sehr haufig vor, nur dass défter zwei nackte Madchen dabei
sind, welche den Kaiser waschen. Diese sind bisweilen un-
gemein zierlich in den schlanken Formen und in der Bewe-
gung, wie auch eine Abbildung bei Dibdin an der Stelle des
angefihrten Werks lehrt. Der Kaiser ist Ofters von einem
Spruchzettel begleitet, worauf die béhmischen Worte: , Toho
pzde toho*. Bekannilich war dieser Kaiser ein grosser Lieb-
haber der Frauen. Diese Darstellungen, vollends in ciner Bi-
bel, sind indess doch héchst auffallend. Die wollige und fliich-
tigere Behandlung auf dieser Seite verrath eine andere und
geringere Hand. Von jetzt an folgen als Vignetten dic Haupt-
vorginge der Schrift von der Erschaffung der Eva an. Manche
Vorstellungen sind sehr gut aufgefasst, z.B. Jacob, welcher
Ephrahim und Manasse segnel, manche Motive sind sehr wahr, so
der Schmerz bei dem Begrabniss Jacobs die sehr dramatischen
sind dagegen schwach und lahm, so die verschiedenen Steinigun-
gen, oder die Blendung des Samson im zweiten Bande. Die Griinde
sind in der Regel Blattgold oder farbig, Landschaften sind durch
Baume angedeutet, auch Gebéude kommen vor. Bei dem Se-
gen Isaaks ist das Innere eines Zimmers schon vdllig angege-
ben. In dem vorwaltenden Gebrauch des Zcitkostiims spricht
sich ein realistisches Bestreben aus. Ob der Name Kuthner,
welcher sich in gleichzeitiger Schrift im zweiten Bande auf
dem unteren Rande von Blatt 297. a. befindet, sich auf einen
der Maler bezieht, ist nicht mit Gewissheit zu entscheiden. Im
aweiten Bande sind die Bilder sparlicher, die Verzierungen der
Rinder bisweilen reicher, aber minder geschmackvoll. Im dritten
Bande finden sich von BI. 73. b. ab die Stellen fiir die Vignetten
meist ausgespart, darunter aber in lateinischer Sprache eine
Angabe, welche Gegenstande haben behandelt werden sollen.
Von BI. 121. b. an findet dieses durchgingig stalt. Die Bilder
sind hier von verschiedenem Werth, doch im Ganzen minder
gut, als in den ersten Banden, besonders machen sie durch
den Gebrauch ganzer Farben, z. B. Zinmoberroth und Blau,
einen minder harmonischen Eindruck. Der vierte und sechste
Band enthalt gar keine Bilder. Dagegen kommen im fiinften
Band hie und da dergleichen vor, welche durchweg grau un~
tertuscht und dieser Ton bei der Ausfithrung als Schalten be-
nulzt ist. Besonders zeichnet sich durch Anmuth die Maria
als Himmelskénigin mit dem Kinde auf dem Schooss und von
sieben weiblichen Heiligen umgeben, BI. 175. a., sehr vortheil-
haft aus. Die Behandlung ist indess etwas flach und leicht.
Mit den Minialuren dieser Bibel stimmen im Wesenilichen
noch die in zwei anderen, ebenfalls auf Veranlassung des Kai-
sers Wenzel geschriebenen Manuscripten iiberein, welche ich
indess, obwohl sie an sich sehr interessant, hier, wo es mir
nur darauf ankommt, durch Hauptdenkmale die Kunstweise ver-
schiedener Linder fiir gewisse Epochen festzustellen, mit Still-

