weniger der Vater, der Mann, der meist ziemlich bedeutungs-
los, ja selbst geckenhaft erscheint, sein neugebornes Kindchen
von der Wiege an mit dem Zigarren begleitend. Das Bild der
Mutter ist, wie gesagt, meist vortrefflich gelungen (man vel.
BI. 3. 4. 5. 6. 16. 18); nicht minder die Kindergruppen (z. B.
die kriegfihrenden 9, die iiber der Mutter Spiegel- und Salben-
kasten Gerathenen 10, eben so die in den Kichenschrank
schauenden 11, die um den Léffel streitenden 13. Dem (schwi-
bischen?) Schulmeister auf Bl. 19 hatten wir weniger siisse Ge-
sichtsztige und bessere Fiisse oder Stiefel gewiinscht; wohlthuen-
deren Hindruck macht der taufende Geistliche (Hey selbst, wenn
wir nicht irren), dessen Fiisse aber wieder verfehlt sind. Was
die oben geriigte klagliche Beiseiterolle des Vaters betrifft, so
vergleiche man nur BI. 1. 2. 7. 8! 14! 15. 19. Es thut wohl,
ihn auf den schénen Blattern 3. 4. 5. 6. 13 u.s.w. nicht zu
sehen. Als Knecht Ruprecht verkleidet (BI. 17) ist er recht.
Die Schneider’schen Zeichnungen aber miissen Jedem
willkommen sein, der die toll ausgefiihrte Struwelpete-r
Periode oder -Epidemie, die Zerrbilder undichterischer Еш-,
	Aus~ und Abbildungskraft satt hat. Hi. =. м.
(Fortsetzung folgt )
	Aeitune.
	auf sanft ansteigendem Terrain die ganze Linge des Bildes
einnehmen. Die Thiere des vordersten Zuges auf der Hohe
sind im vollen Sonnenlicht und setzen sich gegen die Luft, die
des verktirzten hintersten Zuges gegen einen Hiigel ab, der
sanft aufsteigend den Horizont von der Linken zur Rechten be-
grenzl. Der Vordergrund zeigt ein Stick nicht umgeackerten
neben einem grossen Stick des bereits beackerten Feldes.

Dieser sehr einfache, ungesuchte und etwas prosaische
Vorwurf erhalt vielleicht aber gerade dadurch den Reiz der
Neuheit, und mit Recht bewundert man die energische Zeich-
nung und Modellirung der Stiere, (weiss, gelblich, rothbunt)
das eben so frische als kraftige Kolorit, die ausgezeichnet wahre
Abstufung der Téne, tberhaupt die gelungene Haltung des
Ganzen. Das Bild wirkt beim ersten Beschauen ungemein schla-
gend, man glaubt den Ruf der Pfliiger und Treiber, das Ge-
brumm der Thiere zu héren, den eigenthiimlichen Geruch der
umgelegten Schollen zu riechen, denn auch diese, wie tber-
haupt die ganze Landschaft, sind mit gleicher Meisterschaft be-
handelt —- und doch fahlt man nicht jenes urkraftige Behagen
wie vor den Bildern des unibertrefflichen Potter und der andern
grossen niederlindischen Viehmaler, die auf’ dem ersten Blick
vielleicht wieder schlagend wirken, aber vermége ihres grésseren
poetischen Gehalts auf die Dauer unwiderstehlich fesseln.

In demselben Lokale der Kinstlergesellschaft sind gleich-
zeitig auch 23 von dem hiesigen Kunstverein angekaufte Kunst-
werke ausgestellt, worunter einige recht gute Arbeiten von
Waldorp, Bles, Wynfeld van den Berge, Springer,
van Hove, Karsen und anderen. Als Nietenblatt soll ein
Stich von J.B. Tétar van Elven nach einem etwas unbedeu-
tenden Bilde von W. H. Schmidt dienen. — Schon friher
berichtete ich Ihnen, dass die Kiinstlergesellschaft Arti et Ami-
citiae seit einigen Jahren einen erfreulichen Aufschwung ge-
nommen habe; erlauben Sie mir jetzt iiber diesen Verein, wel-
cher dem praktischen Sinne der Hollander alle Ehre macht
und ahnlichen Vereinen in grésseren Landern zum Vorbilde
dienen kénnte — in Frankreich ist wirklich seither ein solcher
in’s Leben getreten — etwas Naheres mitzutheilen.

