stantinbogen haben 84 F. untern Durchmesser und sind obenein
cannelirt, die unsrigen haben nur 74 F. untern Durchmesser und
sind glatt; dort ist die altische, hier die ionische Basis ange-
wendet.

Es ubrigt noch, ein Wort zu sagen liber die Stellung des
Thores, d. h. tiber die Bestimmung dessen, was daran Vorder-
und was Riickseite sein soll. Unsere Alterthumsforscher sind
einhellig der Ansicht, dass die nach der Stadt gekehrte Seite
des Thores seine Stirnseite sein, dass mithin die Figur der
Plattform das Angesicht nach der Stadt richten miisse. Die

Griinde dafiir liegen in dem Gebrauch bei den Rémern, welche
ihre Victoria auf dem Triumphbogen als vor dem Heere her-

und in die Stadt einziehend dachten, und darum die Innenseite
des Thores als Vorderansicht behandelten und hier auch die
Dedication anbrachten. Konig Ludwig hat die Widmung: ,Dem
bayrischen Heere* an der Aussenseite, das Document der Er-
bauung aber an der Innenseite angebracht und jene somit zur
Vorderseite erklart. Folgerichtig kommt also die Gestalt auf
der Plattform in der Richtung nach aussen zu stehen, so dass
sie nicht als Victoria, oder Bavaria victrix, sondern als die
Reprasentantin des Landes zu deuten ist, welche das siegreich
heimkehrende Heer an der Pforte der Hauptstadt begriisst.
Diese Scheidung von Heer und Land oder Staat ist ein Ge-
danke der neuen Zeit und findet schwerlich irgendwo in der
antiken Kunst einen Ausdruck. Wie nur mit dem Hecre Vic-
toria war, so war auch Roma da, wo das Heer war, geht mit
ihm — der Macht des Landes — in den Krieg und kehrt mit
ihm aus demselben. Ist also das ganze Monument streng in
antiken Formen und selbst in dem Bildwerk in antikem Geist
gedacht, an dieser einen Stelle scheint die Anschauungsweise
der neuen Zeit, in welcher Staat und Heer weil entfernt sind,
identische Begriffe zu sein, ihr Recht geltend machen zu wollen.
Eine gute Abbildung des Denkmals besteht zur Stunde noch
nicht, wohl aber hat Lécherer sehr gelungene Lichtbilder
(von 6 Zoll Hohe) aufgeenommen. ef,
	Die diesjahrige Kunst-Ausstellung in Dresden.
	(Fortsetzung.)
	nicht noch Fusswege zu beiden Seiten vor dasselbe fuhrten,
bildet aber dennoch fir das Auge einen ausdrucksvollen Ab-
schluss der Sirasse, und hat bei der Richtung von dieser von
Siiden nach Norden seine schénsten Stunden im Morgen- und
im Abendsonnenlicht, wo die Flichen durch das reiche Spiel
von Licht und Schatten am meisten belebt sind und das fest-
liche Geprage des Baues in seinem Reichthum am deutlichsten
sich ausspricht.

Komme ich nun auf den Totaleindruck des Monumentes im
Vergleich zu seinem Vorbild zuriick, so ist er der eines frei
und leicht aufstrebenden Gebaiudes, wahrend der Constantin—
bogen etwas Schweres und Gedriicktes hat. Vergleichen wir
beide Bauwerke, so erklirt sich der Unterschied des Kindruckes
leicht aus den sehr verschiedenen Verhaltnissen ihrer Theile,
obschon beide ziemlich dieselbe Breite haben. (Der Constan-
tinbogen hat 77 Fuss 8 Zoll franz. Maass; der unsrige 81 Fuss
6 Zoll bayr. Maass.) Am Constantinbogen hat die Attika nahe-
bei ein Drittheil der ganzen Hohe: am Siegesthor noch nicht
ein Viertheil. Der Sockel des ganzen Gebaudes ist um elwa
2 Fuss hoher als bei dem Constantinbogen, der vielleicht nicht
ganz frei ist. Die Séulen am Siegesthor sind 32 Fuss hoch,
die constantinischen 26 Fuss 10 Zoll. Das Gebalk dort 8 Fuss,
hier 6 Fuss 8 Zoll. Am entschiedensten aber wirken die Portal-
éffnungen, deren mittlere am Constantinbogen zu 20 Fuss Breite
35 Fuss 10 Zoll Hihe hat, wahrend das gleiche Portal am Sie-
gesthor 39 Fuss Héhe zu 19 Fuss Breite misst. Noch mehr:
Am Constantinbogen geht das Gesims, auf welchem der mitt-
lere Bogen aufsilzt, noch unter die Héhe der Archivolte der
Seitenbogen herab; am Siegesthor hat dieses Gesims noch einen
Fries unter sich, und erst dieser Fries streift mit seiner untern
Linie an den, den Bogen wenigstens um einen Fuss tiberragen-
den Schlussstein, so dass hier der mittlere Bogen um 4} Fuss
liber den Seitenbogen beginnt, wahrend er dort noch nicht
2 Fuss dariber anfingt. Endlich sind die Portale am Constan-
linischen Denkmal einfach halbkreisrund tiberwélbt, die Bogen
am Siegesthor sind betrachtlich tiberhéht, wodurch ihre Linien
den freieren Schwung gewinnen. Dies sind die Abweichungen
vom Constantinbogen, die in Verbindung mit einer klar durch-
gefihrten Verjiingung, von unten nach oben, dem Siegesthor
seinen weit tiberwiegenden triumphirenden Charakter, seine ela-
stische Schénheit geben.

