1641 bei Oudot und 1729 noch bei der Wittwe des Jac Ou-
dot und Jean Oudot Sohn. Der von Varlot nach den alten
Holzstécken vollstindig wieder abgedruckte Todtentanz ist der
ohne Jahr beim genannten Nicolas Oudot im Anfange des
16. Jahrhunderts erschienene, in meiner Literatur der Todten-
tinze S. 103 unter 19. als La Grand Dance Macabre des Hom-
mes et des Femmes etc. aufgefiihrte, der iibrigens in den Bil~
dern und ihrer Folge ganz mit der Ausgabe bei Nicolas le
Rouge 1528 stimmt.

Die neuen Herausgeber zu Troyes haben diese Folge der
Bilder im eigentlichen Todtentanze (erst der Manner, dann der
Frauen) richtig eingehalten; dagegen haben sie die dazu geho-
rigen Nummern 45, 46. und 47. (der schwarze Wachter auf der
Zinne etc.) zu weit von den Stellen entriickt, die sie in den
alten Ausgaben von Troyes cinnehmen. Man sollte meinen, wo
die alten Holzstécke in so unzerrissener Folge erhalten wurden,
miissten auch die alten Ausgaben aufbewahrt worden sein, so
dass es den Herausgebern ein Leichtes geworden wire, den
hier in so grosser Menge (210!) vereinten Holzstécken oder
Holzschnitten literarisch ihre Stelle nachzuweisen. Von allem
dem nichts. Doch die Sammlung selbst, im Allgemeinen sehr
wohl erhalten (und wie vielmal und wie lange wurden solche
Sticke gebraucht!), ist fiir die Geschichte der Holzschneide-
Kunst von grossem Werthe, wenn auch nicht von so hohem
wie die Becker’sche. Es sind Schnitte der verschiedensten Art
und Vorzeichnung, der Mehrzahl nach von deutschen Holz-
schnilten der Zeit so unterschieden, wie deutsche und franzo-
sische Zeichnungen. Mége bei diesem Anlasse die Bemerkung
gestattet sein, wie tief das Vervielfaltigen franzdsischer Bilder-
bogen (harmloser oder piquanterer, selbst frivoler Lebenszu—
stande) bei uns durch den Steindruck auf Sinn und Geschmack
der Jugend, somit der kommenden Geschlechter, einwirken
miisse, nicht geringer als die Geheimnisse von Paris oder des
Volks u.s.w. Vorlagen von Képfen (Etudes), Ornamenten
u. s. w. in akademischen Zeichenschulen thun dazu das lhrige.
Wie sehr es aber bei Auffassung und Wiedergabe der Natur
auf urspringliche Grundlage und Mitgift ankomme, das zeigen
z. B. deutsche, franzésische und englische Zeichnungen einer
und derselben Rheingegend u. s, w., wobei wir an tiefere Aus-
pragung und Darstellung der menschlichen Gestalt und Gruppe,
der historischen Composition gar nicht erinnern mégen.

Berlin. и. FE. Mafsmann.
	Withographie.
	wandte; aber auch ein anderes Mass, als die Holbein’schen oder
Litzelburger’schen Holzschnilte uns zeigen, die den Holzstécken
zu Lich’ ins Engere gezogen zu sein scheinen. Von einigen
Bildern (z. B. vom Austriebe aus dem Paradiese und von Adam’s
und Eva’s Arbeit) liegen zwei Pausen vor uns, deren eine nach
dem Originale genommen sein muss, wahrend die andere in der
Verzerrung der Gestalten, im SchnérkeIn und Krausela der
Baume, in den verrtickten Entfernungen etc. Mechel’s Kupfer-
stich von 1780 verrath. — Ferner tritt beim Domherrn eine
gréssere Mauerausbreitung neben der Kirchenhalle hervor; beim
Ménche aber ist der begleitende Hund herausgeschnitten und
dafir der Saulensockel erganzt worden; beim Cardinal endlich
ist die Rebenlaube, gleichfalls auf hinterliegendem weissen Blatte,
in einen gewélblen Raum verwandelt worden, doch blieb hinter
dem knieenden Schiler oder Knappen ein Rebenblatt stehen,
was daher Alles in Mechel’s Stich tiberging.

