mich nicht lange aufhalten; man wird darin zu kei- ner Gewissheit mehr gelangen, da es an authentischen Quel- len fehlt. Doch méchte ich hier noch fragen: Wenn Herr Prof. Fischer pag. 9 dem ,,griindlichen Daftrhalten* des alten Math. Merian, dass der Todtentanz zur Zeit des Basler Concils und des Pestjahrs 1439 gemalt worden, alle Glaubwiirdigkeit abspricht, wie hingegen er, der mehr als zwei Jahrhunderte jiinger als Merian meist nur aus alten, verworrenen Autoren geschépft, unsern Todtentanz aber selbst nie gesehen hat, — wie denn er mehr Glauben fiir seine Behauptungen zu fordern berechtigt ist — Behauptungen, die oft auf blossen Vermuthun- gen und beliebigen Auslegungen, die er dann aber als unum- stéssliche Facta hinstellt, beruhen,— wenn er z. B. pag. 19 so zuversichtlich und bestimmt, wenn gleich es ihm an jedem hi- storischen Beleg hiezu gebricht, sagt: ,H. H. habe im Auftrag der Vater des Predigerklosters den Todtentanz zwischen 1520 und 1526 aus dem Klingenthal-Kreuzgang an die Mauer ihres Kirchhofes iibertragen und ausgefiihrt*, — in einer Zeit tibri- gens, wo die Kirchenreformation hier schon in vollem Anzuge war, und diese frommen Vater wohl schon an Wichligeres als an eine Verschénerung ihrer Kirchhofmauer zu denken haben mochten. pag. 13 will Herr F. wissen, dass, wenn ,die Haltung und Bewegung der meisten Personen zwar noch etwas Steifes und so zu sagen Typisches haben, dies dem Maler so vorgeschrieben war“; als ob eine so barbarische Vorschrift, gerade in der Zeit 32 blatt.