umstrahlt, wird die ewige Roma liegen, von deren Wundern
und goldenen Haiusern die wilden und fremden Volker gehért
haben, so dass sich ihr wogender Strom nur in einer Rich-
tung zu walzen weiss, gen Rom, das wie ein prachliger Mag-
netberg mit Zaubergewalt die Vélkerwogen der Barbaren her-
ansaugt. Ihnen vorauf saus’t Attila, wie ein Meteor, mit der
Geissel in den Hinden. Eine zauberhafte Wirkung scheint durch
die Beleuchtung erzielt werden zu kénnen, zugleich Sage und
Wirklichkeit charakteristisch trennend und verbindend. Wah-
rend namlich die unten auf dem irdischen Schlachtfelde liegen-
den Kimpfer, deren Seelen eben den Geisterruf zur erbitterten
Fortsetzung des Streites vernehmen, wihrend diese in den na-
tiirlichen Farben und vom Abendlichte hell erleuchtet erscheinen
werden, gedenkt der Kiinstler die Aufsteigenden in immer mehr
verschleierter Farbung und unbestimmterem Lichte wiederzuge-
ben, bis dass ganz oben auf der Biihne des Geisterkampfs dic
magische Beleuchtung des Mondendaimmers eintritt, der eigent-
lichen Atmosphare fiir das Walten und Schalten der Geisterwelt.

Das Mittelbild dieser Wand wird die , Kreuzziige* veran-
schaulichen und ist eben im Entwurfe fertig geworden.

In der Mitte des Hintergrundes liegt das kuppelrciche,
palmenumwehte Zion. Ein langer Zug von Wallern zu dem
heiligen Grabe, der alle Elemente der Kreuzfahrer enthalt, zieht
sich in mehreren Windungen durch den Raum der Tafel hin.
Links im Mittelgrunde verschwindet der Anfang des Zuges hinter
einem Berge, auf dessen Héhe eine Gruppe von Rittern zu
Pferde, mit dem Ausdruck der lauten Freude, endlich die er-
sehnte Stadt zu sehen, ihre Fahnen schwenken. Ihnen folgen
geistliche Herren und Bischéfe, welche einen papstlichen Le-
gaten fiihren. Etwas néher dem Vordergrunde und in der Mitte
des Bildes erhebt sich ein zweiter Hiigel, der Golgatha bezeich-
net ist. Ueber ihn schreiten eben 6 Priester hinweg, die auf
einer Bahre, welche auf ihren Schultern ruht, die Lade des neuen
Bundes tragen. Dahinter reitet Gottfried von Bouillon. Er tragt
eine Dornenkrone auf dem Haupte und halt die goldne, die er
nur in Jerusalem anzulegen gelobt hatte, der himmlischen Er-
scheinung entgegen, die oben tiber dem Ganzen schwebt. Das
ist Christus, der auf einer Wolke steht, mit den ausgebreiteten
Armen die Kreuzesform beschreibend, strahlend in himmlischem
Lichte, als ob er einliide, zu ihm zu kommen Alle, die mih-
selig und beladen sind. Maria, die Firbitterin, schmiegt sich
zu seinen Fissen. Ein Kreis von Martyrern, die in Jerusalem
ihren Tod fanden, umgiebt Ши. In dem irdischen асе aber
folgt hinter Gottfried das wohlgeriistete Kriegsheer. Unter die
christlichen Fahnen mit dem Deus vuié, unter die Kreuze und
Kranze mischen sich mannigfaltige, sarazenische Trophaden und
der Reichthum einer orientalischen Kriegsbeute folgt ihnen nach.
An diese hat der Maler ein Motiv der Schattenseite der Kreuz-
ziige geknipft, indem er zeigt, wie Einzelne hinauflangen zu
den goldenen Kronen, die auf Schilden getragen werden, um
sie sich selber auf’s Haupt zu setzen. Das ist also das egoisti-
sche Sonderinteresse bei dieser gemeinsamen Unternehmung,
das ist der Misston in der Herrlichkeit der Fahrt zum heiligen
Grabe, das kleine, unklare Gewdsser, welches der grosse
Strom mit fortreisst, damit er an das Meer komme. Erlaben
wir uns dafiir an den Heldengestalten des Bohemund, des Tan-
kred und vieler anderen Tapferen, welche nun sich anreihen und
denen die saure Kriegsarbeit zugefallen war, wie die Gruppen
erschlagener Sarazenen anzudeuten scheinen, welche rechls im
Vordergrunde liegen. Weiter im Zuge und in der Mitle des
Vordergrundes erscheint Peter v. Amiens; er ist auf die Knie
gesunken, der feuereifernde Prediger. Mit ausgebreiteten Ar-
men wendet er sich empor gegen die himmlische Erscheinung
und scheint in stolzer Demuth die endliche Verwirklichung der
	andern eine Fackel, an deren Flammen sich unbesonnene In-
sekten verbrennen. Dann folgt die Nemesis, die Aufrecht-
erhalterin der Weltordnung. Sie Iehnt auf ein Rad und hilt
einen Ziigel in der einen, einen Apfelbiithenzweig in der an-
dern Hand. Endlich die Ananke, das blinde Fatum, mit ver-
schleiertem Haupte, einen Pfau zu! Haupten, zerborstene Ur-
nen, worin ihre Loose zu liegen pflegen, zu ihren Fiissen. —
Das blinde Schicksal hat seine Rolle ausgespielt. Die Vorse-
hung regiert die Welt.

