ken im Slande sind. Nun ist es kein Geheimniss, wie sehr der
Eindruck des Feierlichen, Aussergewéhnlichen durch den Ein-
fall des Lichtes von oben bedingt ist, so dass z. B. die Peters—
kirche in Rom ihren ergreifendsten Effekt dem Einstrémen des
Lichtes durch die Kuppel verdankt. Ganz kliglich nehmen sich
vollends jene kleinen Oberfenster an dem ohnedies schlechten
dreiseitigen Abschluss des Chores aus. — Von aussen wird frei-
lich das Gebaéude immer durch die Uebermacht des phantasti-
schen Eindruckes die Schwiche des kiinstlerischen vergessen

machen. Jae, Burckhardt.
	kissai sur la Théorie du Beau Pittoresgue, et sur les ap-
	pucations de cette théorte aux arts du Dessin; par J.

B. Laurens. Paris 1849. 4.
	Der Yerlasser genannten Werkes, ein anerkannt tichtiger
Kinstler, versucht in einer Folge von CapiteIn, denen noch
zwei Supplemente angehidngt sind und deren Gesammt-Inhalt
von vielen erldéuternden lithographirten Abbildungen begleitet
wird, die Grundprincipien, worauf die Wirkung des , Malerisch-
Schénen* in den zeichnenden Kiinsten beruht, nachzuweisen.

Geslitzt auf ein tiefes Studium der Natur und der vorziig-
lichsten Werke alterer und neuerer Kiinstler, hofft derselbe
durch eine strenge Analyse dieser Werke mii steter Beziehung
auf die Erscheinungen in der Natur seine Theorie zu begriin-
den; indem er sich bemiht, dies Resullat seiner Beobachtungen
an den nach Werken vorziiglicher Meister u. s. w. gefertigten
Abbildungen zu entwickeln und festzustellen.

Das erste Capitel, welches zunachst mit einer Hinwei-
sung auf die unendliche Mannigfalligkeit der Natur beginnt, han-
delt sodann von der Wirkung der Gegenstande auf uns, und
fiuhrt nach und nach auf die Form, die, da wir nach ihr die
Gegenstande bestimmen, und jene wiederum durch sie auf uns
mehr wirken, als durch die Farbe u.s.w., als das Wesent-
lichste und Wichligste betrachtet wird; da es vor Allem der
Contur (die Linie) ist, welcher die Form bezeichnet u. s. w.
und da die Wirkung, welche die Gegenstinde auf uns ausiben,
auf den Rapport der Linien mit unserem Gefiihl beruht, so han-
delt es sich um Erforschung der Bedingungen, unter denen
die Linien zu einander stehen miissen, damit ihre Wirkung eine
angenehme sei und sowohl ein Gegenstand wie eine Verbindung
von Gegenstanden einen kiinstlerischen Werth erhalte.

