Der Unterricht im Zeichnen darf nicht nur auf Jene beschrankt sein, welche sich speciell der Kunst widmen, es ist zu wiinschen, dass diese Ferligkeit so gut wie jene des Schreibens allmahlich mehr oder weniger zum Gemeingute aller Gebildeten werde, fir die Gewerbetrei- benden ist sie ein unentbehrliches und dringendes Bedirfniss. Es muss daher Vorsorge getroffen werden, dass ein zweckmassiger Zeichnen- unterricht so viel als méglich an allen Mittelschulen und den héheren Classen der Volksschulen ertheilt, und dass tberdies fir Jene, welche sich frihzeitig dem Gewerbe zuwenden, eigene, ihren Bediirfnissen an- gemessene Zeichen- und Modelljrschulen errichtet werden. Dann aber entfallt aller Grund, die Akademie mit solchem Elementar- Unterrichte zu belasten. Die Vereinigung desselben mit der Akademie aufzuheben, ist aber auch deshalb hochst wiinschenswerth, weil sich von den Schi- lern in diesem Stadium der Bildang noch gar nicht sagen lasst, ob sie Beruf far die Kunst haben, sie daher an eine Akademie der Kinste nicht gehéren, und ihre Aufnahme an dieselbe nur dazu gefohrt hat und nothwendig dahin fahren muss, viele aus ihnen in eine Lebens- bahn zu locken, auf welcher sie bei dem sorgfalltigsien Unterrichte nie~ mals etwas Erspriessliches za leisten vermégen, gleichwohl aber ver- harren miissen, weil sie die Zeit versdumt haben, welche zu ihrer Aus- bildung fir einen anderen Beruf nothwendig gewesen ware. 3. Die Akademie soll demnach lediglich eine eigent- liche Kunstschule sein; als solche aber sowohl jene kiinstlerische Vorbildung ertheilen, welche eine fir alle Kunstjinger gemeinsame ist, als auch Gelegenheit bieten, zur Aneignung jener héheren ther die Gleichformigkeit eines gemeinsamen Schulunterrichtes emporragende. Kunstbildung, welche nur unter der speciellen Anleitung eines tich- tigen Kiinstlers und durch die Theilnahme an seinen Kunstschépfungen erworben wird. Bei der Einrichtung des Vorbereitungsunterrichtes wei- sen die gemachten Erfahrungen darauf hin, alles zu verbannen, was wie bisher ein kinstliches Anlockungsmittel fir Minderbefahigte war, hingegen dem wirklichen Talente alles zu bieten, was durch einen eigentlichen Schulunterricht mittheilbar ist. Die erstere Ricksicht fordert die bereits angedeutete Feststellung von Aufnahmsbedingungen, von welchen nur in beracksichtigenswerthen Fallen Ausnahmen zu gestatten waren. Sie fordert ferner die Aufhebung der ganzlichen Unentgeltlichkeit des Unterricits. An allen Schulen und zumal an hoheren Unterrichts— Anstalten werden diejenigen, welche sie besuchen, mit Grund verhalten, zur Bestreitung ihrer Kosten etwas beizutragen, und nur besondere Um- stinde rechtfertigen einzelne Ausnahmen. Es ist billig, dasselbe Ver- haltniss an der Kunstschule eintreten zu lassen, und es ist nothwendig, wenn nicht der Wunsch, am Schulgelde zu ersparen, mehr als der vor Allem dem Kimstler unentbehrliche innere Trieb das Motiv des Eintrittes in diese Schule sein soll. Es missen ferner die Prifungs- und Preisaufgaben abgestellt wer- den, welche nach dem Urtheile aller Sachverstandigen, und nach den durch lange Erfahrung gelieferten Beweisen nur dazu dienen, das Ur- theil itber die wahre kinstlerische Befaéhigung der Schiiler irre zu lei- ten, und nicht selten geistlosem Fleisse den Vorzug vor héher stre- bendem Kunstsinne einzuraumen. Dadurch aber stellen sich zugleich fir die Zeit der Schuljahre Vortheile in Aussicht, zu deren Erreichung kein anderer Bildungsweg Gelegenheit bietet, deren Quelle aber mit dem Austritte aus der Schule versiégt, die Noth des mittelmassigen Kanstlers nur noch mit Krankungen verbitternd, welche die kiinstlich genahrte Selbsttauschung des Schilers aber seinen Werth zur unvermeidlichen Folge haben muss, Es darf auch nicht gestattet werden, dass die Schiller der Aka- demie wie bisher durch eine lange Reihe von Jahren fort und fort die Schule besuchen, es muss vielmehr der Besuch des Vorbereitungsunter- richtes auf wenige Jahre beschrankt und dadurch der Schiiler, der sich wihrend derselben fir die Kunst nicht hinreichend befahigt erweist, bei Zeiten gezwungen werden, einen anderen Beruf zu ergreifen, Der Unterricht muss endlich so geregelt werden, dass der Schiler iiberhaupt nur auf die Bahn der Kunst geleitet werde, und jene Vor- hildung erlange, deren jeder Kinstler bedarf, aber nicht wie bisher oleich einem Gewerbsmanne schon zu