Nothwendigkeit bedingt, abgesehen von so manchen, wohl durch aussere Veranlassung vorhandenen Willkiirlichkeiten. Im Klei- nen habe ich an sonstigen Werken der Art manches Tiefge- fasste gesehen: im Grossen und Umfassenden ist mir derglei- chen in der nordischen Kunst zumeist wie ein mehr oder we- niger nebelhaftes Traumen des Gedankens erschienen. Ja, mich diinkt, das ganze Element dieser cyklisch symbolisirenden Bild- nerei hat nicht gerade einen erheblich héheren Rang als jene, mit den gegebenen Architekturformen spielende Symbolik des Mittelalters, deren Leere der Verf. selbst nachgewiesen hat. Auch ist dies Kunstgebiet fiir die Kunst selbst am Ende von zweifelhaftem Werth: der Symbolik an sich ist die Form, oder ihre Durchbildung, doch nur gleichgiltig, und ob Leben, ob Hieroglyphe aus ihrem Schoosse hervorgeht, kiimmert sie nur wenig. Wollie man wieder auf praktische Consequenzen deu- ten, so wiirde auch dies Gebiet als ein sehr gefahrliches er- scheinen, Es ist eben ganz einfach, meiner Auffassung nach, bildnerische Schwiche, was dieser Symbolik so bedeutenden Vorschub geleistet hat. Bildnerische Kraft bedarf ihrer tber- haupt wenig; will sie es aber, so hat sie zugleich auch die Kraft, dem symbolischen Elemente durch tieferes Leben zu- gleich festeren Inhalt zu geben. Die sinnvollste symbolisirende Darstellung des Mittelalters, der Triumph des Todes von An- drea Orcagna, gehdért Italien an, wo der freiere Natursinn in der Kunst schon seine Schwingen regte. Das Vermégen hatte der Norden, zumal Deutschland, ebenfalls von frither Zeit an, zum Theil noch frtiher als Italien; aber er blieb in dieser Beziehung — in der Architektur freilich ungleich grésser als Italien — langer gebunden. Manch Einem, der den gegenwartigen Stand der Dinge kennt, mag es vielleicht scheinen, als ob ich mich selbst mit diesen Widerspriichen gefahrlichen Angriffen bloss gestellt habe. Es giebt heutiges Tages eine besondere Partei, die mit Macht und Leidenschaft, wohl verbollwerkt durch eine griindliche Ge- lehrsamkeit, ftir den mittelalterlichen Spiritualismus der Kunst ficht und ihr Anathem gegen die Andersgliubigen, die , Sen- sualisten“, hinausschleudert., Indess wohnt der Kern der Partei doch etwas seitab, in Frankreich, wo alte und neue Kunstsiin- den, u. A. wohl das effektvoll Materialistische in der heutigen Kunst Frankreichs, zu einer solchen bussepredigenden Aesthetik, zu dieser viel ernsthafteren Reaction, als es unsre gutmithige Romantik war, getrieben hat. Wir in Deutschland haben nur einzelne zersprengte Vorkimpfer dieser eifernden Schaar; ich glaube, dass diese mehr Worte machen, als sie sonst Inhalt haben, und wenn sie sich auch anderweit gar mit dem starr-~ sten Ultramontanismus verbinden, — unsern Anféngen von un- befangener Kunst und unbefangenem Kunsturtheil, die heide, so Gott will, auf festem Boden stehen, droht durch sie keine Gefahr. Der Vert. aber gehort zu ihnen nicht, wenn auch Man- ches von diesem einseitigen Spiritualismus ihm, meiner Auffas- sung nach, angeflogen sein mag. Dafiir spricht zu voll, zu beredt, zu ergreifend das reine Gefiihl, der tiefe asthetische Ernst, der trotz einzelner Missklange (meinem Obr wenigstens erschienen sie so) das Ganze seines Buches durchdringt und in dem sich, wie ich meine, die verschiedenen Standpunkte fiir die ktnstlerische Auffassungsweise, der des Praktikers und der des Theoretikers, vereinen, also, dass jedenfalls das Gefiihl freudiger Gemeinsamkeit des Wollens und des Schaffens zu- rickbleibt. ео”. fertigte Portraits Sr. Majestat. Das eine, ein lebensgrosses Brust- bild, ist in Oel gemalt. Das andere, kleinere (eine Aquarelle) zeigt den Kénig sitzend, mit dem Arm in der Binde. — Letzteres, eine Kopie nach einem schon friher fiir die K6énigin ausge- fihrten Bilde wird, da es zum Geschenk fir eine héchste Dame bestimmt ist, bald Berlin verlassen. — Nur