volles Portal vier Jahre lang den Blicken entzogen haben. Det
Umfang und das bewiesene Geschick in den Reparaturen von
Seiten Viollet’s, Ile Duc’s und Lassus’ liegt jetzt zu Tage. Die
Galerie, welche sich dicht itber den drei grossen Bogenthiiren
befindet, die in das Innere der Kirche fahren, und welche die
Galerie der Kénige von Frankreich genannt wird, weil sie Sta-
tuen der kénigl. Vorganger Philipps II. enthielt, unter dessen
Regierung dieses Portal erbaut wurde, ist einer der Altesten
Theile des Monumentes. Mehrere Pfeiler, welche es schmicken
und die aus einem einzigen Steinblock geschnilten sind, waren
vor Alter umgefallen; sie sind sorgfaltig erganzt. Die grosse
Rose iiber dieser Galerie ist durchweg wiederhergestellt, ebenso
der kreisformige, dreifach gewélbte Bogen, in welchen sie ein-
gelassen ist. Minder erheblich waren die Reparaturen an den
beiden Spitzbogenfenstern zu beiden Seiten. Derjenige Theil
des Portals, welcher am meisten der Restauration bedurfte, ist
die bewundernswirdige Galerie der Thirme, deren schwache
Siulchen auf den ersten Anblick das massive Mauerwerk zu
stiitzen scheinen. Die beiden Thirme selbst sind der Gegen-
stand der sorgfaltigsten Restauration geworden in ihrer ganzen
Ornamentation, seit der Entstehung dieser Galerie, bis auf die-
jenige, welche ihr als Bekrénung dient. Das kleine gothische
Gebaiude, welches zur Sakristei zu dienen bestimmt ist, ist
ginzlich beendet, und die Arbeiter beschaftigen sich mit der
	innern Ausschmiickung. (Rev. arch.)
	Erhaltung veranlasste. Er giebt, ausser der Ansicht der Ka-
pelle in ihrem ehemaligen Zustande, eine Abbildung dieser
Malereien. Es sind Friese mit Darstellungen aus der Legende
des heil. Judocus und ornamentale Compositionen, in die histo-
risch Figtirliches, Symbolisches und Andres, was der blossen
Kiinstlerlaune angehért, eingeschlossen ist. Die Arbeiten tra-
gen das unverkennbare Geprage des germanischen Styles, wie
sich derselbe im Laufe des dreizehnten Jahrhunderts ausbildete.
Wir erkennen die treue Wiedergabe der charakteristischen Е1-
genthimlichkeiten desselben in den vorliegenden Abbildungen.
Im Text hat der Verfasser die kunstgeschichtliche und legen-
darische Bedeutung der Malereien naher entwickelt und mit
Scharfsinn, zugleich mit der Zugabe schatzbarer historischer
Belege, den muthmasslichen Ursprung und Zweck der kleinen
Kapelle nachgewiesen. — Abgesehen von dem Interesse dieser
Mittheilungen fiir die betreffende Lokalgeschichte haben sie in
allgemeiner Beziehung das Verdienst, dass sie uns von Zustadn-
den und kiinstlerischen Gestaltungen des Miltelalters, denen
keine festere monumentale Dauer zu geben war und die somit
vom Strome der Zeit allzu leicht tiberflutet wurden, ein ein-
zelnes anschauliches Bild gewahren. Sie tragen wesentlich dazu
bei, uns auch in das beschranktere Stillleben jener Zeit zu-
riickzufihren. , FEF. Kugler.
	Aeituns.
	London, im Oct. Die Denkmaler von Niniveh. —
Von dem Zuwachs, welchen die Sammlung dieser ehrwiirdigen
Reste im britischen Museum neuerdings erhalten hat, sind jetzt
zwei Proben in dem grossen Saale dieser Anstalt untergebracht
worden. Dieselben bestehen in Basreliefs, von denen das eine
einen gefliigelten Lowen mit einem Menschenkopfe, das andere
einen gefliigelten Stier ebenfalls mit einem Menschenkopfe dar-
stellt, Das Letztere sollte nicht, wie gcschehen ist, mit dem
colassalen Stier verwechselt werden, welcher unterweges hierher
ist und taglich erwartet wird. Wir folgen in der naheren An~
gabe der beiden Reliefs der ausgezeichneten Beschreibung, die
uns Hr. Layard selbst davon gegeben hat.

