Hewtiches
	4eitung
fiir bildende Kunst und Baukunst.
	 
	Organ
der deutschen Kunstvereine,
	Unter Mitwirkung von
	sRugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Diisseldorf — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — Férster in Miinchen — Hitelberger v. Edelberg in Wien
		Л“ 39.
	redigirt von Dr. F. Begers in Berlin.
	Montag, den 30. September.
	niglaltigkeit. Oder hat Jemand lange mit Vergnitgen in ein
Kaleidoscop gesehen? Man geht hinein, man geht durch, wird
hierhin und dorthin geworfen, jeder Saal sicht aus, wie der
andere, man kommt heraus und meint, ,es sei doch diesmal
eigentlich nicht viel da“. Hat man aber im Durchwandern viele
Sale voll Landschaften, hat man Wande voll schwermithiger
Diisseldorfer gesehen, mit den Berlinern eine Rundreise um die
Erde gemacht, eine Wand voll hollaindischer Marinen erblickt,
einige Sale voll Geschichte, ein Kabinetchen mit kirchlich-stillen
Figuren passirt, so hat man einen Gesammteindruck davon-
getragen.

Zweitens sagt man, es mitisse darauf gesehen werden, dass
ein Bild das andere nicht todt mache. Das hat allerdings seine
Berechtigung, in so fern die Zusammenstimmung der Farben,
die mehr oder weniger intensive Beleuchtung in wohlzuerwi-
genden Betracht kommt. Allein, abgesehen davon, dass man
sich htiten muss, ein Bild mehr nach seiner Farbe, als nach
dem kunstlerischen Werth seines Inhalts zu betrachten, was
hindert, jene Riicksicht innerhalb der Schulen und Gattungen
zu beobachten? Ist aber mit dem Todtmachen das Verdunkeln
	gemeint, weiches das trelllicn gemalte Bild eines Meisters gegen
einen minder gliicklichen Versuch auszutiben im Stande ist, so
miissen wir geltend machen, dass es einerseits uns gerade um
Vergleiche zu thun ist, andererseits der Billigkeit noch immer
Raum genug bleibt, indem jede, im Allgemeinen dem Lichte
noch so ginstig gestellte Wand gute und minder gute Platze
darbietet, und doch nothwendig das partikulare Interesse dem
allgemeinen nachgesetzt werden muss.

Der praktischen Ausfilhrung — das wissen wir gar wohl
— stehen oft dusserliche, lokale Bedenken entgegen. Der Raum
ist gewohnlich schon im Ganzen beschrankt und wird es im
Einzelnen noch mehr durch den verhaltnissmassig geringen Fla-
chenraum giinstig gelegener Plitze. Dass man aber nicht Alles
thut, um den Lokalitaéten in dieser Hinsicht jeden Vortheil ab-
zugewinnen, den sie herzugeben fahig sind, das muss uns
Wunder nehmen. Warum ist z. B. das Magnus’sche Prinzip
der schrigen Wandestellung, welches er schon vor 11 Jahren
verdffentlichte, nicht in Anwendung gekommen? Unseres Wis-
sens sind nirgend durchgreifende Versuche von Bedeutung da-
mit gemacht worden. Warum geschieht das nicht? So kann
man freilich nicht gut bei den meisten Ausstellungen der Kunst-
	vereine fragen, welche froh sind, wenn ihnen in Kirchen, Ge-
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	Ueber die zweckmassige Anordnung und Aufstellung der
Bilder bei Kunstausstellungen.
	Ks fragt sich vor allen Dingen, ob man zugeben will, dass
Kunstausstellungen und insbesondere die grossen Kunstausstel-
lungen, welche die Akademien der Kiinste veranstalten, ob diese
mehr sein sollen und kénnen als ein Bildermarkt, auf den ein
Jeder, was er eben fertig hat oder dazu fertig gemacht hat, zum
Verkauf hinaustragt. Gialte diese letztere Ansicht, so ware die
Aufgabe der Unternehmer solcher Ausstellungen damit geldst,
simmtlichen Bildern einen moglichst guten Platz in Bezug auf
das Licht gegeben zu haben, damit sie vortheilhaft in’s Auge
fallen. Erkennt man aber héhere Zwecke an, erkennt man an,
dass eine solche Ausstellung in ihrer Gesammtheit dem Beschauer
nicht blos eine klare Uebersicht vorlegen soll, was Alles und
wie Vieles geleistet wurde, sondern auch, wie sich der innere
Entwickelungsgang der Staffeleimalcrei gestallet (und es sind
durch manche Cartons auch Blicke auf die Bewegung in der
monumentalen Kunst gegeben), gesteht man also zu, dass man
nicht blos fiir das Geschaft, nicht blos fiir die flichtige Unter-
haltung und Zerstreuung, sondern hauptsachlich fiir eine den-
kende Betrachtung der Kunst, fiir eine eingehende Durchschau,
welcher es an einem Gesammtresultat gelegen ist,
ausstellt, so liegt es auf der Hand, dass nach andern Grund-
saizen, als nach denen der Zufalligkeit, angeordnet werden
muss, zumal da bei keiner Art der Anordnung Diejenigen ver-
lieren kénnen, denen es nur um eine Stundean genehmer Unter-
haltung zu thun ist, und auch solche zahlen mit, wo héhere
Zwecke an gewdhnliche Geldmittel gebunden sind.

Um nun die eben angedeuteten Resultate zu gewinnen,
dazu ist also nothwendig, dass man nach einem Grundsatze
anordne. Da bieten sich besonders zwei Wege dar. Man ordne
entweder nach Schulen, oder nach Gattungen, oder endlich,
man vereinige, wo moglich, Beides. Den Vortheil, dass man die zu
hoch angeschlagenen Vortheile der gew6hnlichen bunten Anord-
nung dabei nicht einbiisst, hat man obenein. Worin bestghen
eigentlich diese Vortheile? Man will Mannigfaltigkeit, heisst es,
man will Abwechselung. Wir missen uns in der wichtigen An-
gelegenlieit der Kunst gegen dies von der Mode dictirte: ,man
will!* erklaren. Und wozu fihrt es gerade in der vorliegen-
den Frage? Aus Furcht vor der Einformigkeit stiirzt man sich
in die einformigste Monotonie, die es gicbt, in die der Man-