ten, mit welcher sie zwar dem Feinde begegneten, doch nicht
ohne dafiir die allerdings milde Schutzherrschaft ihres Verbtin-
deten anerkennen zu miissen. In nahere Verbindung mit dem
Reiche trat Ch. wieder unter Theophilus, als dieser im Jahre
835 einen Statthalter (ocgatyydc) an Stelle des Proteuonten
einsetzte, der linger als cin Jahrtausend die héchste Wiirde
in der Stadt bekleidet hatte. Bedrohlich fiir Ch. wurde dic
zunehmende Macht der Russen, welche besonders seit dem An-
fange des X. Jahrhunderts sich als geféhrliche Feinde des Rei-
ches bewiesen: doch gelang es den Kaisern, Ch. zu retten, in-
dem sie dieselben bald durch Vertrage (941) banden, bald
durch Geschenke abfanden, bald (namentlich Johann Zimisces)
in offener Feldschlacht besiegten, sich auch kliiglich der an-
dern barbarischen Vélkerschaften bedienten, um sie im Schach
za halten. Endlich aber fiel die Stadt, mehr durch List frei-
lich, als durch Gewalt, in die Hande Wladimirs d. Gr., welcher
sie jedoch gleich darauf, nach seiner Bekehrung zum Christen-
Шиш und seiner Vermihlung mit der Kaisertochter Anna wieder
herausgab. Spiter finden wir Ch. als einen Theil des Trapezun-
tischen Kaiserreichs, nach dessen Sinken es zwar die alte Frei-~
heit, jedoch nicht die alte Macht wiedergewann, woran es durch
die Genueser und die von diesen besessenen reichen Handelsplatze
Kaffa und Sudag gehindert wurde; es sank im XV. Jahrh. zur
ginzlichen Unbedeutendheit herab, und im XVI. diente es mit
seinen Trimmern den benachbarten Tiérken zur Herstellung: ih~
rer Hauser, so wie spater noch zum Bau der Mauern und des
Hafens von Sewastopol.

Fiir die Miinzen der Stadt, deren Alteste in die Zeit von
Alexander d. Gr. und deren jiingste etwa ins Jahr 1000 n. Chr.
fallt, ergiebt sich nach Anleitung dieser Geschichtsdarstellung
als naturgemasse und passende Eintheilung die von dem Herrn
Verf. gewahlte in drei Abschnitte, die der Freiheit der Stadt,
die der Rémerherrschaft, und die Byzantinische Zeit.

In die erste Klasse ist die einzige Goldminze und drei und
achtzig Silber- und Kupfermiinzen versetzt, welche den Titel
ddev$éoa noch nicht tragen: sie zeigen am haufigsten, oft in
schoner Arbeit, das Bild der Artemis, welche eine vorztig-
liche Verehrung genoss, bald in ganzer Figur, bald im Brust-
bilde, dann auch Apollo, Herakles, Pallas u.s.w. Nicht ohne
Schwierigkeit ist es, die Minzen unsres Ch. von denen der
gleichnamigen Stadte zu sondern, doch glauben wir, dass die
Bestimmungen des Herrn Verf. keine Berichtigung erfahren
dirften, nur die unter No. 62 aufgefiihrten Kupfermiinze
(Н.5. ХМ ein unbartiger und ein bartiger belorberter Kopf,
nach Art der Janusképfe vereinigt. R. 8S. XHP Lowe, einen
Stier zerfleischend) méchte vielleicht noch zu Zweifeln Anlass
geben. Namentlich das Bild der R. S. ist ohne Beispiel auf den
Minzen sowohl unsres Ch., als auch der benachbarten Stadte,
die Erklarung der H. 8. aber, auf welcher der Hr. Verf. Ar-
temis und Herakles erkennt, eine Erklarung, welche wohl haupt-
sachlich fiir unser Ch. den Ausschlag gegeben hat, . méchte
nicht geniigend gerechtfertigt sein, da die Attribute dieser Gott-
heiten fehlen, der Charakter der Kopfe aber auf einer so klei-
nen, noch dazu nur durch Abbildung bekannten Miinze schwer-
lich entscheiden kann. Auch setzt eine Vereinigung zweier Ge-
sichter zu Einem Haupte wohl immer, wo nicht Eine Persdn-
lichkeit, so doch jedenfalls cine Art Doppelwesen, cine sehr
genaue Beziehung der beiden solchergestalt dargestellten Per-
sonen voraus, die dadurch allein, dass beiden Gottheiten in
der Stadt geopfert wurde, nicht hinlanglich nachgewiesen er-
scheint. Ist aber in diesen Doppelképfen Artemis und Herakles
nicht mit Bestimmtheit zu erkennen, so fallt, deucht uns, auch
der hauptsachlioh fiir die gewahlte Zueignung sprechende Grund
hinweg. Ohne uns an die schwierige Deulung dieser Képfe zu
