Aeitung
	Г bildende Kunst und Baukunst.
	Organ
der deutschen Kunstvereine.
	Unter Mitwirkung von
	Kugier in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Dusseldorf — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — Férster in Minchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
			redigir!  von Dr. F. Eggers in Berlin.
	Montag, den 21. October.
	gerichts traten die einzelnen Vereine zuriick und йЪегНеззен
die Geschaftsleitung dem Verein in Weimar, welcher durch
seinen Vorstand Geh. Rath v. Miller und dessen. Nachfolger
Hofrath Scholl mit unermiideter Ausdauer auf die Erreichung
des Zieles hinarbeitete, wahrend dem Miinchner Verein das
Gutachten tiber die Ausfiihrung des Werkes anvertraut wurde.

Bereits im Winter 1847 auf 48 war das Gyps~Modell der
Statue vollendet und hatte der Erzguss durch Inspector F. Mil-
ler in Mimchen bis zum August vollendet sein und die Auf-
richtung erfolgen kénnen, wenn nicht die stiirmische Bewegung
der Zeit die Seelen nach einer ganz andern Weltgegend ge~
wendet hatte. Verstaubt und mit Russ bedeckt stand fast zwei
Jahre lang die Statue in einem Winkel der kénigl. Giesserei
in Minchen, als ein in diesem Gebaéude ausgebrochener Brand
die Gefahr eines plétzlichen, ganzlichen Verlustes derselben so
nahe zeigte, dass man im Vertrauen, das im Ganzen unbedeu-
tende Deficit durch neue Beitrige decken zu kénnen, die Aus-
fihrung der Statue beschloss, und Herrn Inspector Miller de-
finiliv mit derselben beauftragte, auch als Tag der Einweihung
den 25. August dieses Jahres (1850) festsetzte. Die Aufgabe
war nicht leicht, zumal an demselben Tage der Coloss der Ba-
varia in Miinchen vollendet aufgestellt sein musste, und die
Krafte Miller’s auf fast ibermenschliche Weise in Anspruch nahm.

Dennoch hielt Miller Wort und gewann noch so viel Zeit,
um die fertige Statue wenigstens einen Tag lang in Munchen
ausstellen zu kénnen, wobei die Bevélkerung eine so grosse
Theilnahme an den Tag legte, dass Miller sich einer ahnlichen
fir ein anderes Werk nicht erinnern kann.

Von Weimar aus wurde der Wagen mit der Statue vom
Herder-Verein festlich eingeholt; die Statue ward aufgerichtet
und verhillt, bis der 25. August sie dem Leben schenken wiirde.

Eine Vorfeier am 24sten im Theater sollte die Gemither
auf den Festtag vorbereiten und mit gliicklichem Takt war von
den Dichtungen Herder’s der ,entfesselte Prometheus“ ausge-
wahlt worden, um gleich auf den leitenden Grundgedanken von
Herder’s weitreichender Thatigkeit hinzuweisen, auf die voll-
endete (in der Agathia dargestellte) ,Menschlichkeit*. Der ge-
niale Franz Liszt hatte die tiefsinnige Dichtung zum Ton-
werk umgeschaffen, das unter seiner Leitung mit Hiilfe des
Theaterpersonals und des sehr riihmenswerthen Orchesters vor-

irefflich ausgefithrt wurde.
Der 23ste war ein Sonntag und die kirchliche Sonntagfeier
	wurde mit dem Fest in Verbindung gebracht. Von derselben
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	Die Herderstatue und das Herderfest in Weimar.

(Hierbei eine Kunstbeilage.)
	Ais man im Jahre 1844 in Deutschland sich erinnerté,
dass am 25. August vor hundert Jahren Johann Gottfried
Herder geboren worden, und an mehreren Orten der Geburts-
tag festlich begangen wurde, verlauteten zugleich Wiinsche und
Plaine, dem Gefeierten ein 6ffentliches Ehrendenkmal zu errich-
ten; namentlich waren es die Freimaurer-Logen in Darmstadt
und Weimar einer- und ein freier Verein in Miinchen anderer-
seits, welche eine solche Stiftung und zwar beide fiir Weimar
beabsichtigt und eingeleitet hatten. Da jede der beiden Verei-
nigungen bereits einen Kiinstler und einen bestimmten Entwurf
zur Statue im Auge hatten, so war eine Zersplitterung der
	Krafte zu beftirchten, welche indess durch Vermittelung des.
	Grossherzogs von Weimar glicklich verhttet wurde. Auf seine
Veranlassung und auf Antrag des Miinchner Vereins wurde ein
Schiedsgericht in der Art gebildet, dass fiinf verschiedene Orte
und Herdervereine (Darmstadt, Weimar, Miinchen, Dresden und
Berlin) je mit finf Stimmen sich dabei betheiligten; dabei wurde
festgesetzt: beide Entwirfe machen gleichzeitig die Runde, ein-
fache Stimmenmehrheit entscheidet iber den Vorzug; der Kiinst-
ler, dessen Werk nicht gewahlt wird, erhalt eine angemes-
sene Entschadigung. Von Seiten Darmstadts war der Bildhauer
Scholl, von Seiten Minchens der Bildhauer Schaller in Vor-
schlag gebracht. Durch Stimmenmehrheit (von indess nur einer
Stimme) ward der Entwurf Ludwig Schaller’s zur Ausfih-
rung erkoren und von diesem das Werk sogleich in Angriff
genommen.

Zur Erreichung der nothigen Geldmittel war von den уег-
schiedenen Vereinen ein Aufruf an Deutsche in allen Landen
zu thatiger Theilnahme ergangen und siehe da! die ersten Bei-
irage kamen aus St. Petersburg, Dorpat und Riga, und gleicher
Weise aus Neapel, Florenz und Mailand, dann aber auch aus
vielen Orten in Deutschland. Von deutschen Fuirsten bethei-
ligten sich ausser der grossherzoglichen Familie in Weimar,
der Kénig yon Preussen, der Kénig von Sachsen, und die
Grossherzége von Hessen und von Oldenburg. Von Privaten
haben durch sehr bedeutende Beisteuern das Werk am meisten
gefordert Hr. Heinrich Mylius der Aeltere in Mailand, Hr.
Inspector Ferdinand Miller in Miinchen und Hr. Baron von
Cotta in Stutigart. Nach der erfolgten Entscheidung des Schieds-