seiner Schrifl liber die Entstehungszeit, noch mehr aber tiber
den Meister des Grossbasler Todtenlanzes ganz entgegengesetz-
ter Meinung sein muss, und nur Mcinungen komen hier ob~
walten, denn historische Zeugnisse sind keine da; wobei ich
librigens nicht weniger Unbefangenheit in mein Urtheil zu setzen
vermeine, als er pag. 13 fiir sich anspricht. Und was ich als
Wahrheit erkenne, beruht nicht auf Folgerungen aus Hypothe-
sen, sondern es ist das Ergebniss einfacher Betrachtung und
des Blickes in beide Kunstschépfungen, den grossen Mauer-
und den kleinen Holzschnitt-Todtentanz. Mdédgen indess diese
Zeilen auch nicht unbeantwortet bleiben, ich gedenke fir mich
hiermit mein letztes Wort iiber diesen Gegenstand, der schon
langst keiner Controverse mehr bediirfen sollte, gesprochen zu
	haben. Basel. Peter Vischer.
	Аню ег сей.
	schen brig lassen. Nachst diesen und zwar ganz besonders be-
wundern wir die auf dem Schenkel ruhende linke Hand, an wel-
cher der Kiinstler, da ihm hierbei mehr Freiheit in Fihrung
des Stichels gestattet war, sowohl seine ausserordentliche Kennt-
niss der Form, wie ktinstlerische Selbstthatigkeit bewies.

Neben diesen héchst gelungenen Lichtpartieen des Blattes
miissen wir die zarte Abtonung des, vielleicht etwas zu glatten,
Hintergrundes und vornehmlich den dunkleren Theil desselben,
die Draperie, sowohl in Bezug auf Behandlung, als auch in
Betreff der feinen Niancirung der Farbung ausgezeichnet nen-
nen. Die Schattenpartieen dagegen scheinen uns trotz aller
vorhandenen Meisterschaft hie und da nachzustehn. Dies mag
nun wohl hauptsichlich seinen Grund im Originalgemalde selbst
haben, das der Ktinstler so treu wie moglich wiederzugeben
fiir seine erste Pflicht hielt; dann aber liegt es auch wohl in
der italianischen Richtung, die derselbe befolgt, wobei es ihm
mehr auf den Gegenstand selbst in seiner Gesammt- Wirkung,
als auf strenge Charakteristik des Einzelnen, Nebensachlichen
anzukommen scheint. Letzteres bezieht sich vornehmlich auf
die Darstellung der verschiedenen Stoffe, die, da fast Alles in
einer Manier durchgefihrt ist und sowohl die Fleischpartieen,
wie die Gewandung und der Hintergrund dieselbe Art der Be-
handlung zeigen, sich zu wenig in ihrer Materie von einander
unterscheiden, was besonders im Schatten des Gewandes be-
merkbar wird, wo durch die Scharfe, womit die Téne anein-
andertreten, in den Uebergaéngen etwas, wie es uns scheint,
metallahnliches hervortritt, das vielleicht durch eine mehr vor-
herrschende Anwendung der Radirnadel hatte vermieden wer-
den kénnen.

Verwohnt durch Arbeiten nicht minder bedeutender Kiinstler
der Jetztzeit, die neben dem Plastischen der Erscheinung auch
das Malerische derselben beriicksichtigen, fallt uns eine Dar-
stellungsweise, wie die oben besprochene, jetzt um so mehr
auf, und wahrend Jene durch Anwendung aller dem Kupferste-
cher zu Gebote stehenden Mittel nach zugleich malerischer
Wirkung streben, indem sie sich bald der Nadel, bald des
Schabers oder des Stichels bedienen, je nachdem es der dar-
zustellende Gegenstand bedingt, so wirkt auf uns diese Art der
Ausfiihrung in manchen Theilen etwas streng und einférmig.

Dies etwas Starre in der Behandlung tritt nun auch zum
Theil in den Schatienpartieen des Kopfes hervor, wo es sich
bei niherer Betrachtung derselben um so bemerkbarer
macht, als die den Schatten hervorbringenden Strichlagen nicht
ganz den Formen zu entsprechen scheinen; was besonders bei
den, nach dem Contour zu verschwindenden Linien mehr auf-
fallt, da die Behandlung des Lichtes durch seine hohe Vollen-
dung aufs hichste erfreut. Den Beweis, wie auch unser Kistler
es versteht, mit der Radirnadel zweckmassig zu verfahren und
welche Weichheit durch Anwendung derselben zu erméglichen
ist, liefert der trefflich gearbeitete Teppich, in dessen Durch-
fiihrung wir weder Harte noch Steifheit gewahren.

