bei solchen Uebermalungen meist hergeht, auf die tbermalten

Beckschen Rathhausbilder hin.*
Auf Autorititen wie Ulr. Hegner und Prof. Massmann nimmt

unser gelehrter Widersacher nur geringe Riicksicht; ja er macht
Letaterem sogar das Compliment, ,sein Urtheil mége die ein-
stimmige Annahme der neuern und namentlich der schwei-
zerischen Kunstkenner befangen gehalten haben.“ — Зо эта
denn doch die sammtlichen schweiz. Kunstkenner auch nicht
seiner Meinung, wohl etwa auch befangen. Es ist schon vor
mir als bezeichnend bemerkt worden, dass nur Historiker,
Dichter, kurz Literaten, denen eigentlich kinstlerische Beur-
theilung oft abgeht, den Basler Todtentanz dem H. H. vindi-
cirt, und schon friih beide fraglichen sogar mit dem Klingen-
thaler. und N. Manuel’schen vermengt und verwechselt haben,
dass hingegen von jeher die ausiibenden Ktnstler und wirk-
lichen Kunstkenner entgegengesetzter Meinung waren.

Den Restaurator des Todtentanzes von 1568, H. Hug. Kluber
betitelt Hr. Prof. F. als ,einen ziemlich steifen und geschmack-
losen Pinsler“. — Zu dem bereits von mir darauf Bemerkten im
Intelligenzblatt will ich nur beifiigen, dass, wer dessen Bild und
das seiner Frau und seines Kindes nur aus dem M. Merian’schen
Todtentanz kennt, doch schwerlich dieser Meinung wird bei-
treten kénnen. Der ttichtige Merian nennt diesen H. H. Klauber
,einen guten Maler“, und ,weil an selber langen Mauren noch
mehr Platz ibrig war, hat man zur Gedachtnuss dero in
Amo 1529 kurz vorhergegangenen Reformation die Bildnuss
des Gottseligen und gelehrten Mannes Johannis Oekolampadii
dahin malen lassen, wo dann auch zu Ende dieses Todtentanzes
nach solchen alten Gemahlden der gedachte Maler sich selbsten
samt seinem Weib und Kindern nach dem Leben, in solcher
Tracht und Kleidung, wie damals braéuchlich, abgemahlet hat.“
Damit widerspricht aber der alle Merian ginzlich der Behaup-
tung unsers Herrn Prof. F. pag. 17. ,Kluber habe als Restaura-
tor des Todtentanzes sich die Freiheit genommen, sein eigenes
Bildniss an die Stelle des Malers zu setzen.“ — Wer es nun
besser weiss, lasse ich um so lieber dahin gestellt, als diese
Frage eigentlich nur Nebensache ist, da wo es sich haupt-
sichlich um die Entstehungszeit und den Meister des Grossbasler
	Todtentanzes handein soll.
In Betreff nun aber dieses Meisters, fiir den Hr. Prof. Е.
	keinen Andern als H. H.d. J. mit aller Bestimmtheit bezeichnet,
so bin ich, die Sache auch rein vom kinstlerischen Gesichts-
punkt aus betrachtet, der decidirtesten Gegenmeinung mit ihm.
Durchweg vermisse ich in diesem Todtentanz Holbein’sche Art,
Stil, Zeichnung, kurz alles was Holbein charakterisirt, zumal
in den Figuren mit alter, vorholbeinscher Tracht, mégen sie
auch sonst gewiss nicht ohne entschiedenes Verdienst gewesen
sein. Mein Auge sagt mir, dieser Todtentanz und der Holz-
schnitt-Todtentanz Holbein’s kénnen nicht von einem und dem-
selben Meister herriihren. Ich lasse tibrigens hier auch noch
gedachten schweizerischen Historienmaler fiir mich reden: „Ез
ist die Auffassungs- und Kompositionsweisc, schreibt er, in
beiden Todtentinzen himmelweit verschieden, im Mauertodtent.
einfach, derb, sich in den Motiven vielfach wiederholend, doch
meist von ttichliger Zeichnung, sogar einige graziose Figuren,
(z. B. die Herzogin), auch von guter Bewegung, was man aber
bei Meistern des XV. Jahrhunderts auch schon findet, besonders
den altniederlindischen, und welch schénen Schwung gaben
nicht schon dic Altdeulschen aus der frithern Schule ihren
Figuren? — Im Holzschnitt-Todtent. aber ist cine weit ausgc-
bildetere, phantasie- und kunstreichere Zeichnung, kurz acht

Holbein’scher Geschmack und Humor.*
Und somit resumire ich mich denn schliesslich auf Vor-

stehendes, um zu zeigen, warum auch ich mit Hrn. Prof. F. in
	der héchsten Blithe der Kunst, dem Maler, und zwar einem
Holbein, der bekanntlich nicht gewohnt war, sich Zwang anlegen
zu lassen, hatte gegeben werden diirfen, und eine solche von
ihm befolgt worden wire? — Beides Behauptungen, die doch
Sichtlich nur auf Voraussetzungen beruhen.

