+ Correspondent aus Brussel die Amsterdamer Ausstellung den
deutschen Kiinstlern zu ganz besonderer Beachtung empfiehlt,
indem man ihm versichert hat, dass namentlich die deutsche
Schule hier sehr beliebt sei, so hat man ihn schlecht unter-
richtet. Die deutsche Schule ist hier viel zu wenig bekannt,
um beliebt sein zu kénnen, und in den hollandischen Kabinetten
findet man wohl franzésische und helgische aber nirgends deut-
sche Bilder. Ich zweifle auch sehr, ob die Hollander die deut-
schen Bilder sehr schatzen wiirden, wenn sie sie besser kennten,
denn deutsche Phantasie, deutsches Gemitith und deutschen Geist
achten die Hollander iiberall eher als in der Malerei, wo sie
vor allen Dingen schlagenden Farbeneffekt, drastische Wahrheit
verlangen; ob geistreiche Ideen den Bildern zu Grunde liegen,
ktimmert die Liebhaber weniger. Ueberdiess haben die Hol-
lander ein Vorurtheil gegen die deutsche Malerei, so willig sie
die Ueberlegenheit der Deutschen in der Musik anerkennen;
sie folgen darin, wie in ihrem Kunsturtheil tiberhaupt, durchaus
und fast blind den Franzosen. Jeder gebildete Hollander spricht
und schreibt ein vortreffliches Franzésisch, aber das Deutsche
zum Erbarmen, in der Literatur folgt man franzésischen Vor-
bildern und in der Rhetorik huldigt man dem falschen Pathos
der Franzosen.

Ich bin iiberzeugt, dass von hundert Besuchern ganz ge-
wiss neunzig mit der Ueberzeugung nach Hause gehen, geblendet
von der Farbenpracht und dem Goldglanz der Rahmen, dass
Alles vorausgehe in der Welt, auch die Malerei und dass die
modernen Niederlander wenigstens eben so gut, wenn nicht
besser, malen kénnen, als die alten. Das hat aber gute Wege,
denn im Ganzen ist, was die hollandischen Kunstprodukte an-
belangt, doch unendlich mehr Virtuosenthum auf der Ausstel-
lung zu finden, als eigentliche Kiinstlerschaft, die auf Tiefe und
Gediegenheit beruht und wodurch gerade die alten Niederlinder
gross sind. Alles hascht nach blendendem Schein und mundus
vult decipi; freilich haben auch die besten Meister wenig oder
nichts beigesteuert. Was das Virtuosenthum in der Malerei
anbetrifft, so ist es in Holland und Belgien recht eigentlich zu
Hause; es giebt hier Schimmelvirtuosen, Nachtlichtvirtuosen,
Atlasvirtuosen u. s. w. Versteht ein Maler irgend einen Ge-
genstand recht gut zu malen, so bleibt er dabei, malt sein
ganzes Leben lang nichts weiteres, seine Kunst wird zur ein-
iriglichen Affaire, die sich dann oft forterbt vom Vater auf
den Sohn. Das ist die schwache Seite der niederlandischen
Malerei, worin vielleicht aber gerade ihre Starke liegt, und es
versteht sich von selbst, dass es immer riihmliche Ausnahmen
gegeben. hat, und auch diese Ausstellung licfert wieder den
Beweis, dass der Baum der niederlandischen Malerei, der im
17. Jahrhundert wurzelt, namentlich in Holland nie ganz уег-.
dorrte, sondern immerfort und besonders in der neuesten Zeit
ippige Blithen und Friichte trieb.