Weil wir eben die vorliegende Arbeit mit der aufmerksa-
men Genauigkeit betrachtet haben, zu der sie durch ihre grosse
Gediegenheit auffordert, halten wir auch unsere kleinen, nicht
sowohl das Werk, als die Verfahrungsweise betreffende Be-
denken nicht zuriick, die zudem weder uns, noch auch gewiss
sonst Jemand in der Freude an dem ausgezeichneten Blatte
storen k6nnen. Il. Weiss.
	fdunsthteratur.
	Portrait des beriihmten Kanzelredners H. D. Lacordaire
	nach dem Originalgemdlde von Prof. A. Chauvin ge-
stochen von Xav. Stei if ensand.  Diisseldorf bei A.
W. Schulgen.
	Obgleich der diesjahrige Berliner Ausstellungs-~Katalog uns
Hoffnung auf eine nahere Bekanntschaft mit dem Originalge-
malde dieses Stiches machte, so war es doch nicht ausgestellt,
vielmehr von den saimmilichen uns verheissenen Gemalden von
A. Chauvin nur die in No. 23 dieses Blattes besprochenen , Flucht
nach Aegypten® eingesandt worden.

Das Bild, Eigenthum des bischéflichen Sitzes zu Liittich,
zeigt uns die Gestalt des geistreichen Dominikaners in seiner
Ordenstracht. Sitzend am offnen Fenster, durch welches man
die Aussicht nach einer zwischen Baumen versteckten Kirche
hat, auf einem Stuhl mit hoher Lehne, von der das dunkle,
liber dieselbe gelegte Obergewand herabhangend sich mit dem
Schatten des Hintergrundes verbindet, blickt er in gerader Rich-
tung zum Bilde heraus, indem Kopf und Oberkérper dem Be-
schauer zugewendet sind. — Wahrend die rechte Hand auf.
eine Buche lehnt, liegt die linke auf dem Jinken ibergeschla—
genen Bein in ruhiger Haltung. — Den Fussboden bedeckt ein
gewirkter Teppich.

Die Composition des Bildes zeichnet sich nicht nur durch
cine ruhige Haltung der Gesammtmassen, sondern auch durch
eine wirkungsvolle Vertheilung des Lichtes aus, das sich in har-
monisch belebter Weise tiber dic Figur verbreitet und besonders
gliicklich auf dem Obertheil derselben zusammengehalten ist.
Ueberhaupt erscheint uns dieser Theil des Bildes am meisten ge-
lungen und die untere Partie an Einfachheit und Klarheit in der
Gewandung, wie in Anordnung der Linien bei weitem zu tiber-
treffen. Leizterer erhalt durch das Ueberschlagen des linken
Beins und durch die daraus entstehenden, sich mehrfach wie-
derholenden rundlich fallenden Falten des weiten Gewandes et-
was Monotones, welches kaum durch das dartber hingleitende
Licht gemildert erscheint, wihrend ausserdem uoch durch diese
Anordnung dem Oberkérper das cigentliche Fundament entzogen
wird und wir slaltt dessen eine hohle Gewandmasse erblicken.

Was nun den Slich betrifft, so ist derselbe cin neuer Beleg
fiir die Meisterschaft des Stechers, wie fiir die gewissenhafte
Treue und Gediegeuheit, mit welcher deutsche Kistler ihre
Aufgaben zu erfassen und durchzufiihren pflegen. Diese Mei-
slerschaft zeigt sich auf dem Blatle vor Allem in den Licht-
particn, welche, bei konsequenter Beibehaltung der schwicrig-
sten aller Darstellungsweisen des Stichs, der Linienmanier, eine
Feinheit und Zartheit der Téne bewahren, die nichts zu wiin-
	В. ‹. Kihne: Beitriige zur Geschichte und Archdologie
von Cherronesos in Taurien. St. Petersburg. 1848. 8.
	Mit 11 Tafetn Abbildungen.
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