naives Kinderspiel erinnert. So Козфаг z. B. der Junge mit
dem Bass ist, so altklug ist der mit dem Spiegel, als ob er
sagen sollte: , Kinder und Narren reden die Wahrheit* und der
mit der Eule, als ob er uns erinnern sollte: ,hoher Sinn liegt
oft im kind’schen Spiel*. Wie ganz anders wirkt gegen diese
Letzteren der zuerst Genannte so wie bei der Eisscene das
kleine Madchen, das halb im Schlitten, halb im Miffchen steckt
und der kleine Schlittschuhanbinder, der vor Eifer nichts umber
hért und sieht. Ich méchte fragen, ob der talentvolle Zeichner
nicht besser ganz in dem reichen Cyklus der Kinderspiele bliebe
und Sachen, wie die Fastnacht, wenigstens dann herausliesse,
wenn es ihm nicht, wie beim kleinen Landmann und bei den
Reitern gelingt, die Beschaftigung der Erwachsenen zu einem
Kinderspiel umzustempeln. Die Kinder — gebe er sie nur,
wie sie sind, — sind wirklich die allerliebenswiirdigsten Narren.
Gebe der Kiinstler sie uns ein wenig trunkener von dieser
siissen Narrheit und er wird sie wahrer geben, und den Kin-
dern, die sie anschauen sollen, naher riicken. — Der Dichter
aber hat fast noch weniger den rechten Ton getroffen. Am
weitesten davon ist er in dem ersten, dem Neujahrsliede, wel-
ches schulmeisterlich trocken ist, am besten ist auch ihm das
letzte Lied gelungen. Hoffen wir, dass beide Kinstler bei den
noch iibrigen Wiirfen das rechte Wort und den rechten Ausdruck
treffen. Sie verdienen grossen Dank fiir die Bestrebung, einen
wichtigen Platz auf den Weihnachis- und Geburttagstischen der
Kinder wirdig auszufiillen. Der Holzschnitt, aus dem Atelier
yon Hugo Birkner in Dresden, verdient alles Lob. Nicht
	minder die elegante und zweckmassige Ausstattung.
EF. Eggers.
	Kinderschriften mit Bildern.
	Wie wichtig fir Anschauung und Bildung des jugendlichen
Sinnes reine gute Abbildungen sind, braucht nicht bewiesen zu
werden: sie sind die Grundlage spatern Schénheits- und Wahr-
heitssinnes. Den rohen holzschnittlichen Géckelhahn auf der
Fibel sieht der Knabe jedes Dorfes auf seines Vaters Hofe besser.
Wie Arges den Augen des einfachsten Kindes vielfach bis heute
noch in dieser Beziehung zugemuthel wird, kann man in den
noch laglich zu Hamburg (!) gedruckten Holzschnilten des dor-
	tigen Katechismus senen.
Die Erfindung des Steindrucks, die dadurch wieder aufer-
	weckte Steigerung des Holzschnittes, seine geschmeidigere Ver-
vielfaltigung durch Abklatsche, der wunderbar vervollkommnete
Stahlstich — Alles kommt in unsren Tagen zusammen, den
Sinnen der Jugend von frih an wahrere und schénere Anschauun-
gen zuzufiihren: an den ausseren Mitteln fehlt es demnach nicht;
wohl aber vielseitig noch an den rechten Mannern und Kinst-
lern. Fir Kinder ist nicht leicht zeichnen, wie nicht dich-
ten. Wie es unendlich viel unkindliche Kinderschriften giebt,
so auch tiber die Maassen sentimentale und manierirte Kinder-
zeichnungen. Ribhmlich unterscheiden sich darin, ausser anderen,
die Hosemann’schen Zeichnungen, obgleich auch sie mitunter
an’s Weichliche und darin Unwahre oder doch Unwahrschein-
liche granzen. Meist aber hat Hosemann die Kindergestalten
vorirefflich ergriffen, begriffen und begranzl. Es verstebt sich
von selbst, dass die Speckterischen Zeichnungen hier nicht
vergessen sein diirfen, sammt dem meist gliicklichen und ge-
lungenen Sprichen dazu von Wilhelm Hey. Diess fiihrt auf
gleichfalls bei Perthes (Hamburg und Gotha) so eben erschie-
nene Bilder yon H. Justus Schneider mit begleitendem Texte
desselben W. Hey, ,Das Kind, von der Wiege bis zur Schule“
darstellend, die mit grosser Wahrheit und Anmuth gezeichnet
und zart in Kupfer gestochen sind. Besonders sind die weib-
lichen Gestalten (der Mutter ete.), wie der Kinder gelungen,
	Otolzsehnittwerik.
