Seite der Kirche und den hier geschilderten Momenten aus der Geschichte der heiligen Jungfrau, wie die katholische Kirche sie lehrt. Zunachst am Eingange und der Orgelbihne, der Geburt Christi gegeniiber, enthalt das grosse Wandfeld ,die Geburt der Maria“ und unterhalb dieser Darstellung die vorbildlichen Frauen des alten Testamentes von K. Miller. Das Hauptbild ist eine vortreflliche Composition und in der Malerei eins der lebenvolisten und wirkungsreichsten. Der Kiinstler hatte sich durch die sehr in die Tiefe des Bildes gehende Anordnung der Gruppen eine Aufgabe gestellt, deren Lésung in den sehr be-~ schrankten Mitten der Freskomalerei grosse Schwierigkeiten finden musste. Aber vollkommen sehen wir diese Schwierig- keiten tiberwunden und staunen iiber die Méglichkeit, so grosse Klarheit mit soleher, dem Fresko wenig angemessenen, tiefen Stimmung und kraftigen Haltung vereinigt zu sehen. Die vorbildlichen Frauen, Eva, Sarah, Rahel, Abisaeg, Esther, Abigail, Judith und Bethsabe, sind auf einem teppich- artig gemusterten Hintergrunde in einfacher Reihe neben ein- ander dargestellt und zeigen in Anordnung, Zeichnung und Malerei ein tiefes Gefiihl fiir Adel und Schénheit der Form. Vor Allen ist die Eva ein Meisterstiick der Freskomalerei; eine solche Weichheit und Vollendung der Modellirung pflegt man nur von der Oelmalerei mit ihren ,vielfachen Hilfsmitteln er- reicht zu sehen. Die beiden kleineren Bilder von Ittenbach, unter dem eben Erwéhnten, stellen ,die Eltern der Maria an der goldenen Роме zu Jerusalem“ und ,Maria als Kind auf den Stufen zum Tempel* dar. Von der der Kreuzigung gegentber befindlichen Schluss- wand des stidlichen Kreuzarmes hat ein grosses Fenster nur kleine Bildflachen zu beiden Seiten ibrig gelassen. Diese hat K. Miller sehr geschickt zur Darstellung der Verkiindigung zn benulzen verstanden. Links vom Fenster steht der Engel in gelblichem Gewande, fast im Profil, und deutet mit der Rechten auf die h. Jungfrau auf der andern Seite des Fensters. Diese, mehr von vorn gesehen, empfangt den Gruss mit dem Ausdruck demuthvoller Hoheit. Beide Figuren, besonders aber die letztere, sind in Zeichnung, Gewandung und Malerei im edelsten Style gehalten. Die unendlich fein empfundene jung- friuliche Bewegung der Maria ist mit einer so wunderbaren Schénheit gepaart, wie es nur von sehr wenigen Kunstwerken aus den besten Epochen der christlichen Kunst geriihmt wer- den kann. — Ueber dem Fenster, in der Spitze des Bogens, befindet sich, in Beziehung zu den eben betrachteten beiden Figuren, die theilweise von Wolken verhiillte Gestalt Gott Va- ters. Der tbrige Raum ist mit Ornamenten und zwei Medail- lons ausgefillt. Unter den beiden Figuren der Verkiindigung befinden sich, in Uebereinstimmung mit den anderen Hauptwinden, noch zwei kleinere Bilder desselben Kinstlers, ebenfalls von grosser Schén- heit, — namlich unter dem Engel die ,Heimsuchung“, und unter der Maria ,,die Vermahlung “. Die dritte Hauptwand enthalt, der Auferstehung Christi ge- geniber, die Himmelfahrt der Maria von K. Miller. In dem untern Theile des Bildes umringen die Apostel, theils knieend, theils stehend, den Sarg, aus welchem Blumen spriessen. In dem oberen Theile wird die h. Jungfrau von dem auf Wolken thronenden Christus gekrént. Beide sind in schneeweissen Ge- wandern und umgeben von lobsingenden und musicirenden En- gelchéren. Auch dieses Bild ist reich an Schénheiten aller Art, besonders aber fesselt der Chor der Engel mit seinen liebli- chen Einzelnheiten unser Auge. Hierunter