ЗОТОВА. Organ der deutschen Kunstvereine, 4eitung fiir bildende Kunst und Bankunst. Unter Mitwirkung von s,ugler in Berlin — Passavant in Frankfurt — Waagen in Berlin — Wiegmann in Diisseldorf — Schnaase in Berlin — Schulz in Dresden — FGrster in Minchen — BHitelberger у. Edelberg in Wien redigirt von Dr. F.. Eggers in Berlin. Ae БТ. Montag, den 23. December. 1850. Kin Gang in das neue Museum zu Berlin. Von Fr. Kggers. (Schluss.) Christenthum aber steht noch Rom. Rom hat sich mehr mit der Politik und dem Kriege als mit der Religion beschaftigt. Wahrend es die Welt eroberte, nahm es von den verschiedenen Kulten aller Vélker in sich auf und verdrehte, verniichterte oder tédtete sie geradezu durch diese Anhaufung. So fihrte Rom auch die griechischen Gétter bei sich ein, machte aber aus den heiteren freien Gestalten diistere, mysteridse, verwandelte den frohen, phantasievollen Kultus in einen trocknen und zweck- missigen. Das ist die Aufhebung des einen der Gegensiatze. Jerusalem aber, die Stadt der Juden, welche den Verkiinder einer neuen Lehre an das Kreuz geschlagen hatte, — zerstorte es. Hier findet der Kinstler die Anknipfung an sein Thema. Er konnte zugleich den in der Vélkerwurzel des ersten Bildes aufgefiihrten semitischen Stamm noch einmal auf die Biihne bringen und sein endliches Schicksal theils darstellen, theils — wie es durch die Figur des ewigen Juden geschehen ist — andeuten. — Der Gott selber kommt nicht mehr zu dem ent- arteten Volk. Oben erblicken wir nur die Propheten des alten Bundes, die den Juden ihr Unheil und die Herrlichkeit des Gottessohnes vorherverkiindet haben, so wie die strafenden Engel des Gerichis, welche diesmal ziemlich lebhaften Antheil an der Handlung nehmen. Denn Kaulbach, der gern Alles malt, was im Zusammenhang mit seinem Stoffe steht, will die Andeutung nicht entbehren, dass aus dem Zerstérungswerk eines schon selber stark im Niedergange begriffenen Volkes, aus diesem Auflésungsakte wirklich die héhere Lehre gerettet werde. Thre Trager entgehen unter Engelschutz dem Verderben. Raum und Zeit sind dem Kiinstler niemals Hindernisse, kénnen es auch nicht sein, wenn er ein fir allemal mit der Realitét in Bezug auf die Composition gebrochen hat. Somit theilt sich sein Bild, wenn wir den Himmel abrechnen, noch immer in vier Theile, eigentlich besondere Bilder: die Grauel der Zerstorung, der Untergang des Hohenpriesterthums, die fortziehenden Christen und der ewige Jude. Eine grosse Realitat der Darstellung ist in den Scenen der Verzweiflung, des Mordes und Brandes, welche mit ergreifender Wahrheit geschildert sind. Den Mittelpunkt des Bildes bildet die Hohepriestergruppe, welche das verschuldete Gericht gegen sich selber vollstreckt, indem sie sich dem freiwilligen Unter- gange weiht. Vor all’ diesen Schrecknissen durch drei ruhig schwebende Engel, wie durch eine undurchdringliche Mauer ge- trennt, ziehet die Christenfamilie links im Vorgrunde, also dem folgenden Bilde zu, von dannen. Diese Gruppe steht nun durch- 51 Hatten wir auf dem ersten Bilde den gestrengen, gerechten und alleinigen Gott der Juden, so haben wir auf dem zweiten nicht bloss den Polytheismus der Griechen, sondern auch die Nahe und das Verwobensein der Gétter in die Schicksale und Neigungen der Menschen. Wer kennt nicht den Ausspruch Herodot’s (Il. 53.) dass die Dichter Homer und Hesiod den Griechen ihre Gétter gegeben haben? Hier sehen wir’s dar- gestellt. ) Man bemerke die Durchfuhrung des Gegensatzes: Auf dem ersten Bilde Trotz und Unterwerfung der Menschen gegen Gott, hier Harmonie und Friede mit den Géttern ; dort bauen die Menschen einen Bau, mit dem sie in den Himmel steigen wollten und der Gott fahrt erzirnt dazwischen und zer- stért ihr Werk, hier haben sie einen Tempel gebaut, in welchen hernieder die Gétter vom Himmel kommen sollen, und die Gétter kommen erfreut herunter vom Olymp in das Menschenwerk fiber die Briicke, welche Iris geschlagen hat. Der singende, Gotter schaffende Homer ist der Mittelpunkt des Bildes; sie sind da in freundlicher Nahe; untergeordnete, ihnen verwandte Gestalten, ein Satyr, die schmerzgenahrte Thetis, von Nereiden umgeben, befinden sich mitten unter den begeisterten Zuhérern, in denen wir ganz Griechenland von den Helden der Ilias bis auf den Aristophanes, jedes Alter, jede Lebensrichtung und Bethatigung versammelt sehen, Alle die augenblickliche Beschaftigung bei dem Aufbau der Bliithe Griechenlands verlassend und Alle sich hinneigend zu dem, der als die Quelle derselben gilt. So ent~ steht die Religion der Griechen gewissermassen vor unsern Augen. Das Volk der Schénheit bildet den Kultus der Schénheit und der Maler der Schénheit malt uns, in den Figurenreichthum der ganzen griechischen Welt keck hineingreifend und die Realitat verlaugnend, wo sie ihn hindern will, diese Scene, eine Schule yon Griechenland, wie der Urbiner die von Athen malte. Wir sagten, das Christenthum habe jene beiden aufge- fiihrten Gegensdtze zu lésen. Zwischen dem Griechen- und 1) Man vergleiche die Beschreibung dieser schénen Composition in No. 13. unseres Blattes.