	Die so reichen klassischen Alterthiimer des sidlichen Kuss-
lands haben in neuerer Zeit vielfach, namentlich in Russland
selbst, gelehrte Erklarer gefunden, bei deren Forschungen auch
den numismalischen Denkmilern dieser Gegend die verdiente
Beachtung zu Theil geworden ist. Die Miinzen des Taurischen
Cherronesos, welche indessen nicht den einzigen Gegenstand
des zu besprechenden Werkes bilden, waren bisher noch wenig
bekannt; Mionnet fihrt deren nur etwa dreissig auf, und wenn~-
gleich Kohler in seinem Serapis eine gréssere Anzahl (drei und
neunzig) beschreibt, so sind doch die von Letzterem bekannt
gemachten, wegen der Seltenheit dieser Abhandlung, so gut als
noch unedirt. Um also nur Ein Verdienst des vorliegenden
Werkes hervorzuheben, fiihren wir an, dass dasselbe nicht we-
niger als hundert ein und funfzig Cherronesische Geprage aus
der vorbyzantinischen Zeit aufzihlt. Wie indess die Betrach-
tung und Erklarung, namentlich der antiken Minzen, soll sie
wissenschaftlich sein, nicht verfehlen kann, auch die tbrigen
Alterthiimer der fraglichen Oertlichkeit mit zur Forschung 2u
stellen, wodurch eins vom andern Licht erhalt, so hat auch der
Hr. Verf. sehr griindliche Untersuchungen nicht nur iber die
Geschichte von Cherronesos, sondern auch tber den Gottes-
dienst, die geographische Lage, so wie tiber einzelne staatliche
Einrichtungen, obrigkeitliche Personen, Inschriften u. dgl. mil
der Erklarung der Miinzen vereinigt. Gestiitzt auf die Ge-
schichte nimmt er zwei Perioden fir die Griechischen Minzen
von Cherronesos an, die der Freiheit und die der Rémerherr-
schaft, und lasst an diese die Byzantinische sich anschliessen.
— Von dem megarischen Heraklea in Pontus gegriindet, er-
wuchs Ch., durch seine Lage begiinstigt, namentlich seitdem
es sich dem Meere naher gebaut hatte, allmahlich zu ansehn-
lichem Reichthum, bis es, durch haufige Einfalle der Skythen
gendthigt, sich in den Schutz des Pontischen Kénigs Mithrada-
tes VI. begab, der jedoch seinerseits in dem Kampfe gegen das
kithnen Fluges zur Weltherrschaft sich emporschwingende Rom
unterliegen musste, worauf seine Cherronesischen Schittzlinge
sich den von Pompejus gefiihrten Siegern unterwarfen. Wie
die meisten der den Rémern gehorchenden Vélker, so wurden
auch die Cherronesier eines milden Looses theilhaflig, und er-
hielten, wahrscheinlich durch den Triumvir M. Antonius (718
Roms) den Titel einer freien Stadt (die gdevPeeie), womit je-
doch bekanntlich nicht eine ungeschmalerte Selbstandigkeit
verbunden war. So blieb die Lage der Stadt eine unverdndert
ruhige und friedliche, bis Hadrian, zur besseren Vertheidigung
gegen die andringenden Barbaren die Reichsgranzen einschran-
kend, auch aus Ch. seine Besatzung herauszog, wodurch dasselbe
der That nach frei ward, wenngleich es Abgaben zu entrichten
fortfuhr, bis es von Constantin I. mit der avédece (Abgaben-
freiheit) beschenkt wurde. Die Macht der Stadt, welche von
nun an unter dem Namen Cherson vorkommt, erstarkte mehr
und mehr, vorztiglich in Folge des Verfalls des Bosporischen
Reiches, und durch gliickliche Kriege, die sie, als Roms treue
Bundesgenossin, gegen die benachbarten Barbaren fiihrte, bis
diese, wie der einst allgewaltigen Weltstadt, so auch (im VI.
Jahrhundert) Ch. iiberlegen wurden, und ihm eine seiner Be-
sitzungen nach der anderen raubten. Hauptsachlich ihren fe-
sten Mauern, einer klugen Politik und der Unierstiitzung der
Kaiser, welche die wichtige Grenzstadt nicht preis geben konn-
ten, hatten die Ch. ihre Freihcit vom Joche der unter den ver~
schiedenen Namen der Hunnen, Avaren, Bolgaren, Petschene-
gen u.s. w. an ihnen voriiberziehenden Barbaren zu verdanken.
Doch auch dies friderte sich, als die Einwohner von Ch., um
sich gegen den blutdirstigen Justinian II. Rhinotmetus zu schittzen,
der schon einmal ihre Stadt mit ausgesuchter Grausamkeit ver-
édet hatte, sich bei dem Chasaren-Chagan Hiilfe erbitten muss-