sondere liege. Die Symphonie als eine ahnliche Form in der Tonkunst betrachtend, hat v. Schwind cine gleiche Anordnung in bildlicher Darstellung versucht, und zwar in vier Haupttheilen, denen einer Symphonie ahnlich. Im ersten, dem Anfang des Ge- dichtes, giebt eine Concertprobe, (die nebenbei dadurch, dass Piano, Orchester und Chor zusammengestellt sind, sich als eine der von Beethoven in dieser Weise einzigen componirten Fan- tasie in C erkennen lasst), Gelegenheit zur Entstehung eines Verhaltnisses, das sich zwischen der, so eben das vor dem Schlusschor eingelegte Solo voriragenden Dame und ihrem kiinf- tigen Galten entspinnt. Das Solo ist ein Lobgesang auf die Freuden des Naturlebens, und auch diesen Inhalt hat y. Schwind durch die Einfassung angedeulet, welche in dusserst zierlicher wie gewandter Zeichnung vom frischen Wald und reiner schoner Luft uns bildlich erzihlt, so wie in Zwischenstiicken von Bad und Reisen und anderem Erquicklichen des Naturlebens die Rede ist. Ein zweiter Theil, gleichsam das Andante, bildet das Mittelbild, eine Begegnung noch ohne weitere Annaherung, dem folgt dariiber ein Scherzo in einem landlichen Maskenball, auf dem sich die Liebenden finden, und schliesslich daraber als Allegro der Moment der Hochzeitreise, wo der gliickliche Gatte mit der jungen Frau auf seinen Besitzungen angelangt, ihr den Wohnsitz ihres kinftigen hauslichen Gliickes zeigt. Nicht allein das Leichte, Gefallige dieser einfachen Idylle ist es, was, in dieser Form dargestellt, so wohlthuend wirkt, es ist dabei eine Formenschénheit, eine Reinheit des Styles dieser Gattung bildlicher Dichtung, und dabei eine so treffliche Be- wiltigung des sonst widerstrebenden modernen Costiimes sicht- bar, dass wir diese Zeichnung oder vielmehr Formendichtung von Schwind’s als eine der gelungensten seiner Arbeiten be- trachten miissen. Einige einzelne im Maskenball vorkommende Figuren, sowie vorzugsweise die zwischen diesem Fries befindliche Liebeser- klarung erinnert noch am meisten an das flache, formlose, soge- , nannte Moderne der Kunstdarstellung, wogegen diess in der Concertprobe zu unterst des Bildes auf eine merkwiirdige Weise vollstindig beseitigt ist, obgleich sowohl an Individualitét des Costiims als der Charactere durchaus nichts verloren geht. Noch hatten wir, ware uns der Raum nicht allzusehr zuge~ messen, von einigen kleineren Bildern v. Schwind’s zu sprechen, die zwar minder bedeutsam, doch jedes in seiner Art die Viel- seitigkeit unsres Kiinstlers, sowie auch dessen humoristisches Talent in sehr giinstiges Licht stellen. (Fortsetzung folgt.) Zur Kunde der altesten Kupferstecher und ihrer Werke. Von J. D. Passavant. (Val. No. 24. 22. 23. 28. 29. 32 (Nachtrag). 37. 38.) Die Schule des Francesco Francia in Bologna. Dass der Meister dieser Schule, der die Kunst des Gold- schmiedes mit der des Malers verband, Nielli gefertigt, kann nach der damaligen Sitte nicht bezweifelt werden; auch be- zeugen noch einige erhaltene Blatter, dass er Abdriicke auf Papier davon gemacht. Diese sind zwar ohne alle Bezeichnung, aber von so kiinstlerischer Meisterschaft und so sehr in der Art des F. Francia behandelt, dass unter den Kennern kein Zweifel obwaltet, dass sie nur ihm angehéren kénnen. Hierzu rechnen wir folgende: 1. Maria, mit dem Kind auf dem Schooss, silzt in der mitt- leren von drei Nischen, immer ein Engel mit einem Lilien- stengel stehen in denen zu den Seiten. Zwei Stufen fiihren zum Thron; tiber den Bogen der Nischen befindet sich eine Charakteristik der einzelnen Gestalten, die Natirlichkeit der einzelnen Gegenstinde in so schéner Vereinigung und Unter- ordnung unter den das grosse Ganze durchwehenden Styl, dass