мала.
	Organ
der deutSchen Kunstvereine.
	Aeltung
	fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Disseldorf — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
	redigirt von Dr. EF. Begers in Berlin.
	Ae 40. Montag, den 7. October. 1850.
	sich freilich das Verstandniss mehr als einmal mangelhaft und
ungeniigend erweisen. Man lasse diese Stelle ruhen, prage sie
sich scharf ein und trage sie wie ein Rathsel mit sich im Kopf
herum. Sehr oft treten gerade diese zweifelhaften Punkte einem
schon bei der nachsten Riickkehr mit voller Klarheit entgegen.
Beruht ihre Schwerverstandlichkeit auf Verderbniss und unge-
schickten Ausbesserungen, so wird auch dies dem vergleichend
priifenden Blick nicht lange verborgen bleiben, und mit der Er-
kenntniss dieses Grundes wird die Qual aufhéren. Gleichzeitig
werden diejenigen, welche fiir den geistigen Gehalt cines Kunst~
werks Sinn haben, nicht verabsiumen, sich denselben zu Be-
wusstsein zu bringen. Dies kann noch viel weniger rasch und
mit Einem Male geschehen. Das Verstindniss muss auch von
dieser Seite langsam und mit Hilfe innerer Dialektik vorbereitet
werden. Dazu aber ist Vergleichung mit anderen Kunstwerken
néthig, die man alle mit Bezug auf dieses eine durchgehen muss,
Ja man muss alles, was einem nur zu Gesichte kommt, in Rtick-
blick auf diesen Hauptgegenstand des Studiums betrachten, vor
allem auch die Erscheinungen der Natur. Dadurch wird die
Phantasie, statt in eine einseitige Thatigkeit versetzt zu werden,
im Gegentheil auf das vielseiligste beschaftigt. Ein solches zum
Hauptgegenstand erhobenes Kunstwerk bildet alsobald einen
Krystallisationspunkt, an welchen eine tiberraschende Menge
gleichartiger Krystalle der reinsten und schonsten Formation an-
schiessen und, hat man die erste Zeit scheinbarer. Unergiebig-
keit und Thatlosigkeit in Geduld abzuwarten den Muth gehabt,
so wird man sehr bald Andere, welche ganze Museen und dic
Эспаше отоззег Kunststadte verschlingen, tiberflugeln. — Auf
eigenes Urtheil, auf die Handhabung subjektiver Kritik mag man
dabei vorerst gern Verzicht leisten. Die fruchtbarste Kritik ist
diejenige, welche sich nirgends mit Worten vernehmen 18581
und mit Uebergehung alles Fehlerhaften und Unvollkommenen,
mit Verschweigung der Mingel, die jeder gewahren kann, nur
das hervorhebt, was wahrhafte Bewunderung verdient. Durch
voreiligen Tadel bringt man sich und andere um die edelsten
Geniisse, man versetzt gottgewcihte Schépfungen in die éden
Riume spiessbirgerlichen Schulmeisterthums und endet gewohn-
lich im Leichenhaus der Restauraloren, um aus dem, trotz aller
Unbilden, die es von der Zeit und von Menschenhanden erlitten
hat, immer noch schénen Kunstwerk ein anatomischcs Praeparat
herzurichten. -— Echte Werke des Genie’s pflegen sich unver-
wiistlich zu erweisen. Nimmt man sie daher, wie sie sind, so
	hat man im ungunstigen Fall riicksichtsloser Ueberarbeitung
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	Вени Beginn des Kunststudiums thut man wohl, von Wer-
ken anerkannten Verdienstes auszugehen und auf diese
Alles Verwandte zuriickzubeziehen.
	ъоы kein Urtheil so schwankend ist, als das, welches
iber Kunstwerke gefallt wird, so giebt es doch einige von vor-
zliglicher Bedeutung, welche sich bei allem Wechsel des Mode-
geschmacks im Ansehn erhalten haben. Diese muss derjenige,
welchem es um eigne Bildung und nicht blos um voriitberge-
henden Genuss zu thun ist, vor allem aufsuchen, sich mit ihnen
auerst ausserlich bekannt machen und aus diesen wenigen wie-
derum diejenigen aussuchen, welche seiner Gefiihls- und Em-
pfindungsweise besonders zusagen. Je geringer die Zahl dieser
auserwahlten Stticke ist, um so vortheilhafter wird dies fiir die
Stetigkeit der Geschmacks- und Begriffsentwickelung des Ler-
nenden sein. Wenn er sich nun aber vorselzt, eines oder
mehrere Werke so strenger Auswahl zu studiren, so wtirde
er sehr пре! Шип, wollte er alle Zeit vor denselben zubringen.
Auch ist fir den Anfang bescheidene Geniigsamkeit weit mehr
zu wiinschen, als ein hefliger, meist ungestiimer Angriff auf
den Gegenstand. Da alte Bilder fast ausnahmslos halb verlo-
schene oder schwer kenntlich gewordene Ziige darbieten, so
klagt man wohl oft das physische Auge der Schwache an und
sucht es durch scharfe Bewaffnung mit Glasern und Sehréhren
zum tieferen Eindringen in das Gemalde tichtig zu machen.
Dadurch wird die Sehkraft unniitzer Weise verbraucht, auch
wohl angegriffen und die Ungeduld, selbst der Unmuth gestei-
gert; wohingegen ruhiges Abwarten des allmahlig sich vorbe-
reitenden Verstandnisses alle diese kiinstlichen Anstrengungen
tiberfliissig und vollkommen entbehrlich macht. Die Anwendung
von Opernglasern hat fiir den Anfanger, der noch nicht hin-
reichende Uebung erlangt hat, den geschirflen Blick auf die
Nervenknoten cines Kunstgebildes zu Jenken, den nicht uner-
heblichen Nachtheil, dass dadurch der Gesammteindruck zerstért
und Einzelheiten in ein allzu grelles Licht gesetzt werden. —
Soll man daher jungen Leuten cinen positiven Rath geben, wic
sie cs zu machen haben, um zu ihrem Zweck zu gelangen, so
wiirde derselbe ungefihr darauf hinauslaufen, sich das im All-
gemeinen licbgewonnene Kunstwerk zuerst nur mil der beschei-
den gehegten Absicht anzusehen, sich von dem Totaleindruck
durch genaue Priifung der Umrisse Rechenschalt zu geben, ge-
radeso als wollte man es im Geiste durchpausen. Dabei wird