sich niederlegte. Und wie sie nun dastand, die gewallige Ge-
stalt mit dem edeln, milden Antlitz, die Lenden gegtirtet, das
Schwert in der Rechten, den wachsamen Liwen zur Seite und
hoch in den Liften den Kranz der Ehren fiir die Verdienste um
das Vaterland, da erscholl ein vieltausendstimmiges Lebehoch
dem vor Allen berechtigten Trager des Kranzes, dem Konig
Ludwig. Der Maler Teichlein hielt eine Rede, in welcher
er diesem Jubelruf ausfiihrlichere Deutung gab, die Lieder-
tafeln stimmten einen Hymnus an, die Kanonen donnerten, aber
iiber alles klang die Freude des Volkes, und durch alles des
Kénigs Worte: ,Ich stehe in meinem 64. Jahre, und habe viel
Schénes gesehen, und viel Frohes erlebt; aber das Schénste
und Froheste heute !“

Ich fige noch einige Notizen tiber die Statue bei, die man-
chem Leser von Interesse sein diirften. Die Stérke des Me-
talles ist an den untern Stiicken 3 Zoll, an den obern } Zoll;
verwendet wurden im Ganzen auf die Statue 1560 bayr. Centr.
Erz von tirkischen und norwegischen Kanonen. Einige Kosten-
angaben mégen fiir Kunstunternehmungen an andern Orten Be-
deutung haben. Fiir die Hitle, in der die Bavaria modellirt
wurde und die nothwendigen Hebemaschinen 6300 Fl. Schwan-
thaler erhielt fir das Modell 23,300 Fl. Das Metall kostete
93,600 Fl. Sammtliches Material bei den Gussarbeiten, das von
verschiedenen Gegenden Bayerns geliefert wurde (als Holz und
Kohlen aus dem bayr. Gebirge, Gyps von Oberau, Steine von
Miinchen, Sand von Donauworth, Eisen von Bergen etc.) 53,000FI.
Werkzeuge von Miinchner Birgern geliefert 3000 Fl. Der Bau
des Giesserei-Anbaues 9000 FI. Gertst zur Aufstellung 1500 Fl.
Transport von der Giesserei auf den Platz 300 Fl. Ftir simmt-
liche Arbeiten wahrend sechs Jahren an die Arbeiter der Erz-
giesserei 41,500 Fl. Die Gesammtsumme der Kosten fir die
Statue ohne Piedestal ist 233,000 FI.

Sehr merkwiirdig ist das Innere der Statue. Durch eine
Thiire an der Riickseite des Piedestals gelangt man zu einer
steinernen Treppe, welche mit 66 Stufen durch den Kern des
Piedestals in die Figur fiihrt, die bis etwa zur Héhe der Waden
ausgemauert ist, Von da an ist der innere Raum frei und gleicht
einem Bergwerk mit Nebengangen (in den Lowen). Eine leichte
aber solide Treppe aus Gusseisen von 58 Stufen fiihrt inmitten
des Raumes zum Hals empor und in den Kopf, wo zwei Sophas
angebracht sind, und mehre Oeffnungen, durch die man die
Aussicht ins Freie, auf die Stadt und die herrliche Alpenkette
hat. Am héchsten Punkte des Kopfes ist die vom Kénig fest-
gesetzte Inschrift angebracht: Dieser Koloss, von Ludwigl.
Konig von Bayern errichtet, ist erfunden und mo-
dellirt von Ludwig v. Schwanthaler und wurde inden
Jahren 1844 bis 1850 in Erz gegossenund aufgestellt
von Ferdinand Miller. E. Forster.
	Die jingsten Arbeiten der Diisseldorfer Kiinstler.
Von R. Wiegmann.
		Ich will die Leser nicht ermiden mit Aufzahlen der ein-
zelnen Gruppirungen, die ohnehin durchs Wort nur dirftig sich
darstellen lassen; denn was hilft es, den grossen Schuh der
Schuhmacher, den Webstuhl der Weber mit seinen wehenden
Fahnen und Bandern, die Schmiede und Wagner mit ihrem
endlos grossen Rad und dem michtigen Hufeisen nennen zu
héren, wenn man nicht die Art der Anordnung, die Betheili-
gung der Meister, Gesellen und Lehrjungen, die bunten, scho-
nen Costiime und das ganze frohe Treiben, die rauschenden
Musikchére, die flatternden Fahnen und Wimpel, den Jubel
der Massen und das milde Flimmern der Herbstsonne, den reinen,
tiefblauen Himmel und das klare Angesicht der hohen Alpen
zugleich mit geben kann. Mit richtigem Takt war aber auch
dem Ernst in diesem Bilde des Lebens seine Stelle gesichert:
schmucklos zog der Wagen der Schwertfeger daher, und trug
nichts als eine eiserne Riesenfaust mit einem Riesenschwert.

