zeitig an drei verschiedenen Orten, einmal mit ciner viel Gutes
enthaltenden geschichilichen Abhandlung tiber den Todtentanz
von Adolf Ellissen (bei Dieterich in Géttingen), sodann im sel-
ben Jahre (1844) mit Randzeichnungen von Georg Osterwald
(bei Heberle in Céln, Bonn und Brissel), endlich im reinsten
Gesammtabdrucke auf Einem Blatte [bei Rudolf Weigel in Leip-
zig und Lédel selbst in Géttingen]*). Hier erst tberblickt man
die treffliche Leistung, die ausserordentliche Treue des neueren
Kiinstlers. Die eben genannte Ausgabe der Lédelschen Nach-
schnitte bei Heberle etc. in Céln, durch deren Giite mir, nachdem
ich bereits einen gewéhnlichen Abdruck gekauft hatte, einer
der 6 (sage sechs!) Abdriicke auf chinesischem Papiere vor-
liegt, zeigt auch selbst in diesem die Abdriicke nicht mehr in
solcher Reinheit und Scharfe, wie in jenen ersten Abztigen der
géttingischen Ausgabe. Vielleicht sind hier Abklatsche im
Spiele, iiber deren wahrscheinliches Vorhandensein schon in
Holbein’s Zeit ich mich ein anderes Mal aussprechen werde.
Jene CéInische Ausgabe umrandet die holaschnittlichen
Todtentanzbuchstaben und die oft sonderbar dazu treffenden
biblischen Spriche mit Steinzeichnungen, deren untere
wie Seiten-Felder mehrfach dem grésseren holbeinischen Tod-
tentanze (bei A und N; bei D. E. Q), der holbeinischen Dolch-
scheide (bei l. K = X.Y) u.s. w. nicht nur ,im Stile Hans
Holbeins gehalten,“ vielmehr wértlich entnommen wurden. Je~
ner bekannten Dolchscheide begegnen wir tbrigens unter An-
derm auch, recht sauber verjtingt in Holz geschnitten, unter
einem neuen mehrfach gelungenen Todtentanze in einem Ber-
liner Kladderadatsch~Kalender der letzten Jahre. Mehrere der
im K6élner Werkchen dem umrandenden Kistler wahrscheinlich
selbst anheimfallenden Gebilde oder Gestalten sind sehr modern
und selbst verfehlt; sinnig hat uns dagegen ein kleines beim N.
erscheinendes Feldchen angesprochen, in dem der Tod, im
Schilfe und Wasser stehend und an eine hohe Treppenmauer
gelehnt, mit unterschlagenen Armen ruhig abwartet, dass ein
oben steckenreitendes kleines Kind die Treppenstufen zu ihm
hinabgelangt sein werde. —

Schlotthauer in Miinchen hat bekanntlich den grésseren
holbeinischen Todtentanz durch Steindruck (und zwar mei-
sterhaft) wiedergeben lassen: die Dessauer~Braunsche Schule
(der Fliegenden Blatter) fir den Holzschnitt hatte sich in
Minchen noch nicht aufgethan und ware auch die Frage, ob
diese den Anforderungen der Gegenwart huldigende und treff-
lich dienende Kraft zu der stillen Hingebung befahigt ware,
welche solche Nachahmung dlterer Holzschnitie und zwar wie-
der durch den Holzschnitt fordert. Freilich sind es bis jetzt
eben auch nur die ausgezeichneten Leistungen Holbeins oder
vielmehr seines Formschneiders Hans Litzelburger, welche
zu Solchen bewundrungswiirdigen Nachahmungen, man darf wohl
sagen, begeistert haben, denn solche stille Arbeitstreue ver-
langt auch Begeisterung.