Auf eben so gewagte Weise sucht cr dann noch seine
Angaben mit Anderem zu belegen, so z. B. pag. 19 mit den
knéchernen Handen und dem Reibstein auf dem Wappen des
Todes in H. H.’s Holzschnitt-Todtentanz, worauf ihm aber im
Kunstblatt bereits geantwortet ist;

pag. 14 mit der ,Richtigkeit, Sicherheit und Freiheit, ins-
besondere aber der genauen anatomischen Kenntniss des Skelets
im grossen Todtentanz“, womit jedoch nach meiner  Ansicht ge-
rade das Gegentheil zu beweisen ware, indem sich beide Tod~
tentinze wesentlich eben dadurch unterscheiden, dass das Ske-
let im Holb. Holzschnitt als achter Rippenmann eben so cha-
rakterisltisch und gut, als es dagegen im grossen Todtentanz
anatomisch schlecht, tibrigens fast durchweg noch mit Haut
bedeckt, und eines Holbein unwiirdig dargestellt ist, was auch
jedem geiibten Auge nicht entgehen kann;

pag. 13 mit den runden Formen, die ,vor Holbein nicht
da gewesen.* Aber wer sagt denn, dass dieser Todtentanz
nur von einem jener steifen und magern Maler der alten ober-
deutschen Schule herriihren kénne? Kennen wir denn den
Stil der verschiedenen Schulen des XV. Jahrhunderts und die
Méglichkeiten einer vielleicht sehr besondern, perséulichen
Kunstentwicklung so genau? Und wie dann, wenn der Todten~
tanz tberhaupt noch einer Zeit und Kunststufe angehirte, welche
von dem Scharfen und dem Eckigen, von den harten Falten-
briichen u. s. w. der von Eyk’schen Schule noch unbertihrt war?

pag. 15 mit den Kleidertrachten, womit er sich nach mei-
nem Dafiirhalten vergeblich abmiht, und wogegen ich nur wie-
derhole, was ich im Intelligenzblatt schon bemerkt, dass héchst
wahrscheinlich schon H. Hug. Klauber oder Kluber bei seiner
Uebermalung des ganzen Todtentanzes im Jahre 1568, nach
Silte seines Zeitalters sich erlaubt hat, die Trachten seiner
restaurirten, gleichwie seiner neuen Figuren denen seiner Zeit
anzupassen, daher die auffallende Vermischung von alt und neu.

Ueber diese Trachten schreibt mir einer unserer tichtig-
sten und in alter Kunst bewandertsten schweizerischen Histo-
rienmaler, der auch meine Ansichten tiber unsern Grossbasler
Todtentanz vollkommen theilt: ,Es beweis’t mir (trotz allem,
was Hr. F. Fischer gerade in dieser Beziehung anfihrt) das
Kostimliche, dass er gewiss im Irrthum ist, und ich glaube
aus meiner Kunstsammlung, sowie mit Hinweisung auf altere
Holzschnitte, Miniaturen und Monumente jeder Art die Ueber-
einstimmung mit den Trachten um die Mitte des XV. Jahrhun-
derts erweisen zu kénnen. Die kurzen, weiten, tiefgegiirteten
Wamser, die Schnabelschuhe (mit Holzschuhen darunter bei der
Edelfrau und dem Doktor), der knapp anliegende ungegiirtete
Rock bei der Kaiserin, die Kopfbekleidung beim Herold und Grafen
(ganz wie sie auf der Bibliothéque royale in Paris in einem
prachtvollen Froissard mit vielen Miniaturen aus der Zeit Louis XI.
haufig vorkommt), so wie die eichenlaubahnlichen Ausschnitte, —
die beim Rilter, dessen Riistung auch mehr von 1400 ist, beim Edel-
mann und am Kopf des Jiinglings vorkommen, und besonders
in der ersten Halfte des XV. Jahrh. tiblich waren, alles dies ist
Kostiim jener friihern Zeit. Wenn die Kénigin, der Birger-
meister м. 5. уу. etwas yom XVI. Jahrhundert an sich haben, ja
sogar dic Jungfrau in M. Merian und der Hut des Todes beim
Blinden selbst an Rubens’ Zeit erinnern, so weiss der Him-
mel, was sich der gute Klauber ftir Freihciten, besonders da
erlaubt hat, wo einzelne Figuren ganz zerstért waren, — und
Sie weisen in Ihrer Widerlegung als auf ein Beispiel, wie es