grossen Idee, zu deren Apostel er sich aufgeworfen, zu feiern. Zugleich stellt er sich als Chorfihrer der Biissenden dar, 4е- ren jammervolle Gruppe hinter ihm erscheint, niedergeworfen in Zerknirschung und unaufhdrlicher Selbstpeinigung. Aber wie die Auflésung eines disharmonischen Akkords zichen hinter ihnen her die begeisterten Sanger der neuen Lehre, die Ver- kiindiger des Heldenruhms, das schénklingende Echo herrlicher, unverganglicher Thaten, die heitere Chronik des romantischen Mittelalters, das nun in seiner herrlichsten Gestalt, mit seiner hochpoetischen Blithe, dem Ritterthume, das Ganze beschliesst, als hatte der Maler nach ciner so beredten Schilderung des Zuges noch einmal Alles zusammenfassen und den Zeichenstift sagen lassen wollen: kurz es war der Kern der Welt, der nach dem heiligen Grabe zog; es war der in dem Herzen der Menschheit auferstandene, siegreiche Christus, den sie aber noch einmal in ihrem Glaubensdrang nach Golgatha schleppte und noch einmal kreuzigte, indem sie das Kreuz auf sich au nehmen sich vermass. Da sehen wir als cin schénes Symbol des Princips der christlichen Welt, der Liebe, die Dame des Ritters, getragen auf einer Bahre von Lorbeerdsten, welche auf den Schultern muskelstarker Mohren ruben. Ihr zur Seite schreitet der Ritter. Er lenkt ihren Blick, der eben unter dem zuriickgeschlagenen Schleier hervorstrahlt, hin auf die Herr- lichkeit der ewigen Stadt, sein siegreiches Schwert tragt die fromme Devise: Deus adjuva! Noch andere Gruppen folgen zu Ross und zu Fuss, die fernspiirenden Jagdhunde, der Falke auf dem Handschuh der Dame, Alles dient als Anklinge an die Romantik des Mittelalters, jene Zeit zu charakterisiren, welche ganz von dieser einen, hier dargestellten Idee durchwaltet und durchgeistet war. (Schluss folgt.) Die diesjihrige Kunst-Ausstellang in Dresden. ) Wir beginnen einen kurzen Bericht ther das Vorziglichste der diesjahrigen Ausstellung mit der Betrachtung der Werke des geistreichen Е Moritz von Schwind. In einem grossen Oelgemilde, im monumentalen Style, ur- springlich als das Mittelbild einer den Rheinsagen gewidmeten Reihe von Darstellungen gedacht, stellt uns der Ktinstler den Rhein mit allen seinen Nebenflissen nach ihrer historischen, értlichen und sonst characteristischen Bedeutsamkeit als Ge- stalten bildlich vor Augen. Das Bild hat nicht tiberall die Wir- digung gefunden, die es wohl verdiente, einestheils der Abnei~ gung wegen, welche im Allgemeinen bei einem grossen Theil des Publikums gegen die Darstellungen bildender Kunst vor- herrscht, welche iiber das Materielle, handgreiflich Wahre hin- ausgehend, rein dichterischen Anschauungen gewidmet sind, anderntheils durch eine, der vom Kiinstler beabsichtigten Wir- kung geradezu widerstrebende Aufstellung, wie eine solche z. B. auf der Berliner Ausstellung in sehr ungiinstigem Raume stattgefunden haben soll, wodurch der Beschauer zur Priifung gerade dessen aufgefordert wird, was an dem Werke das Ne- bensachliche, ja zum Theil absichtlich vermiedene ist, die De- tailausfihrung, wahrend der Totaleindruck ihm ganzlich ver- loren gegangen. Auf dem eigenthimlich grin gefirbten Wasser des Rheines erblicken wir die Gestalt des Kinigs der deutschen Flisse, noch jugendlich mannlich und kraftig in dichterischer Begeisterung 1) Wir stehen um so weniger an, diesen uns schon unmittelbar nach dem Schluss der Ausstellung zugegangenen Aufsatz jetzt noch zu geben, als derselbe sich nur mit hervorragenden Arbeiten von allgemeinem Interesse beschaftigt. D. Red. singend, sich selbst mit Volker’s Fiedel hegleitend, gleichsam ein Rhenus Musagetes, wahrend Nixen und Gnomen, mit dem Nibelungen