sehr wenige Kiinstler haben so die Form in ihrer Gewalt, wie Otto, und so hat er denn auch hier und vor Allem in dem lebensgrossen Brustbilde seine eigenthiimliche Herrschaft tiber dieselbe bewiesen. — Auffassung, Modellirung und der dadurch fixirte Charakter sind in diesem Portrait so innig miteinander verwebt und in eine vollkommene Harmonie gebracht, dass wir berechtigt sind, dies Bild mit 2u den vollendetsten Leistungen des Meisters zu zahlen und nur den aufrichtigen Wunsch aussprechen kénnen, dass sich ein gleichtrefflicher Kupferstecher finden mége, um dies Werk dem grésserem Publikum zuganglich zu machen. — Ausser mit mehreren Kopien nach diesem Bilde ist der Kiinstler gleich- zeitig héheren Orts beauftragt Se. Majestat inj Lebensgrésse, ganze Figur (stehend), zu malen und verspricht die hierzu ent- worlene, geistreiche Composition ein gediegnes Kunstwerk. ik. W. Minden. Das ,Frankf. Konv.-Blatt* theilt eine Stelle aus dem Tagebuche des Meister Miller, des Giessers der ,Bavaria“ mit, welche die begleitenden Umstande beim Gusse des Kopfes schildert und an demselben Tage niedergeschrieben wurde: »Es war am 11. Sept. des Jahres 1844* — so lautet die Notiz — » als zwei dicke Rauchsaéulen aus den Kammern der Erzgiesserei grade gegen den Himmel anstiegen und verkindeten, dass heute ein grosser Guss stattfinden werde. Ja, es sollte heut nicht allein das erste Stick der Bavaria, der Kopf derselben, es sollte auch mein erster Guss ge- schehen. Das Erz war flissig im Ofen, wie Wasser, ~— viele Zu- schauer, selbst fiirstliche Damen waren zugegen. Mit welch’ kaltem Blute stiess ich sonst den Zapfen aus; heute war mir so bange, so angstlich, doch es musste vor sich gehen. Das Erz stirzt hinnnter in die Form mit Macht, — mit pochendem Herzen erwarte ich das frohe Zeichen an den Luftréhren; aber — es will nicht erscheinen. ,,Da ist ein Unglitck im Anzuge“ durchschauert es mich; rasch bitte ich die . Vielen Zuschauer, die Galerie zu verlassen; da hére ich es pldtalich furchtbar prasseln in der Tiefe, Gott! die Form war — zersprungen! Armsdick strémte das Erz aus der Form, der Schreck lahmte mir alle Glieder, nichts mehr konnte ich thun, um zu retten, als nur einen Blick nach oben richten, mit den Worten: ,,Herr Gott, hilf Du!‘ Das war Alles, was ich vermochte, und stumm und still stand ich, mein Ungliick zu schauen. Da erkaltete der Feuerstrom — es dringt kein Erz mehr in die Form, ich sehe noch flissiges Metall auf der Hohe des Kanals, — ein Hoffnungsstrahl durchzuckt mein Innerstes, ich steige schnell iber den glihendeu Kanal, um io die Luftrébren zu sehen. Welch’ ein Anblick! — welche Freude! —- Feurige Augen glotzten mich an aus denselben und doch so freundlich, so fréhlich! — Welch’ ein Jubel, als ich ausrief: ,,Glick auf! der Guss ist ge- lungen!“ — Viel Schmerz, viel Freude hab’ ich schon erlebt, nie aber einen solchen Wechsel von Schrecken und Freude empfunden. Wie brannte ich vor Neugierde, zu erforschen, wie es zugegangen. Der Druck des Erzes hatte die zwei Fuss dicke Mauer um die Form durch- brochen, 40 Centner Erz str6mten aus der Oeffnung; endlich erstarrt die fliissige Masse und erstarrt in einem Momente, wo nicht mehr 50 Pfd. hatten aus dem Riss entweichen dirfen, sonst — ware der Guss misslungen. — Gewdhnlich nennt man so etwas einen glicklichen Zufall, doch mein Gefahi draéngte mich, mein Haupt zu entbléssen und die tief empfundenen Worte auszusprechen: ,,Gott, Dir danke ich Alles * SMuiden, 23. October. Kénig Maximilian I, yon Bayern hat den Plan gefasst, ein Gebaude fiir héhere wissenschafiliche Bildung zu errichten. Das Programm zu diesem ,, Athendéum “ wird nachstens verdffentlicht und damit eine Aufforderung an alle Architekten zur Einsendung von Entwirfen verbunden wer- Зет, im October. Vor einigen Tagen saben wir im Atelier des Prof. J. 8. Otto zwei im Auftrage des Kénigs ge-