Die mehrgenannten Rethelschen Holzschnitte haben be-
wiesen, was der Holzschnitt, der in Kalendern fir (und wider)
das Volk den Steindruck fast verdréngt hat und in Pfennig-
magazinen und Viewegschen Lehrbichern glicklich und gelungen
herrscht, auch im Grossen und in ktihnen Schnitten Selbstan-
	1) Dies Erscheinen eines und desselben Werkes gleichzeitig ш @ге! уег-
schiedenen Handlungen, noch mehr das Vereinigen zweier Buchhandlungen
zu einem und demselben Unternehmen (wie zu den oben genannten ,,Bil-
dern des Todes oder Todtentanz far alle Stande“ yon L. Merkel und Flegel
Wilh. Engelmann und Rudolf Weigel sich verbanden) gemahnt an
die Krafteverbindung der grossen Baseler Druckherren zu Holbeins und
Erasmus Zeit, Froben, Bebelius, Cratander, Isengrin, H. Petri, Herwagen
eic., wie z. В. Galeni Opera. Basel 1538. fol. bei Andr. Cratander, Hernagen
und Joh. Bebelius (,,socii in hoc opere“) erschienen.
		in Auvergne, welches Jubinal 1841 abgebildet herausgab und
dem 15ten Jahrhundert zuschrieb. B. macht S. 58 darauf auf-
merksam, dass hier zwei Todtentanze aus verschiedenen Zeiten
zu Tage kamen, Reste eines alten (aus dem 13. oder 14. Jahrb.)
und eine unvollendete Erneuung. Meine Besprechung dessel-
ben Todtentanzes und seiner inmneren Beziehungen zu deutschen
Todtentanzen (auch in Betreff der trois vifs et trois morts) im
Зегареит 1847 п. 9 ($5. 129139) war Bechstein wohl ent-
gangen. Eben so meine Nachweisung eines bisher ganz unbe-
kannten deutschen Todtentanzes (gleichfalls im Serapeum 1849
п. 20. 5. 305—314), des zu Litbeck 1520 gedruckten mit ginz~
lich neuen Zeichnungen oder Holzschnitten und Reimsprichen,
die aber beide in einem von Nyerup in seinen Almindelig Mor-
skabsleesning i Danmark og Norge (Kopenhagen, 1816. 8.) be-
sprochenen danischen Drucke (zwischen 1530— 1540) wieder-
kehren, so zwar, dass der danische Text ohne Zweifel jenem
deutschen von Litbeck entnommen wurde.

Unter No. VII. bespricht B. meine Ausgabe der. Basler
Todtentanze (in Klein—-Basel oder Klingenthal und in Gross~
Basel), unter No. IX. die dazu gehdrige Abhandlung des Pro-
fessor F. Fischer in Basel ,Ueber die Entstehungszeit und
den Meister des Grossbaseler Todtentanzes,“ in welchem Je-
ner, auf viel Schénes und Scheinbares sich stiitzend, wieder
Holbeins Meisterschaft erkennen will. Da mir dieselbe durch
die Freundlichkeit des Verfassers zugegangen, so war ich schon
in Begriff sie 6ffentlich zu besprechen, als ich in No. 32 dieses
Kuristblattes die Entgegnung des Hrn. P. Vischer von Basel
las, der im Kunstblatt 1838 n. 50—54 und ofter so gesund in
der Todtentanzfrage aufgetreten ist. Jene Entgegnung, der im
Allgemeinen Intelligenzblatte der Stadt Basel von 1849 n. 286
eine kurze vom selben Kunsikenner P. Vischer, wie in No. 288
von FE. Fischer vorhergegangen war, iberhebt mich aller
Weiterung. Ich habe in meiner Geschichte der Baseler Tod-
tentinze und sonst die Thatsache geltend gemacht, dass Holbein
offenbar und ganz zwei Gestalten des Todes aus dem Gross-
(und Klein-)Baseler Wandgemalde in seinen Holzschnitt-Tod-
	tentanz heriibergenommen habe: das erklart sich aus tieferen.
	Griinden; weit schwerer aber gewiss, dass sich ein so selb-
stindiger und reicher Kistler wie Holbein zur todten Ueber-
tragung des alten und kunstlosen Klingenthaler Bildes hatte her-
geben und, wo derselbe umgestaltet erscheint, ihn zum Theil
so durchweg unholbeinisch sollte behandelt haben.

Unter No. III. bespricht B. den auf grosse Leinwandfelder
gemahlten Luzerner Todtentanz von Jacob von Wyl, dem
Patricier und Maler Luzerns, der 1621 starb; den die Gebriider
Eglin (durch Unterzeichneten einst angeregt) im Jahre 1843
daselbst in klarer Steindrucknachbildung herausgegeben haben.
B. hat schon bemerkt, dass die Herausgeber sich aber diesen
Todtentanz in Betreff der Selbstandigkeit seines Verfassers
mehrfach im Irrthum befanden. Ich hatte ihnen seiner Zeit
schon nachgewiesen, dass jener wie die Wandgemilde zu Con-
stanz, Fiiessen etc., nach einer gedruckten Mechelnscheu Aus-
gabe des Baseler Todtentanzes gefertigt wurde. Uebrigens sind
die Gestalten jenes Luzerner Todtentanzes (nicht des auf der
Spreuer -Bricke daselbst, der von Merlinger, des Obengenann-
ten Schiiler stammt) gefallig, die Wiedergabe in Steindruck
(der eigentlich schon 1839 erschien) getreu und gelungen.

Unter No. XIII. endlich kehrt B. zu Hans Holbein’s Tod-
lentanzen zuriick, indem er die von Heinrich Lidel bewun-
drungswiirdig nachgebildeten Initialbuchstaben mit dem klei-
nen und feinen Todtentanze nach Hans Litzelburgers
Holzschnitten bespricht. Holbeins Geist, Litzelburgers Geschick,
Beider Glick scheint auch hier, in diesen Urenkel-Nachbildungen,
nachzuwirken. Die Lédelschen Holzschnitte erschienen sleich-