Form nach, in jener Richtung, welche die katholische Kirche  
vorzeichnet, und die von streng katholischen Kiinstlern in der
Meinung ausgebildet worden ist, damit dem Wesen nach der
katholischen Kirche zu dienen. Unter den ausgestellten Gemal-
den sind drei in der Grosse gewohnlicher Altarbilder und stellen
eine Himmelfahrt der Maria, den h. Georg und die h. Fran-
ziska dar, zwei kleinere Christus in Emmaus und die Flucht
nach Egypten. — Wenn die kathol. Kirche an die Kunst die For-
derung stellt, sich ihren Grundsdizen unterzuordnen, die Tra-
ditionen der Kirche zu wahren und nicht mit individuellen Ten-
denzen den Standpunkt zu verriicken, den sie einmal eingenom-
men hat und mehr als jede andere Kirche zu wahren gendthigt
ist, wenn der Kiinstler aus religiéser Ueberzeugung oder aus
Griinden, die in der Natur der Sache liegen, sich der Kirche
unterordnet, so ist dagegen nichts einzuwenden, wenn man den
Katholicismus nicht negiren, oder jene Richtung der Kunst in-
nerhalb der katholischen Kirche nicht besonders hervorheben
will, welche in ihrem Gange sich selber unbewusst den Kreis
der kathol. Kirche iiberschreitet. Wenn aber Kistler versuchen
wollen, das Dogma auf die Palette zu tbertragen, die Grund-
satze des tridentinischen Konziliums, in die der ktinstlerischen
Composition zu tbersetzen, und sich eine Art katholischer
Kunst zurechtlegen, —- wie man sich in hdheren Kreisen einen
eigenen kathol. Kultus gebildet hat, von dem der gesunde Kern
des katholischen glaubigen Volkes eben so wenig etwas wissen
will, als der gesunde kathol. Kistler von diesen Kunstrichtun-
gen — sO muss man gegen ein solches Verfahren im Namen der
Kunst Protest einlegen. Dass die Kirche dagegen protestiren,
d.h. sich bald nach Kinstlern umsehen wird, die lebendig auf
das Volk zu wirken verstehen, das liegt zu sehr in der Natur
der kathol. Kirche, als dass sie es tiber kurz oder lang zu thun
unterlassen wiirde. Wenn aber diese Richtung, welche wir eben
andeuteten, tberhand nehmen sollte, so kamen wir bald dahin,
statt Individualitiéten und lehensvollen Gestalten, Abstractionen,
colorirte, oft schon colorirte Schemata zu erhalten, deren Typus
man aus den Schépfungen einer vorrafaclischen Zeit entnommen.
Die Strenge, mit der man jetzt in der Kunst zu Werke geht, hat
schon langst ihr Mass erreicht und einen Grad von Niichtern-
heit und Zaghaftigkeit in die Kunstwelt hineingeworfen, der chen
so wenig etwas taugt, als der Leichtsinn und die Entfernung
vom dcht-kirchlichen Geiste, wie wir es vor finf Jahrzehnden
bei Kirchengemalden gesehen. — So viel im Allgemeinen tber
die Richtung, in welche speciell die Werke von Blaas gehéren,
Was nun seine Leistungen selbst betrifft, so gehdren sie mit
zu dem besten, was in dieser Richtung geleistet worden ist. Er
tberfliigelt weit eine Menge von Kiinstlern, die besonders her-
vorgehoben werden. Kandler, der die Zahl jener Kiinstler ver-
mehrte, denen Rom wenig geniiizt hat, ist durch Blaas ganz in
den Hintergrund gedringt worden. Wie wenig hier aber eine
Kunstrichtung,, die nicht auf einer lebendigen Lebens- und Na-
turanschauung beruht, Eingang findet, zeigt das allgemeine Ur-
theil itber diese Werke; man findet sie in ihrer Art vortreff-
lich, aber die Art selbst verwirft man. Sie ist nicht deutsch
und nicht walsch, thut fromm und naiv, in einer Zeit, wo man
nur der Glut der Empfindung wahre Frémmigkeit, und denen
am allerwenigsten Naivetat zutraut, die mit viel Raffinement in
der Technik zu Werke gehen. Dabei ist die malerische Be-
handlung der kleineren Gemalde wenig geniigend.