die obligaten beiden kleinen Bilder von Itten- AL* Ет Кешег 2еих15 hat sich so eben die Leinewand zurecht gestellt. Von seiner machtigen Pallette versucht ein Hund, ihm die Farben herunter zu lecken. Seine Korndhren sind so tau- schend der Natur nachgeahmt, dass die Végel herbeigekommen sind, daran zu picken. Dem Architekten naht sich der Biber, mit dem Zirkel im Gurt und belehrt ihn mit erhobenem Docir- finger, wie er bauen soll. Noch ein anderes Muster hat er an der Mauerschwalbe da-oben. Ganz unten hab’ ich noch einige kleine Faulthierchen und eine Biene entdeckt. Das ist wobl eine nicht ganz unwahre Anspielung auf das seltene Talent, was die Kiinstler mitunter in der Abwechselung zwischen Faul- lenzen und Bienenfleiss an den Tag zu legen pflegen. Auch Orpheus ist gegenwiirtic, der den Thieren singt. Sie nahen ihm huldigend von beiden Seiten. Links ein ganz hingerissener Esel. Er bringt das Beste, was er hat, das Schénste, das er auf den Fluren findet, einen Diestelkranz. Rechts wiegt sich, wohlgefallig zuriickgelehnt, die Hande nachlassig tiber den Bauch geschlagen, der Elephant mit einem Lorbeerreis im Rissel. Die kunstkennerische Gourmandise kann nicht besser ausgedriickt werden, als es hier in der selbstzufriedenen, schmunzelnden Physiognomie dieses asthetischen Télpels geschehen ist, der als Zeichen seiner Zunft eine Schelle in dem breiten Ohrlappen tragt. Nun folgt ein Jiinger Plato’s. Er kniet neben des Mei- sters Buch iiber die Unsterblichkeit der Seele, auf welches er sich mit der einen Faust stiitzt, obschon er keineswegs gesonnen ist, so unbesehen in verba magistri zu schworen, wie die prak- , tischen Experimente bezeugen, die er uber das wichtige Thema anzustellen scheint, Denn in der andern Hand halt er eine Puppe, eine Art Wickelkind, dem eine ungeheure Psyche in Form eines michtigen Schmetterlings aus dem Munde steigt. Ein anderer flattert schon daneben und die von ihm entbundene Puppe schreit aus Leibeskraften. Nebenan wird Arachne von Kreuzspinnen im Weben unterrichtet. Seidenwtrmer liefern ihr den Faden, fiir dessen Dauerbarkeit der Beweis daneben hangt, da er schon an zwei Verbrechern als Galgenstrick dient. Ein Flétenblaser tibt sich auf seinem Instrumente, auf dem sich die Nachtigall als Lehrmeisterin wiegt. Ihr entzticktes Auge lisst auf ein seelenvolles Lied schliessen, auf ihre Kunstfertigkeit der nebenan lehnende Faun, der seine Rohrfléten miissig in die Seite stemmt und sich dafiir mit gespitztem Munde auf das Nach- ahmen aus erster Hand verlegt. Die fleissigen Ameisen ver- sorgen unterdessen uneigenniilziger Weise das Nestvoll der Nachtigall mit ihren Eiern. — Nun folgt Plato selber mit Ari- stoteles. Zwischen beiden halt ein Atlas die Weltkugel. Wie fein sind hier die beiden Philosophen charakterisirt. Plato hat das Wort; zuriickgebogen, mit der erhohenen Rechten gliht er, seine Ansichten darzulegen und tibergiesst seinen Gegner augenscheinlich mit einem Strom blithender Beredsamkeit. Ruhig lachelnd wartet dieser das Ende ab. Er hat den Zeigefinger der Rechten, als ob er grindlichen Gegenbeweis liefern wolle, gegen den Daumen der linken gelegt. ,Ganz gut, mein Junge‘, wird er sagen ,aber nur praktisch! Du wirst mit Deinem Idealismus auf die Mohrenwische gehen, ich aber werde der Welt einen Alexander erziehen.* (Fortsetzung folst.) Die jiingsten Arbeiten der Disseldorter Kinstler. Уоп №. Wiegmann. (Schluss.) Wenden wir uns nun, bevor wir die symbolischen Dar- stellungen in dem Chore betrachten, zu der andern, sidlichen,