nologische Uebersicht der Graber auf beiden Seiten des kim- merischen Bosporus. — B. v. Kéhne: Ueber die im Russischen Reiche gefundenen abendlandischen Miinzen des X., XJ. und XII. Jahrhunderts. (Art. 2.) — Derselbe: Ueber die Herrschaft und die Numismatik der genuesischen Familie Gatelusio auf Lesbos. — F. A. Vossberg: Danziger Minzen unter der Regierung August’s III. (Forts.) — Miscellen. Neueste Denkmiinzen. Neue- ste Current-Miinzen. Neueste Literatur der Minzkunde. Cdunstvereine. der Bologneser Galerie, fallt, vergleichen. Dieselbe Grazie der Be- wegung zeigt sich, so namentlich in den zierlich geschwungenen, lang- geformten Fingern; so wie derselbe Werth des Colorites, in der fei- nen, aber bewussten Unterscheidung der Localfarben, der Kindheit, der Jugend, des mittleren und héheren Alters nicht nur, sondern auch der wohlgewahlten Gegensdtze in den Gewandfarben, wodurch jede Partie, unbeschadet ihres Verhdltnisses zum Ganzen, auch eine be- stimmte individuelle Geltung erlangt, vergleichbar den einzelnen Mu- sikstiicken einer grossen Oper. Hierdurch werden dem Beschauer die Haupttheile der Gruppe tberschaulich und fasslich gemacht, ehe er sich den Einzelheiten zuwendet. Unter den lebensgrossen Halbfiguren behauptet Julius Schra- der’s Bild ,die Téchter Jephtha’s“ einen vorzdglichen Rang; wenn- gleich, neben Decaisne, seine Fleischfarbe, namentlich in den Lich- tern, noch ein wenig materiell, auch das eigentliche historische Ele- ment als der schwachere Theil erscheint; aber die Charaktere sind zum Theil unmittelbar aus der Natur hergenommen, es ist ihnen der Reiz der Individualilat gegeben. In tichtiger Modellirung, mit genahrtem Farben - Auftrage, ist sowohl Carnation als Gewandung behandelt , letz- tere nach Weise der Venetianer durch Lasuren, zu energischer Glut der Farbe erhoben. Minder spricht es, wegen mangelnder Luftreflexio- nen, sich aus, dass die Scene im Freien vorgeht. Das tiefe Grin der Landschaft thut dem Auge wohl; aber der Himmel, in seiner Dunkel- heit, scheint zu absichtlich dem Lichte der Hauptgruppe geopfert. »Gegend von Velletri*, von Benouville. Nicht den outrirten, conventionell-orangegelben Ton, der der Italianischen Natur herkémm- lich gegeben wird, zeigt sein Bild; sondern es gieht den Begriff des wahren Tageslichtes, das nach denselben oplischen Gesetzen den gan- zen Erdkreis erhellet. Unser Bild muss lange und aufmerksam be- trachtet, es muss studirt werden. Der bis zu tauschender Wahrheit erhobene, lichtblane Aether konnte zu solcher Wirkung nur gelangen, indem der Kanstler ihn am Horizonte concentrirte, unter der gleich- sam ein Gewdlbe bildenden dunkeln Wollkendecke. Dem Thale im Mittelgrunde, welches in einer Tiefe und Kraft des Tones dargestellt ist, von Deutschen und Niederlandischen Landschaftern kaum im Vor- grunde gewagt, steht die so kraftige als originelle Baumgruppe in einer Einfachheit entgegen, der das Bewusstsein des Kinstlers ihre héchste Concentration in der glatt spiegelnden Wasserflache des Vordergrun- des gegeben hat. Referent muss frei bekennen, dass er Bilder wie die- ses und den Decaisne, jedes in seiner Art, noch nicht von neueren Kénstlern sah, wenngleich frither in Italien gemalte Bilder Benouville’s zu grossen Hoffnungen berechtigten, tberall tiefes Studium, gediegene Vollendung des Technischen zeigend. In gewisser Hinsicht kénnte Kaufmann’s ,Sognefiord“, in grossartiger Einfachheit der Grinde ndmlich, mit jenem Bilde verglichen werden, obgleich ein ganz anderer Gegenstand, also ganz andere Betonung. Bei den im Ganzen befriedigenden Verkaufs-Resultaten der Aus- stellung drangt sich die Wahrnehmung auf, dass Bilder, welche das grosse, sowohl! gebildete als vulgaire, Publikum vorzugsweise, meistens durch ihre mit Tagesrichtungen oder auffallenden Ereignissen verwandte Tendenz, interessiren, nicht leicht Kaufer finden. Abgesehen von eini- gen Bildern, welche allgemein menschliche, sinnliche Interessen, mit