das kunsthebende Publhkum vor Verbildung und Irreleitung des sich entwickelnden Kunstgeschmacks zu schiitzen und der Gefahr ха аБег- heben, den Genuss und die Wirkung der guten Bilder beeintrachtigt, so wie die Kunstliebe iibcrhaupt verleidet zu sehen. Kann in dieser doppelten Hinsicht aus der Aufnahme aller und jeder Gemalde auf Kunstausstellungen der echten Kunst sicherlich kein Heil erwachsen, so kommt auch noch fir die Kunstvereine das finanzielle Moment in Betracht, wonach unndthige Transportkosten fir Bilder erspart werden — eine Ersparniss, welche ja den guten Bildern in Beziehung aut den Ankauf stets zu Gute kommt. Ausser dem mehrfach beliebten Praser- vativ, dass man die Zulassung der Gemilde zu den Kunstausstellungen von der Entscheidung einer Jury abhaingig sein lasst, welche, aus den Kunstvereins-Vorstinden oder anderen Kunstverstindigen sich bildend, gar — wenn man will — zu dem Behufe je von der fol- genden zu der im Cyklus vorhergehenden Ausstellung sich begeben mag, giebt es noch ein anderes Mittel, das meiner Meinung nach, of- fenbar den Vorzug verdient, das indess, in der zu Berlin am 16. Mai d. J. gehaltenen allgemeinen Versammlung von Deputirten deutscher Kunstvereine von mir befirwortet, dort nicht den gewiinschten Beifall gefunden hat. Dieses Mittel ist namlich, anstatt der generellen 6ffent- lichen Aufforderung, die persénliche Einladung an den einzelnen als tichtig bekannten Kiinstler oder von einem solchen zugefihrten Kunstgenossen, welche die Annahme von dessen Werken bedingt. — Tn reiflich erwogencr Anwendung desselben nach dem Vorgange и. А. des Rheinischen Gesammtvereins wie des Béhmischen Kunstvereins hat nun der norddeutsche Gesammtverein far den diesjihrigen Cyklus den ersten gemeinsamen Versuch gemacht, dem auch bei ihm immer mehr itberhand nehmenden Uebelstande, dass seine Kunstausstellungen mit schlechten oder sehr mittelmassigen Producten iberhauft wer- den, thunlich entgegenzutreten. Dieser Versuch ist, wie die eben be- endete Litbecker Kunstausstellung ausweist, bereits nicht ohne das er- wartete Resultat gewesen. Mit Recht ward dieser auch an Zahl der Kunstwerke nicht unbedeutenden!) Ausstellung das Lob ertheilt, dass man diesesmal nirgends so schilerhaft gemalte und so werthlose Bil- der hemerkt, wie sie alle unsere frihere Ausstellungen zur Genige ent- hielten, und wie sie andere zur Geniige enthalten, dagegen mit ge- ringen Ausnahmen durchweg gute sieht, wie solche bisher hier noch nicht vereint. gefunden worden. Ergiebt sich sonach die gedachte, auf die Ausschliessung von Mit- telmassigkeiten gerichtete erfolgreiche Manssnahme an und fir sich als eine nur zweckmassige, so ist dem norddeutschen Gesammtvereine doch sofort nicht entgangen, dass sich auch Manches dagegen sagen lasst. Nicht soll vor Allem verkannt werden, dass bei aller von den Kunst- vereinen angewandten Sorgsamkeit leicht in Bezug ouf junge, im Ent- stehen begriffene und noch nicht eingebirgerte Talente eine Ueberge- lung, ganz zuwider der Absicht, welche auf Erweckung und Ermun- terung des Gulen ausgeht, stattfinden kann, und hier méglicherweise das Gegentheil von demjenigen, was man bezweckt, erreicht wird. Mégen auch die renommirten Kunstler zur Vermeidung dessen noch so sehr um ihre Vermittelung far Uebersendung von Werken aufstreben- der unbekannterer Kinstler zur Kunstausstellung ersucht oder zu sol- cher dankenswerthen Zusendung, als im Sinne der Vereine, ermach- tigt werden, so liegt freilich gerade demzufolge, ausser manchen et- wanigen Missgriffen, die Besorgniss wiederum nicht ferne, dass durch dieses Mittel, als — nur za natirlich — einem stationdren Prinzipe der Kunst huldigend, unbewusst zu einer nicht winschenswerthen, wenn auch noch so geringen Einwirkung auf eine freie, frische und selbst- ‘standice Entwickelung des Kunstgenius die Hand geboten wird, indem die jiingeren originiren Talente unter das Protectorat der alteren Kinst- ler unwillkarlich geslellt werden, Dieses ist — wie kein Ding voll- kommen ist — die cinzige Schattenseite einer Einrichtung, welche aus dem speciellen und directen Gesichtspunkte der Kunstverecine, wie far den norddeutschen Gesammtverein der evidente Erfolg darthut, jedenfalls zu empfehlen sein dirfte. Libeck. Dr. Gaedertz. 