Schaiz beladen, ihn umkreisen. Im Hintergrund sitzend am Ufer erkennen wir die Stidte des Rheinlandes als den Gegenstand seines Liedes, das alte Speier mit den Kaiser- sribern, als Bewahrerin der Geschichte; Worms, die Heimath der Nibelungen, im Gewande der Sage, und Mainz mit der dreifarbigen Fahne und der Mauerkrone, als die kampfende und sich gestaltende Neuzeit. Zu ihm heran, gleichsam gelockt yon der Gewalt seines Gesanges, kommen die Nebenfliisse, ihm in dem Schénsten, was ihre Ufer bieten, den Tribut darbringend ; da ist die jugendliche I}ler, das Modell des Strassburger Miin- ster auf dem Arm tragend; links in einer reizenden Gruppe erscheinen die allemanischen Flitsse, die tannenbekrinzte, vom Schwarzwald kommende, daher in dunkles Haar gehiillte Trei- sum mit dem schénen Thurm des Minster zu Freiburg, neben ihr die zierliche Murch mit dem Ebersteiner Schloss und die kleine von Hebel besungene Wiesen als liebliches Kind mit ihres Sangers Geschenk unter dem Arm, hinter ihr die Schul- tern mit der dltesten Kirche in Rheingau und ein den Ober- rhein bezeichnender Jiingling in Schweizertracht; voran die Oos mit der badischen Fahne und Frichten beladen, die neue Trinkhalle, jenes obengedachte Gebaude, fiir das das Bild be- stimmt war, herbeitragend. Aul der andern Seite sehen wir heranschwebend die Braut des Kheins, die hebliche Mosel, ihm die Blume ihrer Berge kredenzend, begleitet von der Nahe, die kennilich ist an dem Thurme der Rheinpfalz, bei der sie miindet, ebenso wie das kleine Bachlein bei KélIn am Bilde des dortigen Doms. — Im Vordergrunde der junge bliithenbekrinzte Neckar, welcher mit einem traubenbeladenen Pedellstabe, an welchem er das Pfalzer und Wiirttemberger Wappen tragt, als der Reprasentant der ristig der Wissenschaft sich widmenden Jugend erscheint, ihn begleitet zu seiner Linken, der am Heidelberger Schlossberg entspringende Wolfsbrunn als ein munterer Knabe mit dem Heidelberger Fass am Riicken hangend, eine Forelle als sein Wahrzeichen fithrend, und an seiner rechten Seite der Main mit dem Frankfurter Wappen am Ruder, kenntlich noch beson- ders an dem Giebel des Frankfurter Romer, den er tragt. — Auch selbst der Ludwigskanal, die neueste Verwirklichung eines schon von Carl dem Grossen gefassten Planes, ist nicht ausgeblieben und kenntlich an zwei Miinzen, die er (ein Knabe) als Geschenke dieser seiner Pathen Carls des Grossen und Lud- wig’s von Bayern am Halse tragt, die neue Befreiungshalle, die seine Miindung zieren soll, so wie ein kleiner Orientale, den er an der Hand fihrt, andeutend die durch ihn vermittelte dj- -recte Verbindung mit dem schwarzen Meer und Asien, be- zeichnen ihn noch naher, dahinter noch erkennen wir die Lahn mit dem Nassauer Wappen, und somit ist der Cirkel geschlossen, keines der nur einigermassen bedeutenderen Gewasser, das nicht in einer, seine characteristischen Eigenthtimlichkeiten be- zeichnenden Gestalt mit wahrer kiinstlerischer Schépfungskraft beschworen, hier erschienen ware. Schon diese gedrangte Uebersicht des Inhaltes wird tber- zeugen, dass wir es hier mit einer Dichtung nicht ganz ge- wohnlicher Art zu thun haben und dass man zur Beschauung dieses Bildes die ndthige Achtung vor Werken der Kunst, welche mehr als blos oberflichliche Augenweide, oder sonst blos sinnlichen Eindruck hervorzubringen bestimmt sind, mitzu- bringen habe. Da wird uns dann auch sehr bald der Reiz der rythmisch riumlich schénen Anordnung, die ruhige Sonderung und plastische Abrundung der verschiedenen Gruppen in seltener Verbindung erscheinen, und uns schon dadurch fiir den Kinstler Achtung einfléssen; weiler eingehend, finden wir die individuelle 45*