Dewtlches € ¢

 
	4eitung
fiir bildende Kunst und Baukunst.
	Aufl.

Organ
der deutschen Kunstvereine,
	Unter Mitwirkung von
	Kugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Diisseldori — Schnaase
in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Miinchen — Eitelberger v. Edelberg in Wien
	1850.
		Reform in Kunstangelegenheiten.
	№ Riickblick auf eine Correspondenz aus Wien in unse-
rer letzten Nummer, diirfte es fiir unsere Leser von Interesse
sein, tiber die dort milgetheilten Veranderungen an der Wie-
ner Kunstakademie den ausfiihrlichen Vortrag des Cultusmini-
sters, Grafen v. Thun, nachzulesen, den wir in Folgendem dem
amtlichen Theile der , Wiener Zeitung“ entnehmen:

Unter den Anstalten, welcher der Leitung des Unterrichts—Mini-
steriums anvertraut sind, nimmt die Akademie der bildenden Kinste in
Wien einen hervorragenden Platz ein, sowohl wegen des grossen Ein-
flusses, welchen sie als Bildungs-Anstalt fir Kistler auf das gesammte
Culturleben des Staates zu nehmen berufen ist, als auch wegen der
bedeutenden Mittel, mit welchen sie ausgestattet ist.

Die Einrichtung dieses Institutes beruht anf dem ihr im Jahre 1812
verliehenen Statut, welches aus den damals allgemein herrschenden
Ansichten itber Kunst- Akademieen hervorging, und dieselben auch im
Oesterreich zu verwirklichen bestimmt war.

Die k. k. Akademie der bildenden Kiinste sollte in zweifacher Be-
ziehung auf die Forderung der Kunst wohlthatigen Einfluss iben, ein-
mal als Kunstgesellschaft und Kunstbehérde der Nation, als welche sie
den Gang der Kunst zu tiberwachen, und ihre gedeihliche Entwicke-~
lung zu férdern berufen war, und sodann als Schule, durch Heran-
bildung eines tichtigen Kinstlerstandes.

Als Kunstbehoérde gestaltete sie sich zu einem Rathskdrper,
der aus ordentlichen und ausserordentlichen Kunstrathen bestand, und
anerkannte Kinstler durch die Ernennung zu Mitgliedern der Akademie
ehren sollte.

An der Spitze der Akademie stand ein Curator, mit der obersten
Leitung des ganzen Institutes beauftragt. В

Als Schule gliederte sie sich in vier Haupt-Abtheilungen,
deren jede von einem Director geleitet wurde und zwar:

1. Die Abtheilung fiir Maler und Bildhauer, welche in
folgende Unter -Abtheilungen zerfiel:

1. In die historische Elementarzeichnungsschule.

2. Die Kupferstecherschule, mit welcher in jingster Zeit die fri-
her abgesondert bestandene Schule fir Schabekunst yerbunden wurde.

3. Die niedere und hohere Landschaftsschule,

4. Die Schule der Blamenmalerei.

5. Das Zeichnen und Malen nach den Antiken und dem Modelle.

6. Die Bildhauerschule und

7. die in neuester Zeit durch Pensionirung des Professors einge-
gangene Schule fiir Medailleur- und Gemmenschneidekunst.

Daran schlossen sich Vorlesungen tber Anatomie, tiber Perspec-
tive und aber historische Composition.
	redigirt von Dr. F. Eevers in Berlin.
	Montag, den 25. November.
	Il. Die Architekturschule in drei abgesonderten Lebrkursen,
	ihr wurde auch die im Jahre 1841 gegrindete Ornamentenschule zuge-
wiesen.
	Il. Die Manufactur- und Gewerbzeichnungsschule.
	IV. Die Schule der Graveur- und Verzierungskunst,
welche aber nach dem Tode des Directors und bei zu geringer Theil-
nahme der Schiiler als selbstandige Abtheilung aufhérte, und mit dem
Lehrpersonale der Ornamentenschule einverleibt wurde.

Ausserdem werden auch aber Theorie und Geschichte der Kunst.
und ihre Halfswissenschaften Vorlesungen abgehalten, an welchen alle
Zéglinge der Akademie Theil nehmen kénnen.

Als weitere Bildungsmittel stehen der Akademie zu Gebole:

1. Die akademische Bibliothek und Kupferstichsammlung.

2. Die akademische Gemaldesammlung.

3. Die verschiedenen in den einzelnen Schulen befindlichen Lehr-
mittel, die theils aus gezeichneten und gestochenen Vorlagen, theils
aus Abgissen nach antiken Slatuen und Bisten, und nach antiken und
milttelalterlichen Ornamenten bestehen. Endlich

A, eine sehr werthvolle Sammlung von Gypsabgiissen, worunter
die beriihmten Elgin Marbles.
	Die Gesammtanzah! der Lehrer und der ibrigen Ange~
stellten der Akademie betragt gegenwarlig 2 Directoren, 16 ordent-
liche und 4 ausserordentliche Professoren, 3 Correctoren, 2 Custoden,
1 Bibliotheks—Assistent, 1 provisorischer Secretair, welcher zugleich
Protokollist, Registrator und Expeditor ist, 1 Cassabeamter, 1 Kanzlei-
Individuum und eine betrachtliche Anzahl Diener.

Far die einzelnen Schulabtheilungen bestehen 14 vom Allerhéch-
sten Hofe gestiftete Preise, ausserdem noch 25 andere Preise, welche
theils gestiftet sind, theils von Corporationen in fortdauernder Weise
oder aus der akademischen Aushilfscasse bestritten werden; ausserdem
noch 2 fir Kénstler bestimmte Preise, woranter der Reichel’sche, wel-
cher gegenwartig 800 Fl. betragt.

Auch besitzt die Akademie ein ihr eigenthimliches Verm6-
gen im Betrage von 376,000 Fl., welches ihr ein jahrliches Einkom-
men von nahe an 7000 FI. sichert, das durch Verloosung alterer Staats~
Obligationen im Laufe der Jahre sich noch sehr bedeutend vermehren wird.

Zum Unterhalte der Akademie steuert der Staat jahrlich die
Summe von nahe an 60,000 Fi, bei.

Vergleicht man mil diesem sehr bedeutenden Aufwande an Geld-
mitteln, Lehrkraften und Unterrichtsbehelfen, die durch die k. k. Aka~
demie erreichten Erfolge, so lasst sich nicht verkennen, dass sie zu
jenem Aufwande in keinem ginstigen Verhaltnisse stehen, und der hei
der Griindung der Akademie beabsichtigte Zweck nicht erreicht wor-
den ist. Sie hat als Kunstbehérde wahrend ihres beinahe 40jahrigen
Bestandes keine Geltung erlangt, und ihre Thatigkeit war in dieser
Beziehung auf die Erstattung einzelner Gutachten tiber locale Angele-

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