Alle diese Dinge diirften doch wohl auf bestimmte Vor-
lagen oder Vorbilder deuten, Zeichnungen, die grésser waren,
als die Aufrisse auf das Holz, nach denen der Todtentanz von
Litzelburger geschnitten wurde. Fiir solche urspriingliche Zeich-
nungen Holbein’s dirfte aber auch noch das wirkliche Vorhan-
densein bedeutend grésserer Zeichnungen auch vom kleineren
Todtentanz-ABC sprechen. Schon im Jahre 1840 namlich
theilte mir Herr Rudolf Weigel brieflich nach Munchen zwei
jener Abzeichnungen in schéner Nachbildung mit: von 4еш Кб-
nige (dort Buchstabe D) und der Buhlerin (S), welcher die
Buchstaben fehlen. Allem Anscheine nach wurden diese Blatter
nicht erst von den kleinen Holzstécken oder Holzschnitten ab-
genommen und etwa ins Grosse getrieben: gegen diese Ver-
muthung spricht das bessere Verstaéndniss der Gewandung, der
Gesichtsztige etc., die eher in den Holzschnitten ofter verzerrt
und verkannt sein diirften u.s.w. Sollten diese Zeichnungen
auch nicht die urspriinglichen Holbeins sein, so tragen sie doch
in den Umrissen und der Austuschung holbeinischen Geist in
sich. Rudolf Weigel freilich sieht sie fiir ein Machwerk Me-
chel’nscher Fabrik an. Die Blatter, 3} Zoll paris. Mass hoch und
breit, 19 an der Zahl, gehéren der Gehler-Dérrieu’schen Samm-
lung in Leipzig an. Die Folge der Bilder ist hier A. E. H. Г.
(oder 0?) W. Q. C. D. G. P. K. T. V. N. ¥. R. S. M; es fehlen der
Sammlung somit F. G. 1(L?). X. Z.
	Nachschriit. In No. 33. 8. 260 dieses Blattes habe ich
bedauert, dass die schénen Buxbaumstécke zu Holbein’s Lyoner
Todtentanze spurlos verschwunden schienen (ich habe in frii-
heren Jahren selbst in Lyon Nachfrage halten lassen). Da tau-
chen mit einem Male 210 Holzschnittstécke der alten Drucke-
reien zu Troyes auf, die der Antiquar Varlot daselbst so eben
herausgegeben hat, unter dem Titel: Illustration 4е Гап-
cienne imprimerie Troyenne(.) 210 Gravures sur Bois. des
XVe, XVIe°, XVII° et XVIIIe Siécle. Publiées par V. L. Troyes,
Varlot Pére, Antiquaire, éditeur. clo.c.c.clo.L. (Troyes-Im-
p rimerie de Baudot). gr. 4°.

Eine héchst fltichtige bedeutungslose Vorrede spricht nur
davon, dass hier die Holzschnitte der Woériot, Rochienne, Ver-
nier u. 8. w. wieder mitgetheilt wiirden, die in Druckereien von
Le Coq, Oudot, Garnier etc. zu Troyes gebraucht worden wa-
ren und zwar in der Bibliothéque Bleue, der Grande Danse
Macabre, dem Gallien Restauré, la Bible, les Fables, les Con-
les U. S. W.

Bleiben wir bei dem hier milgetheillen Todtentanze ste-
hen, so kam ein solcher, mit denselben Zeichnungen, aber
weit besscren Schnitten, zu Troyes auch bei Nicolas le
Rouge heraus (1528. 1531), bei der Druckerfamilie Oudot
	haftete derselbe linger: von Nicolas Oudot an, wiederholt  
	Die Tages~Interessen, mit ihren kleinen und ihren grossen
Tendenzen, nehmen auch in der Kunst gelegentlich einen breiten
Raum ein und lassen manch ein wunderliches Nebelgebilde in
den Vorgrund treten; aber wer Geduld hat, der weiss es, dass
die Sterne der Schénheit ihren alten Stand behaupten und fester
stehen als alle Nebel. Auch die Wandlungen des Asthetischen
Geschmacks ziehen der Schénheit oft ein absonderliches Ge-
wand an; aber es dauert doch nicht allzu lange: sie wirft die
Hiille ab, die ihr Manier und Doctrin und Dilettantismus tiber-
gehangt hatten, und ,,eilt den alten Gattern wieder zu‘.

Eine schlichte Lithographie nach einem einfachen Bilde aus
alter klassischer Zeit, die mir eben vorliegt, rief mir solche
und dhnliche Gedanken wach. Sie ist in diesem Jahre gear-
beitet. Sie macht uns das gute Alte wieder jung und leben-
dig, und tausend sociale und asthetische Schemen der Neuzeit
zerflattern ihr gegeniber in Nebeldunst. Es ist die Darstellung
eines Jeidenden Christus, nackt, an die Martersiule gebunden,
nach einem Bilde von Guido Reni, von Valentin Schertle