schweigen tibergehe.
Dagegen muss ich eines ftir den Erzbischof von Prag,

Sbinko Hasen von Hasenburg, der 1402 hiezu ernannt, 1411
als Erzbischof von Pressburg starb, geschriebenen Missals der
kaiserl. Bibliothek zu Wien (No. 1844) gedenken, weil es be-
weist, dass dic béhmische Malerschule um diese Zeit noch im
Fortschreiten begriffen war. Dieses Manuscript ist in klein Folio
in zwei Columnen in schr_ starker Minuskel, von зеНепег
Schwarze cng geschrieben, und enthilt in den Initialen, den
Randern und als Vignetten zahlreiche Vorstellungen. Initialen
und Rander sind von sehr grosser Zierlichkeit, wie in den vor-
hergechenden Denkmalern im deutschen Geschmack gehalten,
Obgleich die Bilder im Ganzen noch den Charakter der Schule
des Theodorich von Prag zcigen, befinden sie sich doch auf
cincr héheren Stufe der Ausbildung. Dic Figuren sind zwar
lang und 6fter im Nackten mager, doch von besscrem Ver-
	Nachtrige zur zweiten Ausgabe von Kugler’s Handbuch
der Geschichte der Malerei, vornehmlich in Beziehung auf
Deutschland, und ganz besonders auf Bohmen.
	Yon G К. Waagen.
		Zur Malerei in Béhmen, Deutschland, Frankreich
und den Niederlanden von 1350— 1450.
	(Fortsetzung.)
	In der Zeit schliesst sich diesem selr nahe das vielleicht
umfangreichste Denkmal altbshmischer Miniaturmalerci, die be-
riihmte, aus sechs Foliobinden bestehende, deutsche Bibeliiber-
setzung der kaiserlichen Bibliothek zu Wien an, welche in zwei
Columnen in einer sehr grossen und starken Minuskel geschrie-
ben ist. Die figirlichen Vorstellungen befinden sich theils in
den Initialen, theils sind es Vignetten. Sie schliessen sich eng
der Schule des Theodorich von Prag an, nur dass die Ge-
sichler individueller sind. Es lassen sich indess verschiedene
Hande unterscheiden; die Initialen, wie dic Rander, verrathen
wieder den entschiedensten Einfluss aus Deutschland, letztere
gehéren aber in Erfindung wie in Ausfiihrung zu dem Elegan~
testen und Schénsten, was ich dieser Art kenne, wie denn
auch schon Dibdin ebenso dariiber urtheilt. ) Ich muss mich
begniigen; von meiner ausfiihrlichen Notiz hier nur das Wich-
ligste milzutheilen. In einem grossen О auf der ersten Seite
der Vorrede der thronende Christus, segnend. Der Mosaiken-
typus ist hier sehr edel aufgefasst, der réthliche Fleischton
sehr fein. Die Wirkung der rosafarbnen Tunika, des blauen
Mantels mit saftgriinem Futter, mit breiten, weisslich gebro-
chenen Lichiflichen zart modellirt, ist von einer heiteren Har-
monic. Die Randverzierungen, welche cinen Leisten von zar-
tem Spangrtin einfassen, sind hicr von ganz besonderer Zier-
lichkeit. Auf BI. 2. a. sieht man in einem D den Kaiser Wenzel
mit seiner Gemahlin im kaiserlichen Ornat thronend. Die Ge-
sichter haben etwas Individuelles, besonders ist die Kaiserin von
sehr hitbschen Ziigen.?) Der Eindrucks eines blauen und ihres
hellpurpurnen Mantels ist sehr heiter. Ein Teppich von feinem
Grau, welcher den Thron mit der Lehne bedeckt, enthall un-
gemein hiibsche Verzierungen und die gothisehen Buchstaben
W und E. Ueber dem D drei Schirmdacher im Rundbogen-
styl, zu den Seiten der einfache, schwarze Adler und der boh-
mische Liwe. In dem Texte dieser Seite findet sich noch fol-
gende Beglaubigung йЪег die Besteller der Handschrift:

Wer nu dieser schrifte hort

Will lesen und ir suzen wort;

Der schol nu danken dem vrumeu

Von dem ditz gestift ist kumen

Dem hochgeborenen kunig Wentzlab rein

Und der durchluchtigesten kuniginve sein.
Bl. 2.b., der Anfang der Genesis, enthalt ein sehr grosses, die
ganze eine Columne einnehmendes J, worin in sicben Runden
die Schépfungslage, in Oblongen die Propheten, in acht klei-
neren Runden noch cben so viel andere Figuren dargestellt
sind. Zu den Seiten des sechsten und siebenten Schépfungs-
tages cin grosses W, in dessen Schenkeln der unbekileidete
Kaiser Wenzel wie in cinem Bock gespannt ist und ein Mad-
chen, zweimal ein Bund oder Turban von blauer Farbe mit
ciner Orgel und die beiden obigen Wappen. Diese Gegen-
stinde, zumal der Kaiser Wenzel in dhnlicher Weise, kommen
	1) S. das angeftihrte Werk Th.3 5. 462. . Я
2) Siehe eine Abbildung eben da, woselbst aber dic Képfe zu typisch
erschcinecn,