am wenigsten empfehlen fassen; weil es hier darauf ankomml, jedes
Kunstwerk moglichst zur Geltung zu bringen, und Alle dem Auge
wohlgefallig zu ordnen, damit auch der Nichtkenner Freunde empfindet
und dadurch Lust und Liebe fiir die Kunst gewinnt. Zwei, auch meh-
rere fir sich ausserordentlich schéne und bedeutende Kunstwerke, kénnen
nebeneinander sich gegenseilig so erheblich schaden, dass der Eindruck
véllig verkimmert wird, wahrend andere sich gegenseitig zur Folie
dienen, ja erst glinzend zur Geltung zu bringen vermégen.

Die Aufgabe ist allerdings eine schwierige, denn neben dem Gegen-
stande sprechen der Charakter, die Auffassang, Stimmung, Ton, Wir-
kung, ja auch die Eigenthiimlichkeit der Behandlung und Ausfihrung
sehr wesentlich mit, Einzeln auf der Staffelei erscheint jedes Bild an-
ders, als neben mehreren; wie viel mehr also in dem bunten Bilder-
drange an den Wanden der Ausstellungen, wo so leicht das Gedie~
genste, wenn auch nur eine Zeitlang, durch cine Farbenwirkung dber-
schrieen wird, deren Soliditat sehr bald verschwindet.

Weit leichter ist es noch, das Publicum, als die Kinstler zufrieden
zu stellen, diese schieben Alles auf Platz und Umgebung wenn ihre
Bilder nicht so gefeiert werden, als sie es erwarten. Haufig tragen
aber auch die Kinstler einen Theil der Schuld, wenn ihre Bilder an
den Wanden ganz anders erscheinen als auf den Staffeleien in den
Werkstatten. Man sollte mehr Ricksicht darauf nehmen, dass an den
Wandflachen der Wohnzimmer oft viel weniger Licht auf die Bilder
fallen kann, als auf den Staffeleien, und dass ein Bild, je weniger
klar und bestimmt die Hauptsachen gehalten sind, da also um so dunkler
und flauer erscheinen muss, Gemalde, welche bei hellem Scheitellicht
durchgebildet wurden, einigermassen ginstig zu placiren, ist sehr
schwierig. Selbst die geringste Unebenheit im Farbenauftrag, jedes
irgend hervorragende Farbtiipfchen nimmt Licht auf, wirft Schatten,
und da bei verandertem Lichtwinkel, auch Licht und Schatten dieser
Unebenheiten wechseln, so wird die Gesammtwirkung und dadurch
der Charakter solcher Bilder unter Umstanden oft erheblich verandert.
Um in durch Wandfenster beleuchteten Zimmern diesen Uebelstand
einigermassen zu tiberwinden, bleibt kaum ein anderes Mittel, als die-
selben sehr niedrig zu placiren, wobei dann aber die dargestellten
Gegenstande tber Gebihr verkiirzt erscheinen,

Bei der Anordnung von Kunstausstellungen dies Alles und noch
vieles Anderes zu beriicksichtigen, und dennoch Jedem méglichst anf-
zuhelfen und Geltung zu sehaffen, das ist allerdings die PAlicht, aber
auch die héchst schwierige Aufgabe fiir diejenigen, in deren Hand das
Arrangement liegt.1) Halberstadt, Oct. 1850. Dr. Lueanus.
	1) Man kann die Anordner von Kunstausstellungen eintheilen in Solche,
welche nur Pflichten gegen die einzelnen Bilder anerkeunen, und solche,
welche dergleichen auch gegen die Gesammtheit im Auge haben. Mein vor-
trefflicher Freund scheint zu den Ersteren zu gehéren. Meine Bemerkungen
dagegen versuchten eine principmassige Gesammtanordnung geltend zu
machen. Ich wollte also an die Stelle einer langweiligen Einférmigkeit der
Mannigfaltigkeit die Durchfihrung eines fiir die Kunstgeschichte der Gegen-
wart wichtigen Grundsatzes treten sehen. Dieses ohne Einbiissung der dusser-
lichen Vortheile fiir das Placiren der einzelnen Bilder zu thun, halte ich kei-
neswegs fir schwieriger, als wenn man sich nur den Grundsatz, jedes
Kunstwerk maéglichst zur Geltung zu bringen, zum obersten gesetat hat. Es
wird demnach auch das Talent im Einzelnen wohlgefallig und vortheilhaft
anzuordnen nicht dberflissig. Hoffentlich werden hierin noch manche Er-
fahraungen gemacht und in unserm Blatte zur Kenntniss gebracht werden Е.Е.
	MA wuecetio lh.
	Пани Туегепе,
	Ueber Anordnung von Gebauden zur Aufstellumng
won Gemiilden )