Ich komme nun zu.den sechs grossen Wandbildern. Das
erste derselben, die , Zerstérung des Thurmes zu Babel“, oder
richtiger: ,die Zerstreuung der Menschengeschlechter* wurde
schon im Herbst 1848 vollendet. Wer kennt nicht aus eigner
Anschauung entweder des Kartons oder des ausgefiihrien Bildes
oder wenigstens aus der Beschreibung diese schéne Composi-
tion? Als ob ein elekirischer Schlag plétzlich das Menschen~
chaos chemisch in seine Bestandtheile zerlegt hatte, springen
die drei herrlich charakterisirten Gruppen der Semiten, Hamiten
und Japhetiten dem Beschauer entgegen. Bei den Semiten ma-
jestatische Patriarchenhoheit, die den von friedlichen Hausthie-
ren begleiteten Zug lenkt. Hine hochgewachsene Frauengestalt,
eine bliihende Kinderwelt machen die Familie des Erzvaters
vollstandig, tber welche eine Schénheitsfille der Erscheinung
ausgegossen ist, welche die Kraft der Charakteristik beherrscht,
indem sie sich ihr zugleich unterordnet. Ebenso scharf und
fein charakterisirt treten auch die tbrigen Gruppen auf. Dort,
bei den Hamiten, in der Mitte auf dem stumpfen Buffel der
dumpfe Priester, der die Gétzen im Arme angstlich hiitet, um-
geben von der unzuganglichen Verstocktheit des Alters und der
bléden Verehrung eines in Koérperfiille strotzenden jungen Wei-
bes. Endlich die schlanken und kraftigen Figuren der Japhe-
Шен, daherbrausend auf schnaubendem Rosse und im geflii-
gelten Laufe und sich fernhin verlierend in den Hintergrund,
eine weitreichende Ketie derer, welche weit in die fernsten
Zeiten, bis in unsere Gegenwart die Weltgeschichte zu machen
bestimmt sind. Dabei im Mittelgrunde des Bildes die grossen
Absatze des Thurmes, auf denen der gewaltige Jager von Ba-
bel in seinem Herrschertrotze sitzt, mitten unter dem herein-
brechenden Gericht des. oben aus den Wolken herunterfahren-
den Jehovah.

Der Entwurf zu dem nachsten Bilde, ,dem singenden Ho-
mer“, findet sich in No. 13. des deutschen Kunstblattes beschrie-
ben. Die ,Zerstérung von Jerusalem* — nach dem Oelgemalde
in der neuen Pinakothek in Miinchen — ist bekannt und wird in
einiger Zeit durch einen von Hrn. Waagen unternommenen, von
Merz ausgefiihrien und schon sehr vorgeriickten Stich noch
gréssere Verbreitung erfahren. Das Freskobild ist durch den
unermiidlichen Fleiss der Maler Echter und Muhr, der Ge-
hiilfen Kaulbach’s, in diesem Sommer der Voliendung sehr nahe
gebracht. Schon sieht man den siegenden Imperator an der
Spitze seiner Schaaren, beleuchtet vom Scheine der brennenden
Stadt. Auch der von den Furien gepeitschte Ahasver im linken
Vorgrunde ist fertig. Nur die Mitielgruppe, die des Oberpriesters
mit den Seinigen und die im rechten Vorgrunde hinausziehende
Christenfamilie, obgleich in den meisten Figuren schon in’s
Fresco tibersetzt, harren in einzelnen Parthien noch der Been-
digung.

Ob die ,Hunnenschlacht* noch Erganzungen zu erfahren ha-
ben wird und welche, um sie noch mehr als das in die alte
Welt hineindringende germanische Element zu charakterisiren,
das war noch nicht bestimmt. Kaulbach freut sich auf die Aus-
fiihrung in Farben, so wie er auch eine grosse Lust an der
stereochromatischen Manier von Fuchs hat, welche er anwen-
det. Unten, im Abendgold ergliihend und von fabelhaftem Glanze