sehr massigem Kunstvermégen, anekdotenartig behandelten, sind durch- schnittlich solche Werke angekauft worden, denen ein acht. maleri- sches Motiy zum Grunde liegt: so dass die Kaufer, in geisliger Ver- wandtschaft mit den Malern, zur Kategorie derer zu gehdren scheinen, welche in Bildern dasjenige am hdchsten schitzen, was die Sprache nicht geben kann: die Weihe der Stimmung in derjenigen Richtung des Gemiilhes, die durch Téne und Worte sich nicht befriedigen 19551. Aus einem Bericht tiber die Mamburger Ausstellung in den »Hamb. w. Nachrichten“ geben wir folgende, einige der bedeutend- sten Bilder charakterisirende Auszige: » Das Todtenmahl der Girondisten“, von K. Teichs, ist ein Bild ernstergreifenden, ja man dirfte wohl sagen verletzenden Eindruckes ; hier ist die Grénze des Malerischen; selbst dieser Gegenstand wirde vielleicht mehr zu einem Carton, als fir ein Gemialde geeignet sein, um so mehr, da der Kinstler ganz der Gewalt des Gedankens seinen Geist zuwendend, das Detail, selbst die meisten Kopfe, nicht mit Liebe durchfihrie, welche man ungern in einem solchen Werke vermisst; aber die Charaktere sind mit Feuer und Lebendigkeit wiedergegeben, welches, da den meisten nur conventionell gestellte Portraits zum Grunde gelegt werden konnten, keine leichle Aufgabe war. Inmitten der Tafel prasidirt Verginaud, ein Mann von ausserordentlichem Rednertalente, der vergeblich den alles durchbrechenden Strom zu dammen versuchte, der ihn und seine Partei in den Abgrund riss. Ihm zur Linken sitat Gensonné, auch einer der Hauptfihrer, ernst und sinnend, eine kraf- tige Gestalt. Der Pralat links, vorn im Bilde, den Kopf der Leiche Velazé’s betrachtend, bildet eine wohl angeordnete Vordergrunds-Par- tie, der gegenitber Duperret und Carra, mit weniger Wirde und min- der glicklich gestellt, das Gleichgewicht geben. Neben ihnen, auf dem Tische, Crucifix und Todtenschadel. Durch den Kampf des zur geOffneten Thér hereinbrechenden Morgenlichtes mit den tiefherabge- brannten Kerzen, empfangen die wbernachtigen Gesichter dieser un- glicklichen Opfer einer halben Politik gegeniiber der Entschlossenheit der Umsturzpartei ein geisterhaftes Ansehen. Bittel und Wache in der, gegen die Morgensonne gedffneten Thar der Conciergerie schlies— sen diese schauerliche Scene. »Die Charitas* von Decaisne, Der Kinstler scheint geschwankt zu haben, ob er die grossartig schéne Franengestalt, welche ihr Kind auf dem Schoosse halt, wohl zur Madonna stempeln dirfte, als Tré- sterin der Bedrangten, welche sich ihr in Verehrung nahen (der Schein auf ihrem Haupte, die alte, gebrechliche Mulattengestalt bittend im Vordergrunde, lisst an die Madonna denken), oder gegeniber der selbsthewussten, antiken Ruhe, der Fille des Selbstgeniigens, welche auf ihrem Antlitze, auf ihren schoénen Gliedern thront, hier die Be- wunderer mitterlichen Glickes durch Personen in allen Lebensaltern ohne engere , religidse Beziehung darstellen wollte. — Das erfolgreiche Gebieten itber die Mittel der Darstellung, welche uns dieses Bild er- schauen lasst, ist nur in einer Kunstperiode zu erreichen méglich, welche schon nach allen Richtungen hin ihre Krafte geitbt und gestarkt hat, und wo bereits die Kunstjinger sich dasjenige aneigneten, was ihre Meister, die Kunst aus dem Verfalle emporrichtend, kaum mihsam wahrend ihrer ganzen Laufbahn erwerben konnten. In der ganzen Darstellungsweise mochten wir dies Bild mit den Arbeiten Guido Reni’s aus seiner besten Zeit, worin sein bethlehemitischer Kindermord, in Leipziger HMunstauction. Das Verzeichniss von Kupferstichen, Handzeichnungen, Kuplerwerken, Holzschnittbichern, Kunstbiichern u. 8. w., unter welchen sich eine Menge der vorziglichsten Blatter befinden, deren 6ffentliche Versteigerung am 23% Seplember zu Leipzig Rudoiph Weisel, stattfindet, ist durch jede Buch- und Kunsthandlung zu beziehen. Verlag von Rudolph und Theodor Oswald Weigel in Leipzig. — Druck von Gebr. Unger in Berlin,