вт AA,
Settle.
Organ
der deutSchen Kunstvereine,
	4eitung
fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Dusseldorf! — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
	redigirt von Dr. F. Eggers in Berlin.
	 

 

„Ле 33. Montag, den 19. August. 1850.
	Die Reformen unserer Zeit in der Kunstverwaltung.
(Schluss.)
	I Dresden sind, wie uns berichtet wird, in neucrer Zeit
gréssere Reformen weder gemacht, noch in Aussicht gestellt.
Dort besteht aber auch schon seit einigen Jahren ein ,Verein
selbstandiger Kiinstler “, welcher, gewissermassen als ein zwei-
ter Factor der dortigen Kunstwelt, belebend und erganzend
vorziiglich da einzugreifen pflegt, wo es gilt, die allgemeinen
Kunslinteressen, so weit deren Beriicksichtigung ausser dem
Bereich der Akademie als einer kéniglichen Anstalt liegt, zu
beférdern. Der grésste Theil der Mitglieder des akademischen
Rathes gehdrt diesem Verein an. In manchen Fallen, wo eine
Vereinigung zwischen Akademie und Verein nitzlich erschien,
	ist dieselbe eingetreten, auch werden zur Ausstellungscommis—
	sion einige Mitglieder des Vereins hinzugezogen. Nun hatte
dieser letzlere schon auf vier Landtagen eine Petition einge-
reicht, deren Hauptinhalt auf die Aussetzung einer Summe
(5000 Thir.) im Staatsbudget fir Werke der Malerei und Bild~
hauerkunst ausging. Erst die letzte Landesversammlung nahm
in beiden Kammern den Antrag an, die Petition zur sorgfal-
tigen Erwigung an die Regierung zu beférdern. Auch ist be-
reits entschieden worden, dass die Halfte von den Einktinften
der Akademie, die sie von der Ausstellung bezog, und die bis~
her zu akademischen Zwecken verwandt wurde, kiinftig zum
Ankauf von Kunstwerken mit Ricksicht auf eine Nationalgalerie
dienen soll, wodurch die durch die Werke der Kiinstler er-
worbene Summe auch diesen wieder zu Gute kame und zugleich
hohere Zwecke beférdert wirden.

Auch in Wien hat jetzt das Ministerium des Cultus und
Unterrichts die Reformfrage in seine Hand genommen, Bera-
thungen eréffnet und ‘Vertrauensmanner um sich versammelt,
denen es eine Denkschrift vorgelegt hat, in deren Eingang ein
besonderes Gewicht auf die Sorge fiir eine griindliche Kunst-
bildung gelegt wird, welche nicht nur den Ktinstlern von Fach,
sondern auch den Gewerbleuten und Industriellen zu Theil wer-
den miisse.

»Soll jedoch dieser Zweck erreicht werden‘, wird aus
Wien geschrieben, ,sS0 ist vor Allem dafiir zu sorgen, dass
seine Thatigkeit keine vereinzelte bleibe, dass das Ministerium
des Unterrichts und insbesondere das der Baulen, im Einklange
mit den Grundsitzen handle, welche im Kunstunterrichte adop-
	lirt werden, dass alle Aeusserungen der ministeriellen Thatig-
keit Zeugniss abgeben von der Achtung, die dem Kistler von
Talent zu Theil werden soll.

Die Vorschlage, welche in der eben erwahnten Denkschrift
niedergelegt sind, betreffen theils die kais. Akademie der bil-
denden Kinste in Wien, theils die zur Erzielung eines gedie-
genen Kunstaufschwunges in der ésterreichischen Gesammtmo-
narchie néthigen Massregeln. An der Akademie der bildenden
Kiinste, als Malerakademie unter Kaiser Leopold I. begrindet,
galten bis jetz) Statuten, welche im Jahre 1812 unter Franz I.
gegeben wurden. Nach diesen sollte die Akademie nicht bloss
Kunstschule, sondern auch Kunstbehérde und Kunstgesellschaft
sein. Als Kunstbehérde sollte sie (§. LV.) berufen sein, Gut-
achten in Kunstsachen oder bei 6ffentlichen Denkmdalern abzu-
geben; als Kunstgesellschaft stand ihr nicht nur das Recht zu
jahrlichen Versammlungen, zur Aufnahme von Kunst- und Eh~
renmitgliedern, zur Abhaltung einer alle drei Jahre wiederkeh-
renden Kunstausstellung, sondern auch (§. XLVII.) die Pflicht
zu, alle zu ihrer Kenntniss gelangten Beobachtungen iber die
Fortschritte der Kiinste, tiber neue Erfindungen, tiber Vervoll-
kommnung in den Kiinsten und ihren Hiilfsmitteln, der Akade-
mie als Lehranstalt anzuzeigen, gegenseitig erworbene theore-
tische oder praktische Kenntnisse milzutheilen, und tiberhaupt
gemeinschaftlich zur Aufnahme der Akademie und zur Befér-
derung der National-Industrie zu wirken. Aber weder als
Kunstbehérde, noch als Kunstgesellschaft hat die Akademie einen
guten oder bedeutenden Einfluss ausiiben kénnen. Als Kunst-
gesellschaft fehlten ihr insbesondere jene geistigen Capacitaten,
die ihr eine Richtung, jene Theilnahme fiir Kunst im Volke,
die ihr eine breite Unterlage hatten geben kénnen. Die Studien
iiber vaterlindische Geschichte, Alterthumskunde und Kunstge-
schichte wurden im gesammten Unterrichtssysteme vernachlas-
sigt, oder, wenn sie von einzelnen Privaten gepflegt wurden,
nach einer Richtung hin bearbeitet, die, wie jetzt die ezechischen
oder magyarischen Bewegungen zeigen, im Sinne einer fide-
ralistischen Politik, einer Aversion gegen Wien und das deut~
sche Element, wirkte. Als Kunstbehérde war ihre Wirksamkeit
weder erspriesslich, noch oft in Wirksamkeit; am Ende ge-
schah immer, was man oben wollte, und wenn der Fall eines
Conflictes zwischen einem héheren Willen und der sehr geschmei-
digen akademischen Behérde eingetreten ware, so hatte man
sich — da die Akademie in der 6ffentlichen Meinung keine
	Wurzeln hatie — am Ende auch um die Einsprache der Aka-
33