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	Organ
der deutschen Kunstvereine.
	Dewiiches
	Aeitung
	fiir Dildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfur  — Waagen in Berlin — Wiegmann in Dusseldorf! — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — Frster in Miinchen — Hitelberger v. Edelberg in Wien
		Je SA.
	redigirt von Dr. F. Eggers in Berlin.
	Montag, den 26. August.
	Abermals Todtentinze und was daran hanet.
	(Fortsetzuns. )
	anzuerkennende Leistung der Breitkopt-Hartel’schen Druckerei)
sich Pest (iiber den Dachern der Stadt mit Fledermausfliigeln,
Sense und Todesschidel hinfliegend) — Hunger (der Tod,
neben der reifen, aber von Sturm und niederstrémendem Regen
niedergedriickten Saat auf seine Sense gestiitzt, die Arme ver-
schrankt, in seine knécherne Linke beissend) — Krieg (der
Tod, hektorisch behelmt, auf einer fortrollenden Kanone sitzend)
— Sdugling (der Tod unter Mohnranken wiegt ein Kind ein,
dem er dazu auf der Laute spielt) — Kind (der Tod unter
Disteln mit Ruthe und Brille auf dem Schulkatheder vor dem
beschimten Madchen stehend, wahrend zwei Knaben auf der
Schulbank eifrig schreiben) — Jungfrau (der Tod rafft die
verzweifelnde Jungfrau aufwarts, die der Jiingling vom Boden
sich erhebend zurtickreissen will) — Eitelkeit (der Tod unter
Rosenranken schniirt der vor dem Spiegel Stehenden das Schniir-
	) leib fir immer 24) — Тапреп (аег То@ geigt unter Wein-
	laubranken vom Fasse herunter dem bei ihm vortibertanzenden
Paare auf, von dem der Jiingling offenbar erbleicht) — Kup-
pelei (der Tod als Buhlerin tritt zur armen Unschuld ein und
bietet der Zégernden Geld, wahrend der Verfiihrer aussen harr!)
— Saufen (Tod und Student trinken Schmollis, Arm in Arm
verschlungen, dieser trinkt sich den Tod) — Spielen (der
Alles verloren habende Spieler bricht zusammen, der Tod hat
gewonnen Spiel, er hat nichts als As vor sich) — Duell (der
Tod als Secundant hebt dem vom Gegner Getroffenen die Klinge
auf) — Aufwiegler (der Tod auf der Tribiine der Tonne
stehend schiirt die ihm zusterbende Menge zum Angriffe) —
Delinquent (der Tod ist Scharfrichter)— Selbstmord (der
Tod sitzt auf Queckenboden im Wasser und schaut ruhig dem
Verzweifelnden zu, der mit verdeckten Augen vom schweren
Steine ins sumpfblumenreiche Wasser hinabgezogen wird) —
Lebensiberdruss (der Tod entflieht unter dem brechenden
Zweige, daran der Strick noch hangt, dem ihm Nachlaufenden,
der ihn dort vor der Zeit nicht gefunden) — Bauer (der Tod maht
unter Kornblumen den Mahenden mit der Saat nieder) — Hand-
werker (der Tod stésst den Schreiner in den Sarg, an dem
er eben arbeitet, und will den Deckel tiber ihn stirzen) —
Arzt (der Tod berihrt von hinten den Arzt, welcher der Kran-
ken im Bette eben Arzenei verschreibt) — Kinstler (der Tod
krént den neben seinem grossen Gemilde niedergesunkenen
Maler) — Soldat (der Tod trommelt unter ungarischer oder
dsterreichischer Barenmiitze den Stirmenden voran, vor denen
	eine Bombe springt) — Todtengraber (der Tod stosst den
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	SS otzm ann’s Hinleitung (208.) tiber Holbein’s Bilder des  
Alten Bundes, so wie tiber seine Todtentanze (Untersuchungen,
die nie getrennt werden kénnen) reizt, bei ihren Ergebnissen
stehen zu bleiben. Aber mége Bechstein durch den Vor-
gang seiner bunten Reihe (s. oben) es vertreten, wenn, ehe
wir zu den durch Sotzmann’s Abhandlung angeregten Bemer-
kungen iiber die Vergangenheit tibergehen, wir noch der Ge-
genwart huldigen und dem nun schon dreimal genannten
»Todtentanz fir alle Stande* von L. Merkel und J. G.
Flegel (Leipzig, W. Engelmann und R. Weigel) naher treten.
Die Gegenwart hat eben auch ihr Recht, in kinstlerischer wie
in ethischer Beziehung. .

Jene , Bilder des Todes* bewegen sich aber nicht wie
Rethel’s und der Miinchner Todtentanz auf conservativem
oder demokratischem Gebiete, fréhnen somit nicht irgend wel-
cher einseitigen, mehr oder minder leidenschaftlichen Lebens~
aulfassung, sie wollen vielmehr ein ,Todtentanz fir alle Stande“
sein, nicht fir Wihler der einen oder andern Art oder fiir
Trutz- und Treubtinde irgend welcher Farbe: hier ist der rein
ethische und kiinstlerische Standpunkt betreten. Mit jenen Vor-
gangern hat dieser Briicknerische Todtentanz nur gemein, dass
sie alle drei nicht mehr das urspringlich gegebene Bild des
Tanzes oder Reigens festgehalten haben; aber auch hierin
war ihnen Holbein bereits Vorganger gewesen.

Auf dem ersten Merkel’schen Blatte erscheint auf hinster-
bendem, in seinem Kopfe bereits entfleischtem Rosse ohne Steig-
biigel der Tod, seinen Schadel umkrinzt, mit der Rechten die
Fahne stiitzend, durch das Thor einreitend; unter Ross und Reiter
Disteln und Eidechsen, letztre zum Theil aus den Striinken
jener hervorwachsend oder diese in jene auslaufend. Eine Un-
terschrift kiindigt die Allgemeinheit dieser ,Bilder des To-
des“ an:

Wie der Tod vom Kinde bis zum Greise
Jeden erfasst nach seiner Weise,
Durch verkehrte Sitle und Leidenschaft
Die Menschheit von der Erde raflt,
Wie ihm Keiner entgeht in dieser Welt(,)
Sebt ihr hier in Bildern vorgestellt.
Nun folgen auf beiderseits bedruckten Blatlern (eine wohl-