Aber es bestehen noch mehr Unterschiede und zwar sammt-
lich zum Vortheil des neuen Gebiudes. Héchst einfach und
naturgemass ist am Siegesthor die Vertheilung der Reliefs, so
dass die Architektur dadurch nur gehoben wird, wahrend am
Constantinbogen schon am Fussgestell der Séulen Reliefs ange-
bracht sind und diesem das Geprage von Starke und Festigkeit
nehmen; dann ist das Feld tiber den Seitenbogen, das bei uns
ein quadratisches Relief einnimmt, von zwei Medaillons neben-
	einander und einem Fries darunter ausgefiillt; oben aber an
	der Attika, wo bei uns die leichten Medaillons angebracht sind,
haben dort grosse schwere Reliefs ihren Platz erhalten. Ueberall
ist am Siegesthor auf die Wirkung architektonischer Flachen
Ricksicht genommen, wahrend am Constantinbogen schon das
Gesims des Saulenfussgestells, sowie das der Seitenbogen und
sogar der ganz constructionswidrige Fries daritber durch die
dusseren Wandflichen durchgefiihrt ist. Die Glieder selbst sind
an unserm Gebdude mit grossem Geschmack und constructivem
Sinn geformt, wiahrend sie dort schwerfallig und zum Theil
ohne Verstindniss gebildet sind. Die Wélbungen der Portale,
die am romischen Monument glalt sind, sind am unsrigen reich
casettirt. An einer einzigen Stelle diirfte es zweifelhaft sein,
ob die Abweichung vom Vorbild eine Verbesserung war, ob-
schon sie durchaus nichts Storendes hat. Die Sdulen am Con-
	Unter den plastischen Arbeiten auf unserer Ausstellung
zeichnen sich die der Professoren Rietschel und Hihnel,
die des Letateren noch besonders als erstes Debiit auf dem
bis daher noch nicht von ihm betretenen Felde christlicher Kunst
vorziiglich aus. Von Prof. Rietschel sehen wir in vier unver-
gleichlich schénen Basreliefs en medaillon die vier Tageszeiten
durch Genien, in kindlichem Charakter aufgefasst, reprasentirt,
in welchen vorzugsweise der rein psychische Eindruck der ver-
schiedenen Tageszeiten in einer ganz eigenthimlichen und
selbstandig neuen kiinstlerischen Auffassung versinnlicht er-
scheint, die an irgend einen Typus der antiken oder sonst einer
Kunstperiode nicht erinnert, und uns wiederum den Beleg bietet,
wie nicht der Stoff, sondern die Auffassung es ist, welche
ein Kunstwerk als cin in unserer Zeit entstandenes und der-
selben angehériges characterisirt; wenn wir daher das, was
wir als zeitgemass in diesem Sinne anderwarts gefordert, hier
als gegeben anerkennen, so hoffen wir, jedes Missverstindniss,
was sonst mit diesem Worte mdglicherweise verbunden sein
kénnte, beseitigt zu sehen.

Nicht etwa irgend eine im antiken oder sonst vorzcitlichen
Sinne gedachte symbolische, allegorische, emblematische Auf-
fassung oder eine die Nalurerscheinungen ciner jeden Tageszeit
schildernde Darstellung, wie sie so vielfallig geschaffen und
gesehen worden, finden wir in diesen Bildern wieder, sondern