Aueofilolatt. Organ der deutschen Kunstvereine. Aettung fir Dildende Kunst und Baukunst. Unter Mitwirkung von Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Dusseldorf — Schnaase in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Miinchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien redigirt von Dr. F. Hegers in Berlin. Montag, den 28. October. und der Handwerker, um ein Bild aufzustellen von der weit- reichenden, wohlthatigen Wirksamkeit eines ernsten, umfassen- den Kunstlebens. Mit Eifer wurde der Plan von den Kinstlern ergriffen, mit Begeisterung gingen die Birger darauf ein, und so wurde nicht ohne Kampf mit hundert Schwierigkeiten aller Art, durch das Geschick der erstern und durch die seltne Aus- dauer der leiziern das Fest (fiir dessen eigentliche Herstellung nicht mehr als vier Tage zur Verftigung waren) auf eine Weise ausgefithrt, dass es von allen Theilnehmern und Zuschauern als das schénste der bis dahin erlebten gepriesen wurde. Der Grundgedanke des Festes war, dem Konig als Kunst- fiirsten ein Zeichen des Dankes vor dem ganzen Lande, dessen Sinnbild enthillt werden sollte, zu geben und bei der Gelegen- heit sich selbst als das zu zeigen, was man durch den Segen seiner Kunstunternehmungen gewerden war. So entstand ein Festzug, der in verschiedenen Abtheilungen und durch eigens geschmiickte grosse Wagen und charakteristische Gruppen ein reizendes Bild des gewerblichen Lebens von Minchen vor den Augen des Kénigs und der vielen Tausende, die die Theresien- wiese bedeckten, aufrollte. Da ohnehin das Octoberfest im Gange war, fehlte es nicht an Hiitten, Baumen, Fahnen und Festlichkeit aller Art auf der Wiese. Dem verhiillten Stand- bilde gegeniiber war des Kénigs Zelt errichtet, und dorthin begab sich der Zug. Voran ein berittenes Musikcorps, und mit dem ersten Wagen, auf welchem wie in einem Blumengarten mit fréhlichen Kindern die Biiste des Kénigs stand, die Biirgerschaft der Vorstadt Haidhausen. Mit dem zweiten Wagen, auf dem von Frichien und Blumen eine Pyramide aufgefiihrt worden, und Blumen- und Fruchtgewinde zu Lauben sich wélbten, kamen Gartner und Gartnerinnen mit Ananas—Thyrsusstében, Trauben und allerlei heimischem Obst, mit Rechen und Spaten und son- stigen Gartengerathschaften; ihnen folgten die Miller und Mehl- verkdufer, und diesen die Backer und Conditoren, die Alt- und Jung-Metzger und Alle hatten die Instrumente wie die Ergeb- nisse ihres Handwerks zu Verzierungen ihrer Wagen benutzt. Der Wagen der Bierbrauer und Fassbinder trug einen Riesen- pokal, nach der Zeichnung des Malers Creling ausgefiihrt, von schoner altdeutscher Form und reichem Ornament, wobei auf geistreiche Weise ein Kranz von Bierfassern mit wirklichem Gehalt angebracht war. Die Gastwirthe kamen mit einer ganzen yollbesetzten Wirthstafel in einer griinen Laube angefahren und Wein und Wildpret bildete auf die mannigfachste Weise die Decoration. 43 Das Fest der Enthiillung 4ег „Вахапа“ ш Мапевеп. Mi der Vollendung des Kolosses der Bavaria feiert die deutsche Kunst einen ihrer gréssten Triumphe, sowohl in Be- ireff der Schénheit der Slatue, als der Schwierigkeit der Auf- gabe, die fir Bildhauerei und Erzgiesserei dabei gestellt war. Vom 21. Mai 1837 datirt der Vertrag tiber die Herstellung des Werkes und im J. 1838 hatte Schwanthaler das Hiilfsmodell (in heroischer Griésse) gefertigt, das sodann 1840 in der eigens dazu erbauten Hiitte neben der Erzgiesserei ins Kolossale tiber- tragen wurde, wobei der Meister wesentliche Abinderungen yornahm. Namentlich wurde die Bewegung des rechten Armes, welcher das Schwert mit aufrechter Spitze trug, gedndert, der Helm mit einem Eichenkranz vertauscht und statt des Lorbeer- kranzes gleichfalls ein Eichenkranz in die erhobene Linke ge-_ geben; aus der schreitenden Figur aber eine stehende gemacnt,_ und vieles in den Gewandmotiven vereinfacht und vergrossert. Zum Behuf des Gusses wurde 1844 ein neuer grosser Anbau an die Giesserei gemacht und am 11. September des Jahres der Kopf der Bavaria gegossen. Im Ganzen besteht die Figur aus funf Stticken und den beiden Armen; der Lowe aus drei Stiicken und den beiden Tatzen; fiir das grésste Trumm, die Brust, mussten 380 Centner Erz in den Ofen geworfen werden; es war eine der furchtbarsten Anstrengungen, die je ein Kinstler erlebt; nach vier durchwachten Nachten und zum Tod anstren- genden Tagen konnte der Guss beginnen und ward mitten unter dem in Brand gerathenen Dachstuhl glicklich ausgefihrt. Am 22. Juni 1850 ward das Fussstiick des Kolosses an seinem Be- stimmungsort auf der Theresienwiese im Beisein des Kénigs Ludwig aufgestellt und am 7. August d. J. unter allerlei Feier- lichkeiten und ebenfalls in Gegenwart des Kénigs der Kopf auf- gesetzt, bei welcher Gelegenheit dem Publicum ein anschau- licher Begriff von den Gréssenverhaltnissen der Statue gegeben wurde, indem vor Aller Augen ein und dreissig Perso- nen in den Kopf stiegen, da dieser noch auf dem Transport- wagen stand. Es war ziemlich natiirlich, dass die Kiinstler Minchens die Einweihung dieses Standbildes als Anlass eines Festes benutzen wirden, zumal da das Jahr 1850 unter andern Verhiltnissen das 25jahrige Jubilium des Kénigs gebracht haben wiirde. Aber auch der Gedanke lag nahe, das Fest zu einem allgemeinen zu machen, namentlich zu einem gemeinschaftlichen der Kunstler