gen, dass zugleich auf einen Raum Bedacht genommen werde, welcher fiir die grésseren Bilder die néthige Schauweite her- giebl. EF. E. Масш таре zur zweiten Ausgabe von Kugler’s Handbuch der Geschichte der Malerei, etc. Von G&G №. Waagen. НАШе des t4ten Jahrhunderts zu einer eigenthiimlichen Aus- bildung gelangt ist, welche sich von der gleichzeitigen célni- schen Schule, vornehmlich durch eine gréssere Bestimmtheit in den Formen, durch eine starkere Modellirung, wie durch kraf- tigere und tiefere Farbung unterscheidet. Einige noch vor-~ handene Bilder beweisen nun, dass Niirnberg schon vor dem Auftreten der realistischen Richtung mit Michael Wohlgemuth in der Malerei auf Sachsen einen gewissen Einfluss ausgeiibt hat. Zwei Fligel eines grossen Altars, urspriinglich in einer Kirche in Braunschweig, jetzt in Besitz des einsichtigen Samm- Jers, Kaufmann Schulz in Zelle, haben alle jene Eigenschaften, und zeigen in jedem Betracht einen tichtigen Meister. Die eine Seite der Fliigel enthalt a. den im Charakter und Ausdruck sehr gul gelungenen Pilatus, wie cr sich die Hinde wischt. Der Kopf eines Dieners ist hier von grosser Kraft und Warme des Fleischtons. b. Christi Niederfahrt zur Hélle. Der Ausdruck des Erbarmens in dem Christus ist vortrefflich. Die Geburt Christi und die Anbetung der Kénige auf der anderen Seite haben leider sehr gelitten, doch erkennt man noch den hochst е еп und schénen Kopf der Maria auf der Geburt. Diese hochst kKostbaren Ueberreste der Malerei aus einer so bedeutenden Stadt wie Braunschweig méchten etwa von 1370 —1380 fallen. Einzelne Figuren am Hochaltar der Barfiisserkirche zu Er- furt, welche vordem die Aussenseiten der Fliigel gebildet haben, jetzt aber nach einer Umgestaltung des ganzen Altars durch den Buchbinder Schropp anders angebracht worden sind. Unter sechs mannlichen Heiligen erkennt man Laurentius, Se- bastian und zwei Bischéfe; unter sechs weiblichen, Catharina, Barbara und eine Heilige mit einem Kinde. Ausserdem zwei Propheten, der Erzengel Michael und singende Engel. Alle diese befinden sich jetzt auf einzelnen Tafelu. Obgleich diese Bilder sehr gelitten und durch Restauration viel von ihrem urspriing- lichen Charakter eingebiisst haben, kann man doch sowohl den Charakter jencr nirnberger Eigenthimlichkeit, als ihren erheb- lichen Kunstwerth noch sehr wohl erkennen. Nach dem minder reinen Geschmack der Gewander dirften sie dem Ende des 14ten Jahrhunderts angehéren. Ich wende mich jetzt nach dem siidlichen Deutschland. Durch die noch im Carlsstein vorhandenen Malereien des Niko- laus Wurmser aus Strassburg wissen wir, dass jene ideale Richtung der Malerei bald nach der Mitte des 14ten Jahrhun- derts in dieser Hauptstadt des Elsass einheimisch war. Durch eine Bibel mit Miniaturen auf der k. Bibliothek zu Miinchen lernen wir, dass auch noch in der ersten Halfte des 15ten Jahr- hunderts im Elsass in der naimlichen Weise gearbeitet wurde, nur dass manche Képfe schon ein individuelleres Geprage haben. Dieses gilt gleich von dem sehr individuellen Kopf des Bischofs, welcher ohne Zweifel den Codex hat schreiben lassen, und auf dem Titelblatt in Verehrung seines Schutzheiligen Rupertus dar- gestellt ist. Ein Stammbaum Christi, auf welchem unten wie gewohnlich der schlafende Abraham vorgestellt ist, unterscheidet sich von den sonstigen dadurch, dass darin nicht die einzelnen Hauptpersonen, sondern sechs Vorginge aus dem alten und sechs aus dem neuen Testament dargestellt sind. Die Propor- tionen der Kérper sind hier sehr kurz, die Farben sehr kraftig