Den Uebergang zu den Baugewerken machte der Wagen
der Vorstadt Au mit einem etwa 20 F. hohen Modell der Auer
Kirche, die bekannilich grossentheils das Geschenk des Konigs
Ludwig ist. Der Festwagen der Maurer war eine Capelle von
Backsteinconstruction auf der Basis des griechischen Kreuzes
mit einem Kuppelthurm uber der Kreuzung, nach der Zeichnung
des Malers Herwegen; die Steinmetze kamen in ihrer Bau~
hiitte angefahren, in der sie Capitéle und Gesimse hatten, und
vor der ein grosser steinerner Giebel aufgestellt war. Dabei
dringte sich die Bemerkung auf, dass ungeachtet der offen-
baren Begiinstigung der antiken Bauweise durch Konig Ludwig
die Festdecorationen alle den Charakter der romantischen Bau-
kunst hatten; vielleicht ein Zeichen, dass fir ein Wechselver-
haltniss von Kunst und Leben die fremde, wenn noch so schéne
Architektur nicht Warme genug hal.

Die Zimmerleute fuhren in einem Haus einher, dem sie erst
den Dachstuhl aufgesetzt hatten; die Schlosser kamen mit einem
kolossalen Léwen, der den Schliissel des Reichs im Rachen
irug; die Hafner (Tépfer) brachten Terracotien in allen Gréssen
und Formen. Sehr schén war der Bau, den die Decorations-
maler vorfuhren, eine ganze Loge, innen und aussen von Ma-
	lern und Tapezierern geschmackvoll ausgestattet, im Sty! mau—_
	risch-romanisch, und rings mit einem Blumengarten umgebden.

Den Schluss des Zuges hildete der Kiinstlerwagen. In
einer griinumrankten, offnen Laube stand die Statue des Konigs
Ludwig im Krénungsschmuck; zu seinen Fiissen vor ihm die
Architectur mit dem Modell der Walhalla, rechts daneben die
Sculpiur mit der Bavaria, links die Malerei mit Pinsel und Pa-
letie, alle Figuren iiber Lebensgrésse (und doch in ein Paar
Tagen von Creling und einigen Gehilfen modellirt!)

Der Konig war tbergliicklich, und oft gingen ihm, der
Kénigin und wer in seiner Nahe war, vor Rihrung die Augen
liber, zumal als der letzte Wagen heran kam und plotzlich das
Volk darauf zustiirzte und mit dem Ruf: ,Den Kénig. Ludwig
ziehen wir!“ sich mit an den Wagen spannte, der von zwei
prachtig geschmiickten, von Rossebandigern in blauem Sammt
und weissen Trikots geleiteten, Viergespannen gezogen wurde.

Nachdem alle Wagen des Kénigs Zelt passirt und sich im
offenen Viereck um dasselbe aufgestellt hatten, begann die Ent-
hillungsfeier mit einer Festouverture. Eine 88 F. hohe und
42 F. breite Bretterwand verhillte den Anblick der Statue. Der
ebenso geschickte, als kiihne Vorstand der Erzgiesserei, F. Mil-
ler, halte die Anordnung so gemacht, dass die ganze, grosse und
schwere Bretterwand mit einem Ruck niederfiel und das Stand-
bild auf seinem hohen Postament wie durch einen Zauberschlag
sichtbar wurde. Der Moment war itberraschend, denn das nie-
derfallende Gertist wurde von der zu durchschneidenden Luft-
schicht aufgehalten, so dass es ganz sanft, wie ein leichtes Blatt
	Nachdem wir In eimem frtheren Artikel’) die hervorra-
gendste Erscheinung auf dem Gebiete der Oelmalerei und in
der Richtung der realistischen Historienmalerei am hiesigen Orte.
—namlich Lessing’s ,Huss* — besprochen haben, darf es
wohl mit Recht erwartet werden, dass wir, ohne vorher alle
in diese Rubrik gehérenden Bilder von mehr oder weniger un-
tergeordnetem Range aufzuzahlen, sogleich zu dem bedeutend-
sten Werke wtbergehen, welches von hiesigen Kinstlern auf
	1) Siehe deutsches Kunstblatt No. 26.