ХИ. $. 206. №. 1., von 4 Zoll 4 Linien Hohe und 1511 nebst
dem Monogramm bezeichnet, sind alle tibrigen sehr klein und
nielloartig gearbeitet, so dass sie Duchesne auch alle als solche
in sein Verzeichniss der Nielli aufgenommen hat. Es ist je-
doch kein einziges im Abdruck verkehrt bezeichnet, so dass
es zweifelhaft wird, ob es wirklich Niello-Abdriicke sind; da
indessen die Behandlungsweise, auch die oft vorkommenden
schwarzen Grinde ‘dieser Gattung von Kunstwerken so voll-
kommen entspricht, so kinnte es auch sein, dass, um das P
nicht so deutlich auf der Platte vortreten zu lassen, er es ver-
kehrt darauf gestochen habe.

Dass Lorenzo Costa aus Ferrara, ein Schiiler des Francia,
sich auch im Kupferstich und mit vielem Glick versucht, da-
von giebt ein Blatt Zeugniss, welches die Darstellung des Kin-
des im Tempel zum Gegenstande hat. Es ist mit feinem, ktinst-
lerischen Gefiihl und sehr bestimmt in der Vertheilung von Licht
und Schatten behandelt, tberhanpt eine sehr tichtige Arbeit.
Die Composition ist bis auf geringe Abweichungen, namentlich
dass das Christkind liegend, auf einem Tuch, von Joseph und
Maria dargereicht wird, der jenes Altarblattes im Berliner Mu-
seum No. 112 ganz ahnlich, und diirfte nach dem ersten Ent-
wurf zu letzterem, welches Laurentius Costa F. 1502. bezeichnet
ist, von dem Meister gestochen worden sein. Hohe: 5 Z. 9 L.
Breite: 4 Z. 11 L. Im Besitz des Dr. Wellesley in Oxford.

Ueber Marc Antonio und seine Werke Alles mitzutheilen,
was ich dariiber zu sagen wiisste, wirde hier zu weit fihren.
Ich beschranke mich deshalb vorerst auf die Bemerkung, dass
wenn auch einige bisher unbekannt gebliebene Blatter seiner
Hand aufgefunden worden sind, dagegen eine weit gréssere
Anzahl ihm zugeschrieben wird, die ihm nicht angehort. Hier
will ich nur des berithmten Kindermords mit dem Tannenbaéum-
chen, B. No. 19, gedenken, welcher wohl unter der Leitung
des Marc Anton, aber aller Wahrscheinlichkeit nach von Georg
Pens gestochen worden ist; die Behandlung des Grabstichels
ist sehr verschieden und weit steifer als die des Originals
No. 20; in Bezug auf die Zeichnung und den Ausdruck der
Képfe bleibt er weit hinter demselben zuriick. — Sodann sind
die Namen der Meister, nach welchen Marc Anton und seine
Schiller gestochen haben, noch sehr zu berichtigen. So тайм
unverkennbar die Composition des sogenannten Traums des Ra-
phael, No. 359, von einem Venetianer, wahrscheinlich Gior-
gione, her; ist der Triumph des Titus, No. 213, nicht nach
Mantegna, sondern nach Giov. Antonio Razzi gestochen; gehd-
ren endlich die zwei stehenden Manner, No. 464, der Compo-
sition des betrunkenen Noah von Michel Angelo an und sind
sicher nicht von Marc Anton gestochen. Wenn Bartsch, dem
wir far die Kenntniss der alten Kupferstiche im héchsten Grade
yerbunden sind, sich zuweilen geirrt hat, so folgte er hierbei
éfters aus zu grosser Ehrfurcht vor seinen Vorgéngern ihren
irrigen Angaben, oder es fehlte ihm zur Bestimmung der Mei-
ster, nach welchen gestochen worden ist, die hinreichende
Kenntniss der italienischen Malerschulen und ihrer einzelnen
Meister. Wie schwierig es tbrigens in vielen Fallen ist, bei
den Kupferstichen den Erfinder der Composition zu erkennen,
wird jeder, der sich damit befasst, oft selbst genugsam em-
pfunden haben. Ist dieses doch schon haufig bei Original-Zeich-
nungen der Fall, wo wir in dem Vortheil sind, den unmittelba-
ren, ungetriibten Erguss des Meisters selbst vor Augen zu haben.

Einer der ausgezeichneten Schiler des Francesco Raibo-
lini war auch Jacomo Francia der Maler, welcher nach sei-
nen eigenen Compositionen mehrere Kupferstiche gefertigt und
meist mit I.F. bezeichnet hat. Seine Behandlung ist malerisch
und frei. Bartsch XV. S. 455 beschreibt neun seiner Blatter,
denen noch einige andere hinzugefugt werden kénnen; nament-
	Gallerie. Oval, Hohe: 2 Zoll 3 Linien, Breite: { Zoll 9 Linien.
¥n der Sammlung des Erzherzogs Karl in Wien.