und schén, die Modellirung der Képfchen, der nackten Korper, wie der Gewander sehr zart. Die Grinde sind golden oder farbig. Bilder von dieser geschickten Hand kommen noch hin und wieder vor. Die Mehrzahl, z. B. die Schépfungstage und die Bilder in den Initialen, rihren von ciner ungleich gerin- geren Hand her. Am Ende findet sich folgende Inschrift: ,Finita est hec (sic) Biblia in vigilia Sancti Johannis Baptiste. Per Johannem Freybechk de Kénigsbrugk. Sub anno Domini millesimo quadringentesimo vicesimo octavo. Sweig o kare A1* Zur Malerei in Béhmen, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden von 1350—1450. (Fortsetzung.) Dass die Weise der altcoInischen Schule auch in Nieder— sachsen Eingang gefunden, beweisen folgende Denkmialer. Ein Altarschrein zu Liineburg auf dem hohen Chor der Michaels- kirche, dessen Mitte in vergoldetem und bemaltem Schnitawerk die zwélf Apostel, Johannes den Taufer und andere Heilige enthalt, umfasst auf den inneren Seiten der grossen Fliigel und auf der Riickseite der Mitte die Hauptmomente aus dem Leben Maria und Christi, von der Verkindigung bis zum Tode der Maria in 36 Feldern, von denen je neun auf die Fliigel kom- men. Die Aussenseiten der Fliigel stellen in grésserem Maass- stabe die Kreuzigung und in der bekannten Vorbedeutung der- selben, die Errichtung der ehernen Schlange dar. Die Com- positionen sind zum (Theil ausgezeichnet, mir ganz neu aber das Motiv einer fiir Christus bei Pilatus biltenden Frau auf der Vorstellung des Ecce homo. Obgleich die meisten Képfe noch den bekannten Typus haben, so finden sich doch auch schon einige sehr individuelle, z. B. der Hohepriester Caiphas, und in. den Gewindern zum Theil schon Goldbrokate. Hienach dirfte das Bild in Betracht seiner Oertlichkeit etwa 1420 — 1430 fallen. Es sind zwei Hande daran zu unterscheiden, von denen die bessere in einigen Vorstellungen, z. B. in dem Kopf der ster- benden Maria, dem Meister Wilhelm nicht nachzustehen braucht. Auch sonst ist die Maria noch 6fter von grosser Zartheit, und haben auch andere Képfe viel Ausdruck. Das Nackte ist aller- dings, zumal bei dem lJangen Christus am Kreuze, sehr schwach und mager, die Ausfihrung aber, besonders in dew schénen und weichen Falten der meist in gebrochenen Farben¢gehaltenen Gewander fleissig. Die zweite Hand, von welcher die Bilder auf dem rechten Fligel, ist allerdings ungleich schwacher und fliichtiger. Dass dieselbe Kunstweise in Limeburg auch in der Miniatur- malerei herrschte, beweist das Titelblatt im ersten Bande des Sachsenspiegels auf der dortigen Stadtbibliothek, welches auf einer ganzen Seite des grossen Folioformats den thronenden Kaiser Carl den Grossen darstellt, wie er dem Wedekind (hier Witte genannt) das Herzogthum Sachsen zur Lehen giebt. Nach den zum Theil individuellen Képfen und dem ganzen sonsligen Kunstzuschnitt méchte dieses Bild ungefahr aus derselben Zeit sein, wie der vorher erwahnte Altar. Die Farben sind hier indess kraftiger, die Fleischtheile von warmbraunlichem Ton. Die Ausfihrung zeigt eine sehr geschickte Hand. Auch die Vignette an der Spitze des zweiten Bandes gehort hierhe¥, ob- wohl darin der Realismus schon mehr hervortritt. Der namlichen Kunstweise gehéren endlich die Bilder von zweien, auf beiden Seiten bemalten Kirchenfahnen in dem be- nachbarten, vormaligen Nonnenkloster, jetzigen Frauleinsstift Line an. Ich habe schon vor einigen Jahren nachgewiesen, ) dass jene ideale Kunstrichtung auch in Nurnberg in der zweiten 1) S. Kunstwerke und Kanstler in Deutschland Bd. I, 8. 163 ff.