1) Der Catalog zahlt 462 Gemalde. wahrlich ein ausgezeichnetes; es ist von einem Deutschen, Hamburger, der sich lange im Auslande aufhiclt und un- langst vom Kénige von Holland mit dem Eichenkronorden be- schenkt wurde — auch ecrhielt er den Auftrag die Konigin zu malen. GHri{fel. Ein belgischer Kiinstler, der seit mehreren Jah- ren in Paris seinen Wohnsitz hat, Franz Derre aus Briigge, hat vor Kurzem eine grosse Reiterstatuelte, ,St. Georg den Drachen bezwingend*, vollendet. Sie soll in Erz gegossen werden und ist fir die Londoner Ausstellung bestimmt. Es ist derselbe Kiinstler, welcher die schénen Léwen der St. Sulpiz- fontaine gearbeitet hat. — Schon seit lingerer Zeit hatte die Regierung die Absicht, in dem Kammergebaude eine Gallerie zu griinden, in der sich die Bildnisse aller Vorsitzenden der beiden Kammern befinden sollen. Jetzt hat sie schon mehrere Bestellungen gemacht; unter Andern ist der Director der Kunstakademie zu Léwen, Hr. Mathieu, beauflragt worden, das Bildniss des friiheren Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer, Isidor Fallon, zu ma~ len. (Indép. B.) arts, im September. Entdeckung eines Merovin- gischen Kirchhofes zu Envermeu. Der Abt Cochet, Inspector der historischen Monumente des Departements, hat vor Kurzem eine neue archiologische Entdeckung gemacht. Die Arbeiter, welche damit beschdftigt waren, einen neuen Weg von Blangy nach Bolbec, mitten durch Envermeu anzulegen, sticssen beim Graben auf einen Merovingischen Kirchhof, wel- cher den zu Douvrend und Londiniéres entdeckten sehr analog ist. So wurde im Thal der Eaulne wahrend der letzten zwilf Jahre der dritte frankische Kirchhof aufgefunden. Zu Enver- meu besitzt der Abt Cochet bereits mehr als funfzig Skclette. Die weiblichen erkennt man leicht an den Hals- und Armbin- dern, Ohrringen und andern Gegenstinden des Putzes; die mannlichen dagegen an langen Messern und Dolchen, an Haar- zangen und ahnlichen Dingen, wahrend die Krieger unter ih- nen durch Schwerter, Lanzen und Aexte charakterisirt sind. Am merkwiirdigsten ist unter diesen Gegensténden ein Mero- vingischer Helm, welcher, ahnlich den Helmen der Normanni- schen Krieger, die auf den Bayeux-Tapeten dargestellt sind, mit einer Spitze versehen ist. Nur das Gestell ist tbrig ge- blieben, was ebenso mit dem von Herrn Bateman in Derbyshire entdeckten Sachsenhelme, der eine Helmbuschverzierung in Form eines Schweines trigt, der Fall ist. Zu den Fiissen der in Envermeu gefundenen Skelette befanden sich irdene Gefisse oder Urnen in verschiedenen Formen. Der Ort, wo diese Ent- deckung gemacht worden, ist bekannt unter dem Namen la Tombe. Das Museum in Rouen, in welchem die Alterthtimer des Departements geordnet und aufbewahrt sind, wird auch dic- sen neuen und werthvolien Beitrag aufnehmen. (Reév. de Rouen.) А шие уегеще. Die AusschHiessung von Gemilden bei Kunstaus- atellungen, Wohl mag derjenige, welchem die Kunst wahrhaft am Herzen liegt, sich berufen fdhlen, Mittel far die Kunstvereine aufzufinden, und bemiiht sein, solche in’s Leben zu fahren, welche einerseits dazu bei- tragen, eingebildete oder mittelmassige KinsUertalente von Ergreifung oder Verfolgung des von vorne herein ermangelnden Kunstberufs ab- zohalten und vor Taiuschung zu bewahren, andererseits dazu dienen, Verlag von Rudolph und Theodor Oswald Weigel in Leipzig. — Druck von Gebr. Unger in Beriin.