	Kinderleben in Liedern und Bildern von Wolf-
gang Miller und Theodor Mintrop. Estes Heft.
i. Qu.-Fol. Verlag von Joh. Heinr. Schulz, Diissel-
dorf 1850. In 6 Lieferungen bis Weihnacht 1851 xu
erscheinen, Preis: & Lief. 12 Sgr.
	Kein Ton ist wohl schwercr zu treffen, als der, welcher
die Kinder ansprechen soll. Versicht es doch unsere Erzie-
hung nur zu hiufig darin, dass den Kindern selber der kind-
liche Ton abhanden kommt. Gross und Klein, Erzieher und
zu Erziehende — entweder werden sie altklug oder kindisch.
Ich méchte den Unfug nicht vertreten, den all’ die hibschen
Biicher mit den schénen Geschichten yon artigen und unartigen
Kindern wenigstens in so fern angerichtet haben, als sie den
armen Kleinen Langeweile machten durch eine geist- und phan-
tasielose Kost, iiber welche sie langst hinaus waren, anstalt
dass man ihnen immerhin etwas mehr zumuthen sollte, wodurch
sie aber angeregt und wahrhaft gefesselt wiirden. Der viel-
verbreitete Struwelpeter war die unbeabsichligte, aber starkste
Ironie auf diese Art bunt illustrirter Kinderbiicher und doch
wurde derselbe in allem Ernste ebenfalls den Kindern als Sitten-
spiegel in die Hand gegeben. Ja noch mehr, er hat schon eine
eigne Literatur hervorgerufen und Tolpatsch, Taps und Kon-
sorten sind seine wiirdigen Nachfulger. Mit einer Art leisem
Schauder erinnerten mich diese scheusslichen Bilder an die qua-
lenden Traume, von denen ich in der Knabenzeit heimgesucht
wurde, wenn ich dergleichen Sudeleien in meiner Lust an Bil-
dern mit angesehen hatte. Davor nun sind wir in dem vor-
liegenden Werke sicher. Es herrscht in den — grésstentheils
unbekleideten — Kindergestalten, welche diese Blatter beleben,
eine Idealitat der Form und Bewegung, welche alles Hassliche
weit ausschliessend sich meistens in gefalliger Gruppirung giebt.
Die Absicht ist, das Treiben der Kinderwelt, vor Allem also
ihre Spiele durch den Kreislauf eines Jahres darzustellen. In
Gruppen von 4—6 Figuren sehen wir in diesem ersten Hefte
das Neujahr, das Schlittschuhlaufen, das Reiterspiel, die Fast-
nacht, das Ballspiel und Landmannspieclens behandelt und jedes-
mal von einem Liede begleitet. Zu Neujahr schleppen ihrer
fiinf an einem machtigen Neujahrswunsch; die Reiter bestehen
ein Turnier auf Ziegenbécken, wobei zwei Fusssoldaten helfen.
Bei der Fastnacht walzt Einer ein Fass, wahrend zugileich ein
kleiner Bachus mit der Narrenpritsche auf seinem Riicken reitet;
nebenher geht Einer mit dem Spiegel, einem Andern sitzt der
Vogel der Minerva auf dem Arm; voraul marschirt noch Einer,
der sich den machtigen Romer vollgiesst uud sich wenig darum
kiimmert, wie die ungliickliche Bassgeige, die er nachschleppt,
dazu brummen mag. Die kleinen Landleute pfliigen, wie jener
Hans mit Ochs und Fligelpferd, so mit Schaaf und Ziege, streuen
den Saamen, biegen das Baéumchen und riihren den Spaten.
Dieses letzte Bild achte ich am gelungensten in Composition
und Ausdruck der Figirchen, weil es am naivsten ist. Aber ich
kann dasselbe nicht von allen Bildern sagen. Es ist zwar tiberall
Poesie der einzenen Formen, nicht aber immer auch zugleich
des Inhalts. Wenn ich die Schlittschuhlaufer, vorziiglich den
einen, den Ballwerfer, den Pfliger, dem mit der Bassfidel als
vorziiglich reizend, anmuthig und gelungen in der Zeichnung
heraushebe, so hat’ ich ihnen mehr oder weniger auch die an-
dern beizugesellen, aber im Ausdruck haben die meisten dieser
Kinderchen so ctwas Engelhaft-Wohlerzogenes, so etwas Ernst-
haftes, ja schier Kaltes, welches mehr an bewussle, symbolische
Handlung, wie wenn sie zu einer bedeutungsvollen Arabeske
verwendet werden sollen, als an unbewusste Kinderthorheit und