einem ganz speciellen Fache z. B. оепнецеп beschrankt, die milunter von ihr begehrt wurden, sie ist als Gesellschaft der Kunst nicht zu einer festen Stitze geworden, vielmehr hat das Bedirfniss nach einer solchen Stitze wiederholt dazu gefahrt, solche ausserhalb der Akademie zu suchen, und zu dem Ende Vereine au bilden, welche mit ihr in gar keiner Verbindung stehen. Es hat endlich der an ihr ertheilte Unterricht der Kunst keinen bedeutenden Aufschwung gegeben, und in keinem von all den Zweigen der Kunst, welche sie pflegen sollte, hat sie eine Schule von eigen- thimlichem Geprage zu griinden, oder bemerkenswerthe Resultate her- vorzurufen vermocht, wahrend in einzelnen Kronlandern in neuerer Zeit z. B. in Bohmen mit weit geringeren Mitteln unbestreithar Gedie- generes geleistet, und dem Kunstleben ein ungleich kraftigerer Imputs gegeben wurde. Sowohl die an der Akademie selbst angestellten, als die ausserhalb derselben stehenden Kistler, waren sich auch langst der Mangel des Institutes wohl bewusst, und fablten das Bediarfniss einer Neugestaltung. Unter diesen Umstinden konnte die bisherige Einrichtung dem stirmischen Neuerungsdrange, der im Jahre 1848 die Gemitther ergriff, nicht widerstehen. Kinstler und Kunstz6glinge vereinigten sich zu gemeinsamen Be- rathungen, deren Resultate dem akademischen Rathe vorgelegt werden sollten; bald aber betheiligten sich auch seine Mitglieder an diesen Versammlungen, und durch die Neuwahl von 39 neven Kunstmitgliedern gestalteten sich sogenannte Plenarversammlungen, welche nunmehr die Reform der Akademie zum Gegenstande ihrer Berathungen machten, und die ganze Wirksamkeit des friheren Rathskérpers, dessen ganz— liche Aufhebung beschlossen wurde, an sich zogen. Zugleich wurde die Aufhebung der bis dahin bestandenen Curatel beantragt, welche auch mit Allerhéchster Entschliessung vom 1. Mai 1849 bestitigt wurde, nachdem die Curatel durch die inzwischen ver- figte Unterordnung der k. k. Akademie unter das Ministerium des Un- terrichts zu einer zwecklosen Miltelbehérde geworden ware. Die Berathungen diescr Plenar-Versammlung, in welchen sich in jener Zeit der gréssten Aufregung und allgemeiner Begriffsverwirrang die widersprechendsten Ansichten und ungemessensten Anforderungen geltend machten, wurden durch die Ereignisse des Octobers 1848 un- terbrochen, im Jahre 1849 jedoch wieder aufgenommen, ohne aber auch im weiteren Verlanfe zu befriedigenden Resultaten zu fahren. Ich sah mich daher genéthigt, anzuordnen, dass mit October y. J. ein Ab- schluss gemacht und das Resultat der Berathungen, wie es auch immer beschaffen sei, dem Ministeriuam vorgelegt werde. Obgleich zuletzt die Mehrzahl der Berathenden sich tber die we- sentlichen Punkte eines Comité-Entwurfes einigte, so schien doch die- ser Entwurf, welcher nur dem Drange nach einer endlichen Lésung der schwebenden Reformfrage sein Entstehen und seine Billigung ver- dankte, nicht geeignet, dem Neubaue zu Grunde gelegt zu werden, um so weniger, da neben ihm widersprechende Ausichten und Vor- schlage heachtenswerther Kiinstler auftauchten. Ich fand mich daher bewogen, die Verhandlang tiber eine ent- sprechende Reform der k. k. Akademie ganz von Neuem zu _ beginnen, und zum Gegenstande von Berathungen zu machen, zu welchen ich eine auserlesene Zahl bewahrter Kistler und Kunstfreunde in Wien, so wie auch jene Manner aus Prag einzuladen mich veranlasst fand, welche sich an der erfreulichen Neugestaltung der dortigen Kunstinsti- tule vorziiglich betheiligt und dabei bereits erprobte Erfahrungen ge- macht hatten. Diese Berathungen fihrten fast ohne alle Meinungsver- schiedenheit zu folgenden Resultaten: 1. Die Akademie solle in Hinkunft nicht mehr eine Kunstbehdrde sein. Ihren Statuten nach fiir eine Behérde zu gel- len, ohne als Behérde zu handeln, konnte dem Ansehen der Akademie nur nachtheilig sein, und doch muss es als ein Verdienst anerkannt werden, dass sie es unterliess, auf die Kistler und ihre Thatigkeit einen behdrdlichen Einfluss in Anspruch zu oehmen, denn ein solcher kénnte die Kunst nicht férdern, sondern our lahmen, und misste ihr nothwendig ecinseitige Richtung geben, 2. Der blosse Elementar-Unterricht im Zeichnen solle von der Akademie abgetrennt, und eine gewisse Fertigkeit im Zeichnen, so wie ein bestimmtes Maass von Schulbildung vielmehr den Schilern als Bedingung der Aufnahme vorgeschrieben werden.