Nachdem der Verfasser die Beantwortung der Frage: wel-
ches diese Bedingungen seien? als die Hauptaufgabe seines
Werkes hezcichnet, fahrt er fort tiber Nachahmung der Natur
zu sprechen, die stels nur als Mittel, nie als Zweck der Kunst
betrachtet werden muss, wobei er die Kunst selbst als Aus-
druck dessen, was der Kistler vor seinem Model empfindet,
erklart, und als Endziel derselben das Malerisch-Schéne nennt;
das Element, die Bedingung, Ursache und Mittel des
Malerisch~Schénen ist aber die Mannigfalltigkeit
und zwar die Mannigfaltigkeit mit Analogie. Zum
Beweise dieses Satzes bedient er sich mannigfacher Beispiele,
die, theils der Natur, theils der Kunst ertnommen, zum naheren
Verstindniss obigen Ausspruches dienen. Ungeachtet der dic-
sem Satze inwohnenden Wahrheit scheint es uns doch, dass der
Verfasser hier*elwas zu einscitig verfahrt, wenn er bei An-
wendung desselben auf den menschlichen Kérper (wobei er
den Vitruv und dessen Ansicht, die architectonischen Verhall-
nisse ebendaher abzuleiten, cilirt) sagt: dass die Linien, welche
den Umriss eines schénen weiblichen Kérpers bestimmen, ge-
eignet seien, den Contur, fir Baumstimme, Zweige u.s. w. ab-
gugeben. Indem der Verf. fortfahrt, uber die eigenthtimliche
	Wirkung der Mannigfaltigkeit zu sprechen, beriihrt er die Hiilfs-
mittel u.s. w., die dem Kitnstler zu Gebote stehen, um Mannig-
faltigkeit herzustellen oder Einformigkeit zu beseitigen, wobei
es gleichfalls nicht an lehrreichen und interessanten Beispielen
mangelt. — Der jetzt folgende Abschnitt handelt von der Ana-
logie, wo zunachst der Begriff des Wortes durch Beispiele
festgestellt wird. So wirft der Verf. z. B. runde Marken und
langlich viereckte Karten von verschiedenen Gréssen unter ein-
einander und wihrend er eine derarlige Zusammenstellung Man-
nigfaltigkeit und zusammengesetzte Analogie (variété
et analogie complexe) nennt, bezeichnet er eine solche Verbin-
dung als die beste und volistandigste Grundform fiir das Schéne,
als die Forme] fiir die vollkommene Composition. Nach meh-
reren angefiihrten und erlduterten Belegen, die das Gesagte
auf eine tiberraschende Weise bestatigen, und nachdem im Vor-
beigehen ein Vergleich zwischen der Musik und den zeichnen-
den Kiinsten stattfindet, heisst es weiter: Die Umrisse einer
Form, die Vermengung von Gegenstanden und ana-
logen Theilen, die Zusammenstellung der Linien
und Massen einer Composition dtirfen nie in einer
arithmetischen Progression der Entfernung wie 1.2.3
oder 3.2.1 auf einander folgen, sondern muss diese
Reihe stets unterbrochen sein, wie z. B. in einer
Folge von 1.3.2 — 2.1.3 oder 3.1.2 und muss diese
Unterbrechung nicht nur horizontal, auch vertical
beobachtet werden. — Wiederum ein nicht geringer Theil
erlauternder Beispiele folgen diesem letzten Saize, der, wie
der Verfasser annimmt, alle Bedingungen fiir das _,,Malerisch-
Schone“ in Bezug auf die Form in sich begreift. —

Capitel II., ausschliesslich der Composition gewidmet,
sucht diesen letzten Hauptsatz besonders zu beweisen, und
nachdem der Verfasser erklart, dass er hier nur in Bezug auf
die Stellung der Gegenstinde, von dem Verhalten der Linien
zu einander und der Eintheilung derselben im Bilde, jedoch
nicht in Betreff auf Erfindung und Styl der Composition han-
deln wird, geht er auf einzelne Theile specieller ein. Zunachst
wird von der Lage der Linien gesprochen, wobei Regeln fiir
	‘die Perspective der Gegenstande in einer Composilion angegeben
	und mit Beispielen begleitet werden, hiernach wird tber Hin-
fachheit und Geschmack manches Treffliche gesagt. —- Wahrend
der Verfasser auf einzelne Compositionen ausgezeichneter Kinst-
ler eingeht und diese, mit steter Rticksicht auf den oben aus~
gesprochenen Grundsatz analysirt, wobei er denn nicht ver-
sdumt die Natur mit in den Vergleich zu ziehen, entwickelt er
gleichzeitig seine Ansichten tiber das Verhdltniss der sogenann-
ten classischen Richtung der Landschafts-Malerei zur modernen
romantischen. Bei Beurtheilung mehrerer Bilder des Claude
Lorrain *), dem man Verstésse gegen die Regeln der Compo-
sition vorwirft, sagt er Treffendes. Um sich gegen die, durch
seine Theorie méglicherweise zu bildenden Missverstandnisse
zu verwahren, sagt er am Schlusse dieses Capilels ,dass er
nicht vermeine, formliche Vorschriften (receptes) oder Methoden,
wie eine malerische Composition zu construiren sei, gegeben
zu haben, dass vielmehr die Wahl der Linien und ihre Bezie-
hung zu einander stets auf Urtheil, Geschmack und Kenntniss
eines Jeden beruhe, — ein Etwas, das nur jahrelange Praxis
auszubilden vermag.

Capitel IIl., welches vom Helldunkel handelt, enthalt
nicht minder Lehrreiches far den Kistler, und bei dem Streben,
auch hier mit mdéglichster Klarheit das Gesetz der Mannigfal-
	1) p. 27. Claude peut avoir commis beaucoup de fautes de composition,
mais il avait le sentiment de la haute poésie de la nature; il sentait la calme
solennité des aspects, et malgré certaines maladresses, ses toiles sont em~
	preimtes de ce sentiment.