wir bald mehr itber die Wahrheit, bald mehr iiber die schéne Wahl der Formen und Farbenerscheinung uns verwundern, denn wenn auch zugegeben werden mag, dass der Reiz eines Colo-~ rites, wie es fir manche Bilder mehr sinnlicher Natur erwtinscht sein wiirde, allerdings nicht vorhanden ist, weil er hierher eben nicht passt, so ist doch die Gesammthaltung und Farbung in den von Stoff und Styl vorgeschriebenen Schranken so vol- lendet schén, dass auch selbst der, welcher materiellere For- derungen an das Colorit eines Gemiildes zu stellen gewohnt ist, nicht unberiihrt von dem asthetischen Eindruck dieser gesammten Farbenwirkung bleiben wird. Einige Hirten und Mindergelun- genes in der Hauptfigur des Rheines selbst, namentlich im Aus- druck des Kopfes abgerechnet, ist uns kaum eine Stelle des ganzen gewaltigen Bildes ausserhalb der gewollten schénen har- monischen Stimmung erschienen, und mége der intelligentere Theil des deutschen Volkes zu dem Besitz einer so schénen poetischen Dichtung sich Glick wiinschen, die dem belebenden und befruchtenden Elementargeistern einer der herrlichsten Gauen seines Vaterlandes ein so schénes Denkmal griindet. Wenn das so eben geschilderte Gemalde v. Schwind’s vom sogenannten grossen Publikum schon nicht gehdrig verstanden und gewurdigt wird, wie wir in mehreren Fallen gewahr ge- worden, so diirfie diess leicht noch mehr mit einem ebenso originellen als irefflichen Werke desselben Meisters der Fall sein, indem dieses — eine grosse Bleistiftzeichnung — zwar mit dem feinsten Sinn fiir ausgefiihrten Umriss vollendet ist, aber eine, weil dieser Darstellungsweise widerstrebende, soge- nannte Effectwirkung nicht haben kann, die vom Laien ge~ wohnlich als zur Vollendung unerlisslich gehalten wird; die- selbe wird daher eben nur denen geniesshar sein, welche den kinstlerischen Werth einer solchen urspriinglichsten und spiri- tuellsten aber bildlichen Ausdrucksweise voilstandig zu schatzen wissen. Ebenso wird der Inhalt der Darstellung Denjenigen nie klar werden, welche von der Kunst Handlangerdienste ihrer prosaischen Weltanschauung verlangen, und denen Werke, wie 2. В. Jean Paul’s, Hoffmann’s, Hauff’s und Weispflog’s phan- tastische und humoristische Schriften in ganz gleicher Weise als Ausgeburten des Wahnsinns zu erscheinen pflegen. — Von Schwind hat in der uns vorliegenden Zeichnung die bildliche Darstellungsform humoristischer Poesie, die Arabeske, das heisst, diejenige Form gewahlt, die ihm gestattete, durch Zeit, Oertlichkeit, Inhalt und Stoff an sich getrennte Momente irgend einer Dichtung statt eines einzigen auf einer Tafel zu vereinigen, ja die Absicht des Kiinstlers scheint noch tiefer und zwar dahin gegangen zu sein, zeigen zu wollen, wie nicht ein willkiihr- liches Zusammenwiirfeln in irgend welcher Beziehung zu ein- ander stehender bildlicher Gedanken und Stoffe, die Arabeske ausmachen kénne, sondern wie auch sie, so frei sie immer sich bewege, dennoch dem fiir jede Kunstdarstellung nothwendigen organischen Gesetz unterworfen sein miisse, wenn nicht ein geschmackloses Durcheinander daraus entstehen solle. Um recht deutlich zu bezeichnen, was wir hiermit meinen, méchten wir sagen, es scheint uns, als habe den Kistler bei dieser Zeich- nung noch die besondere Absicht geleitet, in derselben die rechte Anwendung dieser bildlichen Darstellungsform — der Arabeske — recht anschaulich zu machen, ganz so wic z. B. Schiller in jenem trefflichen didactischen Epigramm: »lm Hexameter steigt des Springquells fliissige Saule Im Pentameter drauf fallt sie melodisch herab“ bildlich hat ausdriicken wollen, worin die Schénheit der An- wendung der Metrik tberhaupt und dieser Versgattung insbe~