Dintenberger, ein Kistler, den man vordem auf dem-
selben Boden traf, auf dem sich Blaas bewegte, hat sich ein
anderes Gebiet seiner Wirksamkeit gesucht, — die moderne
Geschichte. In dieser sucht er nicht nach Handlungen, sondern
nach geistigeren Resultaten, nach Allegorieen, wenn man sie
so nennen will, im romantischen Gewande. Eines stellt die
	Achilleus* besitzt die Berliner Akademie das zweite Original
in Aquarell, wahrend der Stich nach einer fritheren Kreide-
zeichnung gemacht ist. Die Aquarelle zeigt die Vorziige und
Mingel des Kiinstlers in liebenswiirdigster Vermischung, jene
edle Naivetat, der es so sehr auf Aeusserung ihres Gedankens
ankommt, dass sie ihrer kleinen Unbeholfenheiten in Anwen-
dung der Darstellungsmittel nicht gewahr wird, oder nicht achtet.
Das lichte, schlichte Colorit, das in einfacher Ruhe die Gruppe
belebt, verdeckt manche Mangel, die in unserem Stich zu Tage
kommen. Aber wer wird nicht einen solchen Willen gern
fir die volle That nehmen! — Das dritte Blatt ,,die Geburt des
Lichts“ nach einem phinicischen Mythus, ist eine grandiose
Composition von michelangelesker Kihnheit, durchgebildeter in
den Formen und durch die Gegensitze der mannlichen Urkraft
mit der grossartigen Schonheit des Weibes und aller lieblichen
Frische ihres Erzeugien héchst bedeutsam. — Die Darstellung
des vierten Blattes ,die Parzen* halten wir fiir das Vollen-
detste, was dieses Heft bietet. Eine fast schauerliche Erha-
benheit iritt uns hier entgegen, am starksten in der Geberde
der Atropos, die den Schicksalsfaden mit einem Schrei zerreisst.
Und wie hat echt antike Grazie auch hier das Dimonische ge-
mildert !

Die Einleitung schliesst mit den Worten: ,,Es ist nun nichts
weiter als giinstige Aufnahme und freundliche Mitwirkung von
Kinstlern und Kunstfreunden bei Verbreitung dieses ersten
Heftes zu wiinschen, die den Unternehmer bestimmen wiirden,
frisch an die Fortsetzung zu gehn.“ Wir schliessen uns die-
	sem Wunsch im aufrichtigen Gefihl seiner Berechtigung an.
Wineenz.
	“Zeitung.
	Miuffeldvort, im August. Von der Verlagshandlung Arnz
& Comp. hierselbst diirfen wir naichstens die Herausgabe eines
Werkes erwarten, welches nach den uns vorliegenden Notizen
besonders fiir die Kunstwelt interessant sein wird. Es ist ein
» Diisseldorfer Kiinstlerkalender“, der ungefahr in der Form
und Art der bekannten Diisseldorfer Monatshefte, nur feiner
und reicher ausgestattet und an Stelle flichtiger Skizzen mit
ausgefiihrten, in verschiedenen Ténen gedruckten Lithographieen
geziert, aus artistischen und poetischen Gaben bestehen wird.
Zunaichst soll ein von Scheuren componirtes Blatt den Titel
enthalten; auf dieses werden die Compositionen der zwélf Mo-
nate folgen, simmilich von Disseldorfer Kinstlern ausgefihrt.
Wir erfahren durch die Giite der Verlagshandlung, dass J or-
dan, Achenbach, Des Coudres, Fay, Camphausen,
Hildebrandt, Mintrop, Lentze, Lessing, Ritter, Ti-
demand, v. Schadow diesen Theil des Werkes tibernommen
haben. Ausserdem folgen noch Gedichte und Erzahlungen, die
mit reichen Illustrationen geschmiickt werden sollen. Wenn die
Ausfiihrung dem Plane entspricht, so wird eine rege Theilnahme
dem Werke gewiss nicht fehlen, auf das wir vorlaufig schon
gufmerksam machen wollten. kL.
	* Wien, 17. Juli. Hier fangt es in der Kunst an, wieder
lebendig zu werden. Von allen Seiten zeigt sich eine Thatig-
keit, die ein erfreuliches Zeichen einer wiederkehrenden beru-
higteren Stimmung in jenen Kreisen kund giebt, denen die Pflege
der Kunst zur Lebensaufgabe geworden. Kaum sind Kandler’s
бете hier ausgestellt gewesen, als ein anderer Kinstler,
Carl Blaas, seines Vaterlandes ein Tyroler, mit einer Reihe
historischer Gemalde hervortritt, die er in den letzten Jah-
ren in Rom vollendet. Die ausgestellten Gemalde sind ohne
	Ausnahme kirchlicher Natur und ganz, ihrem Inhalte wie threr