Thron der Maria fiinf Engel, als steinerne Standbilder gedacht.
Ausserdem enthalt die Haupttafel noch zu jeder Seite drei, je-
der der Fligel aber neun Abtheilungen mit Vorgingen aus der
Bibel, von dem Verbot an Adam und Eva bis zum jiingsten
Gericht, deren einzelne Aufzahlung ich hier indess unterdrticke.
Auch hier findet sich in der allgemeinen Kunstform jene Ueber-
einstimmung mit den dem Meister Wilhelm beigemessenen Bil-
dern, und sind hier die Ovale sehr rund und von starker Aus-
ladung und die einzelnen Theile darin sehr klein. Ueberhaupt
erkennt man hier, ungeachtet mancher guten, aber offenbar
traditionellen Composition und einzelner trefflicher Intentionen,
wie z. B. der Bewegungen von Adam und Eva, in allen Theilen
einen sehr schwachen und durchaus lokalen Meister.

Dasselbe gilt auch von der, einen ahnlichen Schulcharakter
verrathenden Staffel des Hochaltars in der Altstadter Kirche von
ungewohnlichem Reichthum, indem sie in zwei Reihen, oben
als Brustbilder, Christus als Weltheiland zwischen Maria und
Johannes und die zwélf Apostel, darunter die Geburt, eine sehr
gute Vorstcllung, die Anbetung der Kénige, die Beschneidung
und die Darstellung im Tempel enthalt. Nach den weit geéff-
neten Augen und der Behandlung der Gewander mit sehr hellen
Lichtern, dirfte die Zeit dieser Staffel um einige Jahrzehnte
friher fallen, als obiges Gemalde. Anstatt des urspriinglichen,
wahrscheinlich von derselben Hand herriihrenden Altarblattes
dartiber, ist jetzt eines von etwa 1540—50 von einem recht
achtbaren Meister befindlich, welcher entschiedene Einfliisse des
Lucas von Leyden, des Patenier, des Sevart von Groningen
und des Aldegrever verrath.

In Warendorf, in der alten Kirche, ist ein Altarbild be-
merkenswerth, weil es in der kiinstlerischen Ausbildung zwi-
schen den Bildern in Westphalen und dem grossen Altar des
Meisters Jarenus aus Soest im Museum zu Berlin (No. 1242.
4233. 1234.) mitten inne steht. Dasselbe stellt auf dem rechten
Fligel Pilatus, welcher die Hinde wascht, und die Kreuztra-
gung, in der Mitte in grosser Ausfihrlichkeit die Kreuzigung,
auf dem linken Fligel endlich die Beweinung des Leichnams
Christi und die Grablegung dar. Wahrend auf der Kreuzigung
die heiligen Personen noch ganz den idealen Typus haben, und
auch die langen Verhiiltnisse, die Art der Falten und die ge-
brochenen Farben damit tibereinstimmen, haben die jiidischen
Priester, namentlich aber die um den Mantel Christi wiirfelnden
Kriegsknechte schon schr ausgebildete individuelle Ziige. Uebri-
eens ist auch der Meister dieses Bildes, welches elwa 1420—
	1430 fallen méchte, schwach und von nur lokaler Bedeutung.
(Fortsetzung folgt.)
	Die Reiterstatue Gottfried’s von Bouillon in Briissel.
	Eines der bedeutendsten Kunstwerke, die in der letzten Zeit
die Kiinstlerwerkstatten Belgiens verlassen, ist unstreitig die
bronzene Reiterstatue Gottfried’s von Bouillon in Briissel, von
Simonis. Der Augenblick, den der Kunstler zur Darstellung
des Helden gewahlt hat, ist, wie er den Rittern, die sich un-
weit der Stadt Briissel auf einem Berge versammelt, um zur
Befreiung des heiligen Grabes zu ziehen, die Worte: ,Gott
will es“ zuruft. Auf dem namlichen Platze, der heutigen Place
royale, ist Gottfried’s Denkmal errichtet. Auf scinem edlen,
durch einen gewaltigen Bart gezierten Antlitze, das er gen
Himmel richtet, sieht man die Begeisterung, mit welcher er
den Kreuzfahrern diese, damals die ganze Christenheit entflam-