bringt das Kunstblatt No. 41 den schon seit 1839 wiederholt besprochenen
Vorschlag des Herrn Professor Magnus; ich nehme daher gern von Neuem
Gelegenheit, die darin ausgesprochenen Principien auf das Warmste zu
empfehlen, da ich solche schon seit einer Reihe von Jahren practisch
angewendet habe, ja schon bevor mir der Aufsatz des Herrn Prof.
Magnus in der Bauzeitung bekannt wurde. Der erste Versuch wurde
bei uns bei Einrichtung von Zimmern zur Kunstausstellung durch den
Wunsch hervorgerufen, zwei Oefen auf eine Weise zu verdecken, dass
azugleich noch Raum zum Aufhingen von Gemalden gewonnen wirde.
Da nun die Bilder an den dadurch geschaffnen Schragwanden am klar-
sten und in der Wirkung am ruhigsten erschienen, so wurden spater
regelmassig in einer Entfernang von 20 Fuss, von der Riickwand aus,
dergleichen Wande aus je zwei 18 Fuss hohen und 18—20 Fuss breiten
Holztafeln errichtet, vor den Fenstern aber 15— 16 Fuss frei gelussen
und dadurch jedem Beschauer die Méglichkeit geboten, die hier pla-
cirten Gemilde sowohl nahe, als auch aus ziemlicher Entfernung ins
Auge fassen zu kénnen, ohne jemals selbst dem Lichte in den Weg
au treten, oder die Wirkung durch Blendung gestért zu sehen.

Wir haben bei solcher Vorrichtung selhst in einem grossen, nach
Mittag gelegnen Saale fiir die an den Schrigwanden aufgehangten Ge-
malde schones ruhiges Licht gewonnen, wobei es nur an den Eck-
fenstern der Vorhange bedurfte zum Schulz gegen das directe Sonnen-
licht. Spater wurden auch an den andern Enden des Saales durch-
gehende Schrigwande aufgerichtet, damit auch die gréssesten Gemalde
im ruhigsten Lichte direct geschaut werden kénnten. Auf diese Er-
fahrungen gestiitzt, habe auch ich die Magnus’schen Vorschlige, so
wohl bei Projectirung der neuen Kunsthalle in Bremen, als bei der
eines neuen Galeriegebaudes in Dresden empfohlen und namenilich mit
Herrn Prof. Semper, bei Gelegenheit unseres Zusammenseins in Minchen
1846 viel dariber gesprochen. Es scheint indess, als wenn die Herren
Baumeister mehr darauf geben, Sale von imposanter Gesammtwirkung
zu erbauen, als solche, in welchen die Gemalde als Hauptsache er-
scheinen.

Es lassen sich wbrigens in jedem grossen Saale dergleichen Ein-
richtungen leicht treffen und es ware sehr wiinschenswerth, wenu
dieses wenigstens in einigen Galerieen und grossen Kunstausstellungs-
silen geschdhe, um dadurch dem Principe durch 6ffentlichen Beweis
der Natzlichkeit mehr und mehr Bahn zu brechen.

Bei dieser Gelegenheit und in Bezug auf das, was in No. 39 des
deutschen Kunstblattes gesagt ist, darf ich wohl noch bemerken: dass
sich far das Arrangement der Gemilde in Galerieen und auf Kunstaus—
stellungen schwerlich bestimmte Regeln werden geben lassen. Jedes
Anordnen ist Sache des Geschmackes, des Talentes. Mag es auch fir
wissenschaftliches Studium der Kunstwerke sehr fOrderlich erscheinen,
zunichst das Verwandteste nach Schulen und nach der Entwickelung
derselben zusammenzureihen und deswegen dieses Princip fir Galerien
vorzugsweise zu befolgen sein, so wird es sich fiir Kunstausstellungen
	1) Wir erlauben uns, diesen Aufsatz, um sein Erscheinen nicht zu ver-
zogern und weil er ein den Kunstvereinen wichtiges Thema behandelt, unter
ihrer Rubrik zu geben. D. Red.
	[А Ш
	Montag, den 2. December 4. J. Vormittags von 10 Uhr an, beginnt allhier zu Dresden, im Raths- Auctions— Locale, in-
nere Ramxische Gasse No. 21, die dffentliche Versteigerung einer vorziglichen Sammlung von Originalzeichnungen, Ra-
dirungen, Kupferstichen und Holzschnitten von Meistern der italienischen und hollandischen Schule alterer und neuerer Zeit.

Genau abgefasste Verzeichnisse sind in den Buch- und Kunsthandlungen, so wie auf portofreic Zuschriften in der Ex-
	pedition des Unterzeichneten zu erhalten.
Dresden, im Monat November 1850.
	Carl Ernst Sicher,
Kéniglicher, auch Stadt- und Raths~ Auctionalor.
	Verlag von Rudolph und Theodor Oswald Weigel in Leipzig — Druck von Gebr. Unger in Bertin.