Die Gesellschaft besteht 1. aus Kiinstlern, (Baumeister,
Bildhauer, Maler, Kupferstecher). Und unter ihnen a) aus Ehren-
mitgliedern (verdienstliche und berihmte Kiinstler des ш- und
Auslandes,) b) Praktischen in Amsterdam wohnenden Kinstlern,
с) hollandischen, auswarts im Lande oder im Auslande wohnenden
Kinstlern (buitenleden). 2. Kunstliebhabern. Die Anzahl
der Mitglieder ad 1) ohne die Ehrenmitglieder betragt jetzt un-
gefahr 130, die der Kunstliebhaber etwa 380.

Die Gesellschaft bildet somit eine Korporalion fast der
simmtlichen bildenden Kinstler Hollands, welche in Amsterdam
ihren Mittelpunkt findet und zugleich durch Korrespondenten
fortwahrend mit andern 4hnlichen Vereinen des In- und Aus~
landes in Verbindung steht. Da die Kunstliebhaber Mitglieder
der Gesellschaft sind — wenn auch, bei geringerem jahrlichen
Beilrage, keine slimmfahigen — so wird ausser dem geselligen
Verkehr der Kiinstler untereinander, diesen cine fortwahrende
freundschaflliche Anniherung mit jenen méglich gemacht. In
dieser Hinsicht sind besonders die Aunstbefchouwingen bedeu-
tend, die allwéchentlich an festgesetzten Abenden Statt haben
und wo Aquarelle, Zeichnungen, Entwiirfe u. s. w. von Kiinstlern
und Liebhabern vorgezeigt werden. Im Winter, wo die be-

deutendsten Liebhaber ihre Mappen zum Besten geben und auch
Damen gegenwirtig sind, sind solche Abende oft sehr glanzend
	und anziehend, .
Die Kunstausstellungen der Gesellschaft, die alljahrlich ge-
	halten werden und wozu die praktischen Mitglieder Beitrage
zu liefern gehalten sind, méchte ich auch ganz besonders den
	ВЕ $10103. Fresken Giotto’s in Sta. Croce. Man
wusste durch Vasari, dass Giotto in der Kapelle der Familie
Peruzzi in Sta. Croce vier Fresken gemalt hatte, zwei aus der Ge-
schichte des Taufers, zwei aus jener Johannes des Evangelisten.
Im J. 1677, als Cinelli die Bellezze di Firenze von Fr. Bo cchi
mit seinen Anmerkungen drucken liess, waren sie noch sichibar;
als der Pater Riesa sein grosses Werk iiber die Florentiner
Kirchen (1754) herausgab, waren sie tbertiincht. Wahrschein-
lich geschah dies 1714 bei ciner sogenannten Ausbesserung der
Kapelle, an welche eine Inschrift im Fussboden erinnert. Im
Jahre 1841 ward eins dieser Bilder, der Tanz der Tochter der
Herodias, durch den bekannten Prof. A. Marini von der Tiinche
befreit, unlingst ein zweites, des Apostels Erhebung in den
Himmel. Der Schauplaiz ist ein auf allen Seiten offner Tempel,
die Jiinger Johannes, schauen theils ins leere Grab hinein, theils
folgen sie mit den Augen und mit erhobnen Armen dem Meister,
welcher zum Himmel hinanschwebt und von Christus und den
librigen Aposteln empfangen wird. Das vom Heiland ausgehende
helle Licht macht seine ganze Gestalt erglinzen, wahrend es
die Zuschauer blendet, so dass sie zum Theil ihre Augen be-
decken. Es ist-zu hoffen, dass die beiden tibrigen Gemialde
uns gleichfalls wiedergeschenkt werden und dass tberhaupt,
mit der Riickkehr des Friedens, den schénen Kiinsten wieder
einige Beachtung zu Theil werden wird, nachdem dieselbe ihnen
wie der Literatur so lange entzogen worden ist.
	W. Amjterdam, im Nov. In dem Lokale der Gesellschaft
Arti et Amicitiae ist gegenwarlig ein schénes Viehstiick aus-
gestellt, welches zu der neulich hier abgehaltenen Ausstellung
zu spit kam. Das Bild in ziemlich bedeutender Dimension und
von langlichtem Format, ist von einer bis jetzt noch unbekannten
franzésischen KiinsUerin, Rosa Bonheur, und erregt hier in
dem Vaterlande des P. Potter, van der Does und Kobel um so
mehr Aufsehn, als es in Auffassung und Darsiellungsweise von
jenen Meistern, denen sich auch der Belgier Verboekhoven an-
reiht, wesentlich verschieden ist.

Das gegenwarlige Bild stellt 6 Paare je an den Hoérnern
zusammengejochter Ochsen mit ihren Treibern dar, die in zwei
Ziigen einen Acker umpfliigen und zwar so, dass beide Zige
in einer Linie hintereinander, der letzte wesentlich verkirzt