menden, Worte zuruft.
	Das Pferd, welehes jedes Schmuckes entbehrt, halt er ge-
sammelt zum Abmarsch. Angetrieben zum Laufe dureh den
	besten niederlindischen Miniaturen dieser Zeit auf gleicher
Hohe. Der Kalender enthalt die auf die zwélf Monate bezig-
lichen Beschaftigungen. Die Seite, worauf das erste Bild, die
Verkiindigung Maria, mit dem, den meisten Bildern eignen, et-
was kurzen Verhiliniss der Figuren, enthilt als Verzierung des
unteren Randes in der Mitte eine Jungfrau, welche zwei furcht~
bare Drachen an Halsbindern halt, die zwei Wappen um den
Hals haben, und sich ohne Zweifel auf den Besteller des Buchs
beziehen. Das eine besteht aus drei Cardinalshtiten, das an-
dere aus einer Weinrebe mit einer Traube, auf einem rothen,
blauen und weissen Felde. Die Initiale in dem Quadrat von
goldnem Kérper und schwarzer Fillung, so wie die Randver-
zierung sind an Schénheit und Eleganz durchaus ersten Rangs.
Auf dem nichsten Bilde, der Heimsuchung, gleichen die Figu-
ren in den Képfen von rundlicher Form und lieblichen Zigen,
so wie der Wurf der Falten, ganz der weiblichen Heiligen auf
dem Dombilde. Der Hintergrund ist hier als eine Landschaft
von hellem Ton leicht angedeutet. Auf der Anbetung der Ko-
nige sind die Képfchen besonders fein. Der Mohrenkénig hat
Schnabelschuhe an. Bei der Flucht nach Aegypten ist die An-
deutung einer heiteren Landschaft mit lichtem Horizont beson-
ders gelungen. Fiir die Granze der idealisehen und realisti-
schen Weise, worauf dieses Denkmal steht, ist der Konig Da-
vid, als ein rilierlicher Konig jener Zeit vor den sieben Buss-
psalmen besonders bezeichnend. In einem O iiberraschen darin
dargestellie Verdammte, sowohl durch die Schénheit der Motive
(eine die Hinde emporstreckende Frau ist in dieser Beziehung
des Raphaels wirdig), als durch die Fille, die gute Zeichnung
und die zarte Abrundung der Formen. Dasselbe gilt auch
von vier aufgespiessten der 10,000 Marlyrer in der reichen
Folge der Darstellung von Heiligen. Die heilige Ursula mit
ihrem Brautigam, dem englischen Prinzen, von einem sehr lieb-
lichen Kipfchen, haben wieder im vollen Maasse das Geprage
des Dombildes. Bis auf die verdorbene Geburt Christi ist die-
ses Kleinod vortrefflich erhalten.

Neue Belage dafiir, dass die Weise der altcélnischen Schule
in grosser Ausdehnung in Westphalen Eingang gefunden hatte,
gewahren folgende Bilder:

Zu Soest in der Kirche der Maria zur Wiesen. Ein Al-
tar, dessen Fligel die Verktindigung und die Anbetung der Ko-
nige, dessen Mitte den Tod der Maria darstellt. Von sieben
Engeln, welche das Haupt der sterbenden Jungfrau umschwe-
ben, nahert sich einer ihrem Munde, um die entschwebende
Seele zu empfangen. Oben in einem rothen Felde Gott Vater,
welcher die Seele in Kindesgestalt halt. Rechts klein der Stif-
ter, ein junger Canonicus. Der Grund golden. Sowohl die
feinen und edlen Képfe in dem bekannten Charakter des Mei-
sters Wilhelm, als die sonstige Durchfihrung zeigen einen
tiichtigen Meister, der etwa um 1400 gebliiht haben méchte.

In derselben Kirche ein anderer Altar mit Fliigeln. In der
Mitte Christus, welcher die Maria krént, auf den FliigelIn Wald-
burg und Antonius der Abt. Der Kopf der Waldburg ist be-
sonders fein und edel, die Verhaltnisse lang, die Hinde schwach.
Die Ausfithrung méchte bald nach Anfang des 15. Jahrhunderts
fallen.

Zu Bielefeld in der neustédter Kirche der Hochaltar mit
Fliigeln, unten mit der Jahreszaht M*CCCC® bezeichnet. In
der Mitte der Haupttafel die thronende Maria mit dem Kinde,
rechts stehend Petrus und Paulus, links die beiden Johannes,
unten sitzend, rechts drei mannliche Heilige, unter denen ein
statilicher Ritter in silberner Ristung mit slark ausgeladener,
scharfer Nase, von einer Lokalbildung, welche man noch heute
in Westphalen findet, am meisten auffallt; links Barbara, Са-
tharina, Dorothea und eine mir unbekannte Heilige. Oben am