Der Maler Egenberger in Amsterdam, hat in der Ari
Robert Fleury’s eine Episode aus dem Morden zu Naarden“
— еше Art Bluthochzeit aus den hollandischen Freiheitskriegen
1571 — behandelt und zwar mit entschiedenem Erfolge. ,Gui-
bert Willemszoon van den Eiken, der sich eine geraume Zeit
gegen die Wuth der Spanier vertheidigt hat, ist auf seinen
Schemel niedergesunken, indem seine Tochter fruchtlos um das
Leben ihres Vaters bittet;“ also lautet dic Erklarung des Ka-
talogs. Der riesige Schmidt ist ermaltet auf die Knie nieder-
gesunken, stiitzt sich mit der Linken auf den Dreistuhl und
greift mit der schwieligen Rechten in die Klingen seiner An-
greifer, deren er mehrere niedergeschlagen hat. Seine schéne
Tochter liegt beschirmend vor ihm auf den Knicen, und in
beiden Hauptfiguren ist die bleiche Todesangst, das Entsetzen,
vortrefflich ausgedriickt und kontrastirt effektvoll mit der kalt-
	Aeitung.
	Зи, im September. In Folge der unterm 30. Marz of-
fentlich ergangenen -Aufforderung zur Einreichung von Ent-
wiirfen zu einer Rheinbriicke zwischen Céln und Deutz, wo-
bei der 1. August d. J. als Termin fiir den Eingang der Соп-
currenz-Projecte angesetzt war, sind im Ganzen 62 Entwirfe
hier eingegangen, welche demnachst, den Bedingungen des
Programms gemass, der kénigl. technischen Bau - Deputation
zur Beurtheilung und Entscheidung wegen Ertheilung der aus-
gesetzten Preise zugefertigt wurden. Die Bau-Deputation hat
sich zuerst in 10 Abtheilungen, deren jeder mehrere Entwiirfe
zugetheill wurden, mit einer vorliufigen Priifung beschaftigt,
um diejenigen auszusondern, welche wegen mangelnder Er-
fillung der gestellten Bedingungen zur Concurrenz nicht weiter
zuzulassen waren. Die Zahl der wirklich concurrenzfahigen
Entwiirfe stellte sich hiernach in der Plenarsitzung vom 31. Au-
gust, zu welcher auch simmtliche auswartige Mitglieder der
Bau-Deputation einberufen waren, auf 21 heraus, von denen
noch 7 wegen hervorstechender Mangel in der Construction
oder in Beobachtung der statischen und mechanischen Verhalt-
nisse von der weiteren Wahl ausgeschlossen wurden, Die zu-
rickbleibenden 14 Entwiirfe sind in zwei Abtheilungen, nach
den Systemen der Construction getrennt (als Hangebriicken ciner-
seits und Trager- und Bogenbriicken andererseits), einer na-
heren Priifung unterworfen worden, zu welchem Behuf die Bau-
Deputation sich gleichfalls in zwei Abtheilungen getheilt hatte.
Aus dieser Priifung gingen endlich drei Entwiirfe in die en-
gere Wahl tiber, welche nach ausfihrlicher Vorberathung durch
eine besondere Commission und allseitiger nochmaliger Erwa-
gung in der Plenarversammlung der Bau-Deputation am 11. Sep-
tember zur schliesslichen Entscheidung gebracht wurde.

Durch Stimmenmehrheit hat sich hierbei die Bau - Deputa-
tion dahin ausgesprochen, dass

der erste Preis von 250 Friedrichsd’or dem mit
dem Motto: Pop =o bezeichneten Entwurfe,

der zweite Preis von 125 Friedrichsd’or dem vom
Capitain W. Moorsom zu London unterzeich-
neten Entwurf gebthre.

Bei der am 18. September stattgehabten Erdffnung der ver-
siegelten Adresse ergab sich, als Verfasser des mit dem Motto:
SPdp=o bezeichneten Entwurfs der Baufithrer Johann Wil-
helm Schwedler z. Z. in Berlin. (B.N.)
	W. Aiu{terdam, im September. Die am 20. August hier
eréffnete Ausstellung zaihlte bei ihrem Beginne 411 Nummern.
Unter den ausgestellten Gemalden befinden sich 115 Landschaften,
39 Seestiicke, 36 Architekturbilder, 79 Genrebilder, 28 Thier-
und Viehstiicke, 30 Portrats, 25 Stillleben; dem -historischen
Genre oder besser der genreartigen Historie gehdren etwa 10
an, der biblischen Historie 2 bis 3, der sonstigen idealen Ma-
lerei etwa 4. Hierzu kommen 29 Zeichnungen verschiedener
Art, 2 Kupferstiche, einige Radirungen, 1 Lithographie, 1 Mi-
niaturgemilde, 4—5 Bildhauerarbeiten. Von den 254 Kinsilern,
welche Beitrage lieferten, gehéren 12 Frankreich, 12 Belgien,
2 Deutschland, die iibrigen 228 Holland an; unter letzteren be-
findet sich jedoch eine betrachlliche Anzahl Dilettanten. — Seit-
her sind vielleicht noch 80—90 Kunstwerke verschicdener Art
	hinzugekommen, so dass im бапиеп 500 ausgestellt sind, еше.
im Verhaliniss zu friiheren Jahren kleine Anzahl. Aus Deutsche  
	im Verhaltniss zu friheren Jahren kleine Anzahl. Aus Deutsch-
land ist nur ein Bild von’ Bedeutung, ,Ansicht der Marmor-
briicke zu Carrara“ von Peters in Stuttgart eingegangen, wel-
ches im hintersten Saale einen Platz gefunden hat. Wenn Ihr