Zuerst vom gefliigelten Lowen: ,,Diese colossale Figur bil-
dete eine Seite eines von einer Aussenkammer in den grossen
Saal des Nordwest~Palastes 2u Nimrid fihrenden Portals. Die
eine ausgewahlte befand sich an der Nordseite des westlichen
Einganges. Sie war ausgezeichnet erhalten und nahm ета awilf
Quadratfuss ein. Jeder Eingang zu derselben Kammer, wie
iiberhaupt die Hinginge zu den meisten Salen der assyrischen
Palaste, wurde von Paaren ahnlicher Ungehever, gefliigelten
Léwen oder Stieren mit Menschenképfen, gebildet. Ohne Zweifel
trugen sie einen mythischen oder symbolischen Charakter , indem
sie die Gottheit selbst oder einige ihrer Attribute, als Allgegen-
wart, Allwissenheit u. s. w. bildlich darstellten. Aehnlich den
agyptischen Sphynxen, wurden sie vermuthlich wegen ihres
geheiligien Charakters in die Architectur des Volkes eingefiihrt.
Dreizehn solcher Paare — einige indessen sehr beschadigt —
wurden unter den Ruinen von Nimrid entdeckt. Zu Kouijunjik
wurden fiinf Paare gefliigelter Stiere ausgegraben, aber weder
in diesen Ruinen noch zu Khorsabad wurde der gefligelle Lowe
gefunden. Der Unterschied der Grosse war bedeutend, indem
die gréssten etwa 16} Q. F. und die kleinsten kaum 5 Q. F. ein-
nahmen. Sie waren jedesmal aus einer soliden Platte gehauen.
Der Kopf und die vorderen Theile waren ganz rund, wahrend
der Leib und die Hinterfiisse in Hochrelicf gearbeitet waren.
Die Raume hinter dem Ricken und zwischen den Beinen waren
	mit einer keilformigen Inschrilt bedeckt.*
Der gefliigelte Stier mit einem Menschenkopf wird folgen-
	P. Schwert, im Nov. In dem Atelier des hiesigen Cold-
und Silberarbeiters Giese sahen wir vor Kurzem einen pracht-
vollen, fast zwei Fuss hohen silbernen Pokal, welcher dem
friiheren Minister-Prisidenten von Liitzow bei seinem Aus-
scheiden aus dem Staatsdienste, in dankbarer Anerkennung
seiner Verdienste, von seinen vielen Verehrern gewidmet wurde.
Dieser ebenso geschmackvoll entworfene als kunstreich ausge-
fiihrte Pokal ist nach einer im strengen altdeutschen Styl ge-
haltenen Zeichnung des Bauconducteurs H. Willebrand von
dem Herrn Giese aus freier Hand gearbeitet.
	*Weustrelit}, im Oct. Auf Befehl des Grossherzogs hat
G. Kannengiesser ein lebensgrosses Bild der hochseligen
Kénigin Louise von Preussen angefertigt. — Die Kénigin (ganze
Figur) stiitzt sich leicht auf einem mit einer Goldbrocat—Decke
hehangten Tische, auf welchem eine Brillant-Krone auf rothem
Sammtkissen liegt; sie ist mit einem mit Goldblumen durch-
wirkten Gewand bekleidet; von den Schultern hangt ein weiter
Hermelin-~Mantel und den Kopf, welcher tber die linke Schuller
gewandl ist, schmiickt ein brillant Diadem. Zum Kopfe hat der
Kiinstler die Todten-Maske, die Biisten von Rauch und Wolff
und das Profil-Bild von Schroedter unter persénlicher Anleilung
des Grossherzogs benulazt. — Das Bild wird in diesen Wochen
nach Berlin gehen, um im kénigl. Schlosse. daselbst zur Ansicbt
ausgestellt zu werden.
	5. Obernburg ant lat, im Oct. In der Nahe dieser Stadt,
langere Zeit Besitzung der Rémer, fanden Ausgrabungen von
unbestreitbar rémischen Erzeugnissen statt, wobei besonders
eine grosse Mannigfaltigkeit bei den Thongefassen in Grdsse,
Form, Farbe, Anstrich und Verzierung sich zeigte. Fast simmt-
liche Gefiisse waren auf der Drehscheibe gefertiget, die Ver-
zierungen theilweise miltelst Formen eingedriickt, theilweise nur
eingeritzt, und mehrere von der reinsten terra sigilata. Die
Ausgrabungen werden fortgeseizt.
	Paris, im Oct. Die majestatische Metropolitan—Kirche ist
so eben von den Geriisten befreit worden, welche ihr pracht-