2. Hercules, die Hydra erlegend. Duchesne No. 248.

3. Orpheus. Duch. No. 256. Dieses Blatt ist das weit fei-
ner behandelte Original der Copie von der Gegenseite des
Peregrini da Cesena. Duch. No. 255.

4. S. Hieronymus. Er kniet vor seiner Hohle, im Begriff,
sich mit einem Stein vor die Brust zu schlagen. Links ein
Lowe, rechis eine Léwin. Im Grunde links, wo auf einem
Fels ein Kreuz steht, sitzt er nochmals rechts gewendet, im
Profil gesehen und in einem Buche lesend. Dieses Niello auf

einer Silberplatte, mit einigen Vergoldungen, befindet sich im
Britischen Museum. Hohe: 3 Zoll, Breite: 2 Zoll 1 Linie. — Ott-
ley glaubt auch, das Niello: cin Weib mit drei Mannern und
einem Satyr, bei Duchesne No. 243, dem Meister Francia selbst
zuschreiben zu dirfen; die. Zeichnung daran ist jedoch fir ihn
nicht fein genug.

Zu verwundern wire es nun, wenn Francia beim Abdrucken
seiner Nielloplatten und nachdem Marc Anton zur Vervielfalti-
gung seiner Compositionen auch Kupferstiche gefertigt, nicht
selbst einige Versuche dieser Art gemacht haben sollte. Dieses
scheint auch wirklich geschehen zu sein, denn wir finden
unter den Blaitern, welche der friiheren Zeit des Marc Anton
zugeschrieben werden, aber dessen sonst stets vorhandenes
Monogramm nicht enthalten, drei Kupferstiche von der feinsten
Ausfihrung, die von der des Mare Anton sehr abweicht, da-~
gegen aber so sehr das Geprage des Meisters tragt, dass fiir
mich kein Zweifel besteht, sie seien von ihm selbst ausgefihrt.
Es sind namlich folgende:

1. Die Taufe Christi, Bartsch XIV. No. 22.

2. Die h. Katharina und Lucia, B. No. 121, welche beide
Figuren er auch auf einem grossen Altarblatt im Berliner Mu-
seum angebracht hat. Dieses ist bezeichnet, Francia aurifaber.
Bonon. 1502.

: 3. Das Urtheil des Paris. B. No. 339.

Nach Brouillot, Dic. I. No. 329, ware ein Blatt, das ich
jedoch nie gesehen, die h. Jungfrau mit den bh. Franziscus und
‘Antonius darstellend und DAF bezeichnet, jenen zwei heiligen
Frauen im Stich so verwandt, dass es demselben Kupferstecher
zuzuschreiben ware. Indessen beschreibt er Dic. I. No. 324
den Stich eines chimarischen Drachen und Lowen, mit andern
Thieren, welcher das Zeichen *RAF tragt, und den er dem-
selben Meister zuschreibt. Dieser ist aber sehr verschieden in
der Behandlungsweise, roh und unbeholfen im Stich, und dem
Zuan Andrea verwandt, von dessen Stich nach Leonardo er
auch die Hauptgruppe genommen hat. Dieser Umstand macht
es begreiflich, dass er hier so verschieden von andern Kupfer-
stichen erscheint, die A¥ bezeichnet sind und demselben Ste-
cher zugeschrieben werden. Diese sind sehr roh in der un-
geregelten Weise des Robetto, aber noch ungeschickter hehan-
delt. Wir miissen daher hier wenigstens zwei unter sich sehr
verschiedene Meister annehmen, die nur im Monogramm die
beiden letzten Buchstaben AF gemein haben, aber schwerlich
zur Schule des Francia gehéren.

Als ein unbezweifelter Schiiler desselben ist Peregrino
da Cesena zu nehmen. Gewéhnlich hat er seine Blattchen
mit P oder auch 0.P.D.C. bezeichnet, einmal jedoch in einer
Auferstehung Christi bei Duchesne No, 122. giebt er uns durch
die Unterschrift DE . OPVS . PEREGRINI . CE*. seinen vollen
Namen und seinen Geburtsort. Er ist ein sehr feiner Meister
und in Zeichnung und Darstellungsweise so sehr dem F. Francia
yerwandt, dass ber die Frage, welcher Schule er angehore,
kein Zweifel obwalten kann. Mit Ausnahme eines einzigen,
steif behandelten Blatles, ein sitzendes Kind darstellend, B.